Auf der großen Baustelle arbeiten viele Leute. … Morgens zwischen sieben und acht Uhr kommen zahlreiche Handwerker auf die Baustelle. Bernd ist Fliesenlegergeselle. Er arbeitet mit einem Bauhelfer und einem Auszubildenden zusammen. Sein Chef Harald oder der Vorabeiter Mario besprechen meist früh morgens in der Firma, was zu machen ist. Manchmal besprechend sie dies auch vor Ort auf der Baustelle. Bei baugleichen Wohnungen ist es einfach. Dann werden dieselben Fliesen wie in der Wohnung davor an die Wände geklebt oder auf dem Boden verlegt. Manchmal sollen andere Fliesen verlegt werden. Manchmal ist die Wohnung aber auch anders geschnitten, oder die zu verkleidende Schächte oder andere Ausstattungen stellen andere Anforderungen. Dann ist Mario häufiger bei ihnen, der ihnen zeigt, wie was genau zu machen ist. Bei der runden Badewanne in dem Penthouse hat er letzt die Anordnung der Fliesenschnitte vorgegeben. Mario ist jeden Tag zumindest mal eins, zwei Stunden bei ihnen auf der Baustelle. Dann fährt er meist zu den anderen Trupps zu den anderen Baustellen. Mario kümmert sich aber auch um einen Trupp anderer Fliesenleger auf dieser großen Baustelle und bespricht häufig mit denen einzelne Wohnungen. Anfangs ist das Bernd gar nicht aufgefallen. Doch dann kam Mario eines Tages und brauchte ein Verlängerungskabel für die anderen Fliesenleger, die einen Stock höher Bäder machen sollten, dort aber keinen Strom hatten. Normalerweise muss man auf sein Werkzeug immer aufpassen und verleiht eigentlich nichts. Komisch, dachte sich Bernd, sagte aber zunächst nichts. So ging das aber an mehreren Tagen. Irgendwie gehören die zu uns – und doch nicht. Es sind nicht unsere Kollegen, und doch irgendwie schon, wie Mario sie behandelt, denkt sich Bernd. Aber sie fahren abends nie mit zu ihrer Firma. Sie haben auch ihr eigenes Werkzeug. Den weißen Bus, mit dem sie kommen, kennt er nicht, er hat auch keine Firmenaufschrift. Irgendwann geht er mal zu ihnen: es sind Polen und Tschechen. Sie sprechen bis auf einen kaum Deutsch. Mario kennen sie offenbar. Er spricht immer wieder mit ihnen. Einen Chef oder Firmennamen kennt Bernd von diesen Leuten nicht. Wenn die einen Chef haben, dann vermutlich den, der etwas Deutsch kann.
Szenenwechsel: es sind 2 Jahre vergangen. Betriebsprüfung bei der Fliesenlegerfirma von Harald. Angespannte Atmosphäre. Bernd bekommt nur am Rande mit, dass es Ärger mit dem Finanzamt gibt. Der Betriebsprüfer fragt offenbar nach den Arbeiten damals auf der Großbaustelle. Offenbar stimmt irgendwas nicht mit den Polen und Tschechen. Mario hat ihn letzte Woche gefragt, ob er sich noch an die Subarbeiterfirma erinnern könne, die für sie den 3. und 4. Stock gefliest hätten. Bernd kann sich nur schemenhaft erinnern. An die Kabel und die Kabeltrommel, die sie diesen Arbeitern leihen sollten und die sie später irgendwann auch wieder zurückbekamen, erinnert er sich noch. Aber kaum noch an Gesichter und Namen. Sie haben damals überwiegend weiße Fliesen geklebt. Auf den Boden meist Granit. Manchmal gelb-grau, manchmal rot und einmal einen hellblauen. Der hellblaue war im Penthouse. Sie mussten meist Streifen des am Boden verlegten Granits in die weißen Wandfliesen als Verzierungen einbauen. Manchmal auch noch einen Granitstreifen als Abschlussbordüre. Aber an Namen kann er sich nicht erinnern. Marian – nein Mariusz glaubt er … aber ein Gesicht entsteht in seiner Erinnerung nicht mehr. Er würde die Leute wohl nicht mehr wiedererkennen. Beschreiben kann er sich auch nicht wirklich. Jeans, Pullis, T-Shirts, meist weiß. Turnschuhe glaubt er, weiß es aber nicht mehr. Die haben auch immer ihre Fliesen selbst geschleppt. Vom Lastenaufzug zur jeweiligen Wohnung, so wie es Bernds Truppe auch immer gemacht hat. Da die aber eins, zwei Stockwerke höher arbeiteten, hatte er kaum Kontakt. Was soll er da heute noch nach so langer Zeit dazu noch sagen? „Gibt’s Ärger mit denen? Haben die was geklaut?“ fragt Bernd Mario vorsichtig. Nein, er wollte es nur wissen. Dann ist das Gespräch beendet. Wieder zurück an die Arbeit.
