Die Finanzverwaltung braucht mehr Kontrollmaterial
Die Finanzverwaltung braucht mehr Kontrollmaterial. Bei jeder Betriebsprüfung braucht sie zur Feststellung der Vollständigkeit der Erlöserfassung Kontrollmaterial. Dabei wird das Kontrollmaterial dann in der Betriebsprüfung mit den gebuchten Erlösen abgeglichen. Das Kontrollmaterial können Kopien von Ausgangsrechnungen sein, Kassenbelege, Lieferscheine oder andere Unterlagen aus dem zu prüfenden Unternehmen, die dann quasi eine Stichprobe sind, eine Zufallsauswahl, die dann darauf hin überprüft wird, ob dieser Vorgang, diese Einnahme natürlich in den Erlösen des Berichtsunternehmens verbucht ist. Ist das Kontrollmaterial bzw. diese Ausgangsrechnung oder dieser Kassenbeleg nicht verbucht, ist damit der Nachweis geführt, dass diese Ausgangsrechnung(en) oder Kassenumsätze nicht (mehr) steuerlich erfasst sind. Damit ist der Nachweis geführt, dass die Erlöse nicht vollständig erfasst sind.
Bei den Ausgangsrechnungen stellt sich dann nur noch eine einzige Frage, ob die Ausgangsrechnungen wirklich aus dem Unternehmen stammt oder nicht möglicherweise von einem Dritten, z.B. dem Rechnungsempfänger selbst erstellt wurde zum Zweck der rechtswidrigen Generierung von Betriebsausgaben und Vorsteueransprüchen. Bei den Ausgangsrechnungen könnte es also rein theoretisch auch so sein, dass der Rechnungsempfänger die Rechnung sich selbst als Scheinrechnung gebastelt hat oder ein anderer Dritter die Rechnung unautorisiert erstellt hat. Ist aber die Rechnungen unbar an den Rechnungsaussteller gezahlt worden, also etwa überwiesen worden, scheidet diese Möglichkeit i.d.R. aus, wenn nicht etwa kurz nach Eingang des Geldes dieses komplett abgehoben wurde, was für einen kickback sprechen könnte. Von dieser Sondersituation einmal abgesehen, bleiben daher für diese unklaren Fälle nur die Rechnungen als auffällig übrig, die bar bezahlt wurden. Hier ist zumindest rein theoretisch offen und möglich, dass entweder der Rechnungsaussteller seine Ausgangsrechnung nicht versteuert hat oder der Rechnungsempfänger (oder ein Dritter) unautorisiert erstellt hat. Zur Ermittlung des Sachverhaltes kommt es hier auf das äußere Erscheinungsbild an: Stimmen die Rechnungsnummern, der Aufbau der Nummer, der aktuelle Briefbogen, stimmt das Schriftbild, gibt es Unterschriften auf den Rechnungen (was nicht notwendig sein muss, aber sein kann) Rechnungsangaben, Zahlungswege, Rechnungshöhe, Rechnung geknickt und per Post versandt, früher: sind die Typenräder der Schreibmaschinen oder die Schreibmaschinen selbst in dem einen oder anderen Betrieb zu finden, heute lautet die Frage: auf welchem PC sind die entsprechenden Briefköpfe bzw. Briefbögen zu finden, sonstige Auffälligkeiten? Aus diesen Puzzleteilen ergibt sich dann meist ein Bild, ob die Rechnung aus dem Berichtsunternehmen stammt oder jedenfalls stammen könnte, oder ob dies vermutlich auszuschließen ist.
Ist die Rechnung beim Absender verbucht und versteuert, steht in der Regel einem Vorsteuerabzug und einem Betriebsausgabenabzug beim Rechnungsermpfänger nichts entgegen, wenn dieser ein Unternehmer ist und die formalen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung nach § 14 UStG erfüllt sind.