Erneuter Szenenwechsel: im fast leeren Besprechungszimmer von Harald: ein Schrank, ein Schreibtisch, ein kleiner dunkelbrauner etwas speckig wirkender Besprechungstisch, 4 Stühle, ein dazugestellter unter der Last des Steuerberaters quietschender Drehstuhl vom Schreibtisch rübergezogen: dort sitzen am Besprechungstisch Harald, dessen Steuerberater, ein Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht als Verteidiger von Harald, der Betriebsprüfer und dessen Sachgebietsleiter. Der Betriebsprüfer ist um die 35 Jahre alt, hager, Brille, Bart, er hat von Anfang an komische, kritische Fragen gestellt. Er wollte gleich die Kasse sehen. Hat die CD für die WIN-IDEA-Verprobung schon mit der Prüfungsanordnung angefordert und mit der Auswertung schon vor dem eigentlichen Prüfungsbeginn begonnen. Er kam dann gleich am ersten Tag und wollte nach dem Einführungsgespräch und der kurzen Betriebsbesichtigung einen Kassensturz machen und fragte, warum diverse Eingangsrechnungen bar bezahlt wurden bzw. verschiedene Gewerke bar abkassiert wurden. Nun sitzen sie zu fünft am Tisch und diskutieren gerade die Eingangsrechnungen der polnischen Firma: Anna Glazurnik sp.z.o.o. aus der Nähe von Poznan´. Die soll es nicht geben. Die IZA, die Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass es diese Firma nicht gäbe. Die IZA ist eine Einrichtung im Bundeszentralamt für Steuern und spezialisiert auf die Ermittlung ausländischer Firmen, deren Firmensitze, die Erforschung von Geschäftsbeziehungen mit Steueroasenländern oder ausländischen Scheinfirmen, Gewinnverlagerung usw… Nach der Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums zur zentralen Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen (BMF v. 6.2.2012, IV B 6 S 1509/07/10001, BStBl 2012 I S. 241) sammelt und erteilt die IZA Informationen über ausländische Rechtssubjekte, insbesondere über ausländische Domizil-, Sitz- und Offshore-Gesellschaften und zeichnet alle ihr bekannt werdenden Beziehungen von im Inland ansässigen Rechtssubjekten zum Ausland und umgekehrt auf, so erläutert der Betriebsprüfer. In den Prüfungszeiträumen seien ca. 280.000 € pro Veranlagungszeitraum bar ausbezahlt worden an verschiedenen Subunternehmer. An die Firma Anna seien ca. 130.000 bis 160.000 € in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen in bar ausgezahlt worden, teilweise bis zu 20.000 € an einem Tag. „Wer hebt schon so viel Geld ab um einen Subunternehmer zu bezahlen?“ Fragt der Prüfer. „Die Bank hat doch gar nicht so viel Geld vorrätig … das muss man doch bestellen. Da sei es doch einfacher, den Betrag zu überweisen.“ Harald erwidert, dass er auch Bareinnahmen gehabt habe und bevor er das Geld bei der Bank einbezahlt und dann überweist, kann er es doch auch gleich wieder bar auszahlen. Außerdem wollten die Subs sofort Geld, sonst drohten die damit, die Arbeiten nicht fortzusetzen. Der Prüfer wüsste nicht, was das für ein Druck gewesen sei: die Verträge mit dem Generalübernehmer, die Fristen und die Konventionalstrafen bei Nichteinhaltung der Fristen, teilweise hätten sie bis spät in die Nacht und samstags gearbeitet. Die Fugen hätten sie am Ende teilweise sogar sonntags mit Silikon ausgefüllt. Ob denn Harald die Firma der Anna mal besucht habe, will der Prüfer wissen … „natürlich nicht“, antwortet Harald. Wer hat die Gespräche geführt mit den Leuten der Firma Anna? Mariusz und Harald bzw. Mario. Ob Mariusz eine Vollmacht gehabt habe? Wie er ausgesehen habe? Ob er wirklich Angestellter der Firma der Anna war? Und wer hinter dieser Firma stecke, will der Prüfer wissen – denn die Firma Anna Glazurnik sp.z.o.o. gäbe es ja offensichtlich nicht…. Die steuerstrafrechtliche Würdigung bliebe einem gesonderten Verfahren vorbehalten[1], die schriftliche Strafverfahrenseinleitung habe er ja schon das letzte Mal übergeben.