Um solche Stichproben für die Überprüfung der Steuerpflichtigen zu haben, schreiben Betriebsprüfer immer wieder bei anderen Betrieben Kontrollmitteilungen über eingegangene und bezahlte Rechnungen. Diese Kontrollmitteilungen gehen dann an den Bezirk des zu prüfenden Steuerpflichtigen und werden dann entweder im Rahmen einer abgekürzten Außenprüfung oder im Rahmen einer normalen Betriebsprüfung mit überprüft. Sind die Kontrollbelege in der Buchführung enthalten, ist insoweit erst einmal alles in Ordnung. D. h. nicht, dass nicht doch irgendwo Verkürzungen stattgefunden haben und Einnahmen nicht versteuert wurden. D. h. auch nicht, dass die Betriebsprüfung ohne Mehrergebnis beendet wird. Einzige Ausnahme ist vielleicht die abgekürzte Außenprüfung, die allein das Ziel hat, das Kontrollmaterial in der Buchführung wiederzufinden und, wenn sonst keine Auffälligkeiten dem Prüfer auffallen, dann relativ rasch nach Prüfung und Abarbeitung des Vorhandenseins des Kontrollmaterials in der Buchführung mit einem Nullergebnis abgeschlossen wird.
Für die Kasse gilt: ist ein Kassenbeleg in der Kassenbuchführung nicht wieder zu finden, ist die Kasse offensichtlich nachträglich durch Stornos manipuliert worden. Denn der Kunde, der den Kassenbeleg hat, hat doch diesen bezahlt. Der Beleg wird doch als Rechnung für den Bezahlvorgang hergestellt (ausgedruckt) und dem Kunden dann zum Nachweis der Bezahlung als Quittung übergegeben. Damit hat der Kassenbon Rechnungs- und gleichzeitig Quittungsfunktion. Warum ist dann dieser spiegelbildlich nicht (mehr) in den Kassenaufzeichnungen enthalten? Es gibt dafür für die Finanzverwaltung nur eine einzige Erklärung: der Umsatz ist nachträglich in der Kasse gelöscht worden. Um den Kassenbeleg zu generieren, war also der Umsatz ursprünglich über die Kasse gebucht und hergestellt worden und ist dann später wieder aus den Kassendaten entfernt worden.
Aber der Finanzverwaltung ist das bisher hier vorliegende Kontrollmaterial zu wenig. Der dogmatische Ansatz, dass hier stichprobenweise Kontrollmaterial verprobt wird, erschöpft sich meist in der Praxis derzeit bei 3, 4 oder fünf Belegen. Haben wir einen Berichtsbetrieb, der ca. 2.000 Ausgangsrechnungen pro Jahr schreibt und einen dreijährigen Prüfungszeitraum hat, sind natürlich 3, 4 oder fünf Stichproben besser als nichts, aber aus Sicht der Finanzverwaltung zu wenig.
Bei einer Gaststätte, bei der durchschnittlich 200 Bons am Tag generiert werden, sind dies bei einem dreijährigen Prüfungszeitraum ca. 1095 Öffnungstage, also etwa 219.000 einzelne Bons. Was sind da schon 3, 4 oder fünf einzelne Bons? Klar, wenn die schon fehlen, ist damit der Nachweis schon erbracht, dass Bons nachträglich storniert wurden. Aber schließlich könnten auch diese wenigen Bons in der Buchhaltung enthalten sein, an anderer Stelle oder an anderen Tagen aber die Manipulationen durchgeführt worden sein. Das Kontrollmaterial ist der Finanzverwaltung damit viel zu wenig.
Die Finanzverwaltung braucht mehr Kontrollmaterial.
Dies zeigt sich an vielen kleinen Schritten, die meist durch die Öffentlichkeit unbemerkt vollzogen werden, aber in ein bis 2 Jahren zu einem riesigen Kontrollmaterial-Berg bei den Betriebsprüfungen führen wird.
Fangen wir mal bei den Kassen an. Ab dem 01.01.2020 gibt es eine Kassenbonausgabepflicht. Zwar gibt es noch keine Kassenbonmitnahmepflicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Jedenfalls macht die Bonausgabepflicht steuerlich keinen Sinn, wenn nicht dann auch Kontrolleure die Bons einsammeln oder zumindest einscannen: das ist dann das Kontrollmaterial für künftige Prüfungen. Also werden dann ab 2020 Außendienstmitarbeiter der Finanzverwaltung in den Einkaufstraßen flanieren und Belege einsammeln bzw. einscannen. Vielleicht gibt es auch wie in Italien eine Tombola, aus der Einsender von Belegen an einer Tombola teilnehmen. Vielleicht gibts auch Gratisparkplätze oder Parkhausrabatte in der Innenstadt, wenn man am Kassenautomaten im Parkhaus einen oder mehrere Kassenbelege aus dem aktuellen Einkauf einscannt….