Und dann seien da noch die beiden anderen Subunternehmer. Eine Firma Helmut Michel aus Frankfurt am Main. Die sei dem Finanzamt schon aus einer anderen Fahndungsprüfung bekannt. Die gäbe es auch nicht. Auch hier seien alle Bezahlungen in bar erfolgt. Rechnungen zwischen 5.000 und 9.000 € – alle bar. Für diese Firma hätte Harald nur eine Gewerbeanmeldung in Kopie und eine Personalausweiskopie, aber die Gewerbeanmeldung könne jeder ausfüllen, es sei nicht einmal der Stempel für die Zahlung der Anmeldegebühr auf der Gewerbeanmeldung zu sehen, so dass nicht einmal klar sei, dass die auch bei der zuständigen Behörde überhaupt abgegeben wurde. Die Freistellungserklärung sei gefälscht, jedenfalls niemals für diese Firma ausgestellt worden … und dort sei er wohl auch nicht gewesen unter der Adresse … denn die Adresse sei eine in einem Hochhaus, in dem offensichtlich keine Firma untergebracht sein könne. Und den Namen Helmut Michel gäbe es dort auch nicht – auch die LUNA-Abfrage sei negativ: eine Person mit diesem Namen und diesem angeblichen Geburtsdatum gäbe es bundesweit nicht. Harald meint, er könne nichts dafür, dass der Michel verschwunden wäre. Bei ihm hätte er ordentlich gearbeitet. Das Finanzamt könne doch nicht drei Jahre später kommen und von ihm verlangen, dass er Leute suche. Er sei nicht Colombo, sondern ein Fliesenlegermeister. Und damals sei der sehr existent gewesen .. und wenn er nun verschwunden ist, etwa umgezogen ist, geheiratet hat oder seinen Betrieb stillgelegt oder verkauft hat, könne er –Harald- doch nichts dafür.
Und die Eingangsrechnungen von der Firma Fliesen-Petrovics hätten eine falsche Steuer-Nummer und wären auffallend nummeriert: es sähe so aus, dass alle Rechnungen nur an Harald gesandt worden seien und nur er der einzige Auftraggeber gewesen sei. Die Rechnungen 1/10, 2/10 bis 9/10 wären alle nur an Harald gegangen. Auch in den Folgejahren sei das so gewesen. Damit sei auszuschließen, dass Petrovics auch andere Auftraggeber gehabt habe. Harald kontert, dass er mit seiner Firma genug zu tun hätte und nun nicht auch noch prüfen könne, ob Petrovics oder andere auch noch weitere Auftraggeber hätten. Der Prüfer zuckt nur die Achseln und meint, das spreche für Scheinselbständigkeit … und anhand der Rechnungsnummern hätte das doch Harald auffallen müssen. Außerdem seien 3 Rechnungen aus 2011 am 23.12. geschrieben worden, und zwar die 8, 9 und 10/11 – das sei auch merkwürdig und die Rechnungsnummer 7/11 sei erst am 31.12.11 geschrieben worden – da stimmten offenbar die Nummern nicht bzw. die Nummernreihenfolge und wer schreibe schon am 31.12. eine Rechnung? Auch seien die Rechnungen alle nicht gefaltet und hätte keinen Eingangsstempel, seien also offenbar persönlich abgegeben worden und wären alle sofort als bar –tagesgleich- bezahlt quittiert worden. Habe es da nie Mängel, nie Überprüfungen der Arbeiten gegeben? Warum seien andere Rechnungen erst nach 3-5 Wochen bezahlt worden und diese Barrechnungen immer sofort – wie alle anderen Barrechnungen auch? Hätte man da nicht erst mal auf die Baustelle fahren müssen und das Gewerk abnehmen müssen? Harald meint, man habe sich auf den Baustellen dann getroffen – „ach meint der Prüfer- und gleich den passenden Geldbetrag dabei gehabt und jeder seinen Firmenstempel, wie? Woher wussten Sie denn im Vorfeld, wie hoch der Rechnungsbetrag sein würde und dass es keine Mängel gäbe?“ Harald meint finster dreinblickend, er habe die Arbeiten vorher schon gesehen und über das sofort fällige Geld habe man vorher telefoniert. Mängel seien aufgrund von Zwischenbesprechungen behoben worden. Die Nachbesserungen seien akzeptabel gewesen, so dass er hätte nichts mindern oder einbehalten können, ohne dass die Firmen nicht weitergemacht hätten … Ach, meint der Prüfer lakonisch, und da haben Sie auch samstags bezahlt? Der 31.12.11 war nämlich ein Samstag. Harald erwidert daraufhin, dass für ihn Samstage auch ganz normale Werktage seien – im Gegensatz zum Prüfer und dass er auch samstags Gelder einnehme und auszahle, auch am 31.12., das sei schließlich auch ein ganz normaler Tag, nur ab Mittag sei da frei gewesen.