Zunächst ist also erst einmal festzuhalten, dass jeder Unternehmer mit einer elektronischen Kasse dann jedem Kunden bei einem Bezahlvorgang ab 2020 einen Kassenbeleg aushändigen muss. Heute ist die Belegausgabe fakultativ. Und die Frage heute an der Kasse, „brauchen Sie einen Beleg?“ dürfte dann der Vergangenheit angehören… Dieser Umsatz muss natürlich einzeln erfasst sein. Ob der Name des Kunden und dessen Anschrift bis dahin ebenfalls erfasst werden müssen oder jedenfalls ab einer gewissen Umsatzgröße, bleibt abzuwarten. Nach bisheriger Rechtslage ist jedenfalls bei Kleinbeträgen und dem Verkauf von Waren an eine unbestimmte Vielzahl von namentlich nicht bekannten Kunden die Aufzeichnung von Name und Anschrift des einzelnen Kunden nicht erforderlich. Leitbild ist hier die Entscheidung des BFH vom 12.5.1966, der dem kleinen Bäcker oder dem kleinen Metzger Aufzeichnungserleichterungen gewähren wollte. Wenn aber der Unternehmer sowieso den Namen kennt oder sowieso aufzeichnet, gilt diese Erleichterung nach den Grundsätzen des Apothekerurteils schon nicht mehr. Denn was vorhanden ist, muss dann auch aufgezeichnet und vorgelegt werden. Ob diese Erleichterungen auch für Dienstleister gelten, etwa Friseure, könnte fraglich sein. Man könnte hier diskutieren, ob ein Haarschnitt für 25 oder 30 € noch diesem Kleinstbetrag entspricht und die Einzelaufzeichung des Geschäftsvorfalls unzumutbar ist -Leitbild war damals ein Bäckerei- Fall, bei dem der BFH am 12.5.1966 entschied, das die Einzelaufzeichnung dem Handel bei einem Verkauf einer Vielzahl geringwertiger Produkte an eine Vielzahl von unbekannten Kunden unzumutbar wäre. Man stelle sich nur vor, die Bäckereifachverkäuferin müsste bei jeden Brötchen, jedem Brot oder Stückchen den Kunden nach Name und Anschrift fragen und den Verkaufsvorgang so auch erfassen. Das wollte der BFH in der Entscheidung vom 12.05.1966 dem Handel nicht zumuten. Das ist eben anders, wenn man einen Bagger, Ziegeln fürs Dach oder eine Waschmaschine oder einen Fernseher oder ein Handy kauft. Also stellen sich heute bei der Auslegung des damaligen Urteils zwei Fragen: 1. wieviel Kundenfrequenz brauche ich, damit es eine Vielzahl von Kunden sind? Und ist das überhaupt ein Kriterium, sonst könnten untertägig je nach Kundenfrequenz meine Aufzeichnungspflichten schwanken … in den Zeiten, bei denen nichts im Laden los ist und nur 2, 3 Kunden da sind, habe ich dann höhere Aufzeichungspflichten nur weil ich mehr Zeit habe? Ist dann die Erfassung von Namen und Anschrift des Kunden mir als Unternehmer zumutbar, weil ich jetzt einen relativen Personalüberhang habe? Und 2.: was sind Produkte von geringem Wert im Sinne der damaligen BFH-Rechtsprechung? Was entspricht bei dem damaligen Fall, etwa einem Brötchenkauf von vier, acht oder zehn Pfennig dann dem betragsmäßig heute – rund 50 Jahre später ? Sind das 2, 5, 8, 10, 15 oder 20 €? Wie würde das der BFH heute sehen?