Der Steuerberater schaltet sich ein und meint, die Existenz des Michel könne man doch beweisen, da die Gewerke von ihm erstellt wurden. Es seien doch keine Scheinrechnungen. Harald sei mit seinen drei Fliesenlegertrupps gar nicht in der Lage gewesen, den riesigen Auftrag selbst abzuarbeiten. Deswegen seien auch die Erlöse in diesen Jahren deutlich gestiegen – aber auch die Kosten der Fremdleistungen. Er habe sich über die Subunternehmerfirmen nur die Durchführung dieses großen Auftrags sichern können ohne Konventionalstrafen zahlen zu müssen. Hätte er den Auftrag allein abgearbeitet, wäre er nie fristgerecht fertig geworden. Außerdem könne man verproben, dass seine drei Fliesenlegertrupps allein nicht die Arbeiten durchführen konnten, wenn man die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und die durchschnittliche Quadratmeterleistung eines Fliesenlegers zugrunde lege, zumal hier die Lehrlinge und Bauhelfer Fliesen, Kleber, Werkzeug und sonstiges Material tragen, auspacken, mischen, schneiden und schliefen mussten. Weitere Arbeitnehmer habe es bei Harald nicht gegeben, meint der Steuerberater. Der Prüfer hält ihm entgegen, dass es ihm egal sei, ob und warum der Michel verschwunden sei. Harald hafte für Mängel in seiner Buchführung. Die Rechnungen des Michel und die der anderen beiden Firmen seien aus seiner Sicht Scheinrechnung. Dafür spreche auch die nicht nachvollziehbare Leistungsbeschreibung und die ungenügende Angabe des Leistungsortes. Nur „Bvh Mainz-Gonsenheim“ genüge nicht bei der Beschreibung des Leistungsortes. Denn weder Straße noch Hausnummer noch Stockwerk seien angegeben, so dass weder er noch ein anderer den genauen Ort der Ausführung überprüfen könne. Auch die Leistungsbeschreibung mit „Tragearbeiten, Vorbereitungen, Fliesenlegen, Verfugen, Silikonieren“ genügen nicht als ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung. Die Kürzung der Vorsteuer und der Betriebsausgaben sei die Folge. Der Steuerberater meint, dass zumindest die Betriebsausgaben anzuerkennen seien, hilfsweise seien diese zugunsten des Steuerpflichtigen nach § 162 AO zu schätzen. Auch dem widerspricht der Prüfer und verweist auf ein Urteil des FG Hamburg, Urteil vom 10.10.2012, 2 K 130/11. Er würde, wenn keine weitere Aufklärung zu den damaligen Geschäftspartnern erfolgen würde, noch eine Empfängerbenennung der Barzahlungsbeträge nach § 160 AO einfordern.
Harald ist verzweifelt. Er hat Angst vor Strafe. Und wie soll er die Steuern bezahlen? … er schaut seinen Anwalt an … einen Spezialisten im streitigen Steuerrecht und Steuerstrafrecht …
Was sagt der Spezialist …. der Anwalt, der Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht? Wollen Sie es wissen? Fragen Sie mich! Vereinbaren Sie einen Besprechungstermin bei mir, wenn Sie solche und ähnliche Probleme im Steuerrecht und/oder Steuerstrafrecht haben: 0611-890910.
[1] Besteht die Möglichkeit, dass aufgrund der Prüfungsfeststellungen ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt werden muss, soll der Steuerpflichtige darauf hingewiesen werden, dass die straf- oder bußgeldrechtliche Würdigung einem gesondertem Verfahren vorbehalten bleibt, § 201 Abs. 2 Die Prüfung ist in diesem Fall für den maßgeblichen (Teil-)Sachverhalt zu unterbrechen und erst nach Belehrung des Steuerpflichtigen, dass seine Mitwirkung nicht mehr nach §§ 328 ff. AO erzwungen werden kann, fortzusetzen. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen, § 10 BPO 2000.