Aber wenn der Friseur auch den Kunden oder die Kunden namentlich kennt, ist das schon nicht mehr der Fall das BFH, der von einer Vielzahl unbekannter Kunden sprach. Gleichwohl sehen wir auch heute, dass bei Aldi, Lidl, Penny, Mann Mobilia, Media Markt usw. Fernseher, Laptops, PCs, Kameras Kleinmöbel usw. durchaus im Wert von mehreren 100 oder mehreren 1000 Euros ohne namentliche Erfassung der Endkunden veräußert werden. Ob dies der Einzelaufzeichnungsverpflichtung noch gerecht wird? Wohl kaum. Denn die Finanzverwaltung will auch hier den Namen und Anschrift des Kunden, da dies nicht mehr die kleinen Beträge sind, die damals zu der BFH Entscheidung vom 12.5.1966 führten. Wo genau die Grenze liegt, ist unklar. aber an 10 bis 15 € könnte die Einzelaufzeichnungsverpflichtung mit Namen und Anschrift schon eingreifen.
Jedenfalls braucht die Finanzverwaltung mehr Kontrollmaterial. Und auch um etwa den Privatkonsum einer Person nachkalkulieren zu können, um prüfen zu können, ob die Entnahmen reichen, ob von den offiziellen Entnahmen die Lebenshaltungskosten bestritten werden können, wäre die namentliche Erfassung aller Einkäufe hilfreich: man müsste nur bei den Unternehmern den gesuchten Steuerpflichtigen eingeben und könnte erfassen, für was er alles Geld ausgegeben hat. Und wenn die Lebenshaltungskosten dann nicht von den offiziellen Entnahmen gedeckt wären, müsste der Betreffende weitere Geldquellen haben: Schwarzgeld, schwarze, nicht versteuerte Einnahmen eben. Sie sehen: die Finanzverwaltung braucht mehr Kontrollmöglichkeiten, um den einzelnen Steuerpflichtigen besser verproben zu können.
Hier kommt die Einzelaufzeichnungsverpflichtung ins Spiel. Schließlich ist das auch alles Kontrollmaterial. Wieso? Ganz einfach: es geht weniger um die Frage, ob Aldi Lidl und Co. die Einnahmen vollständig erfassen. Nein, es geht um das Kontrollmaterial. Es wäre doch aus Sicht der Finanzverwaltung toll, wenn man beispielsweise bei Aldi, Lidl und Co. Kontrollmaterial über das Einkaufsverhalten einzelner Kunden schreiben könnte. So könnte man auffällige Einkäufe bei Aldi Lidl und Co. orten: wer braucht schon 50 Päckchen Kaffee, zehn Päckchen Kaffeefilter und 50 Dosen Kaffeesahne, dazu 20 Dosen Sprühsahne und andere Mengen, die hierfür ein großes Lokal oder ein großes Café sprechen als für den privaten Einkauf. Wenn dann Name und Anschrift des Erwerbers draufsteht, könnte man die interessante Einkaufsmenge daraufhin kontrollieren, ob dies ein Restaurant-oder Cafébesitzer ist. Finden solche Einkäufe dann häufiger statt, wäre der Zukauf außerhalb des Wareneingangsbuchs damit überprüfbar bzw. bei namentlicher Erfassung unmöglich. Selbst wenn dann unter dem Namen Dritter eingekauft werden würde, könnten diese auffälligen Einkäufe nachverfolgt werden. Da diese Eingriffe typischerweise immer bar bezahlt werden nicht per Karte, ist es bislang jedenfalls nicht möglich zurückzuverfolgen, wer der Einkäufer ist. Aber das Kontrollmaterial gibt noch wesentlich mehr her: Kontrolliert man im Rahmen einer Bargeldverkehrsrechnung den persönlichen Verbrauch, kann man bei Aldi und Kuwait namentliche Erfassung der Kunden dann über Namens-Suchläufe die Kunden herausfiltern und dann entsprechend relativ exakt nach kalkulieren, was sie tatsächlich an Lebensmitteln, Kleidung und Schuhe mögen, Elektrogeräten usw. gekauft haben. Die leidige Diskussion, wie hoch der monatliche oder jährliche Bargeld Verbrauch bzw. wie teuer das Konsumentenverhalten ist, würde damit deutlich überprüfbarer und leichter nach kalkulierbarer werden. Mit der Einzelaufzeichnungsverpflichtung in Form der namentlichen Erfassung (zumindest oberhalb der Bagatellgrenze von vielleicht 10-15 €) gibt es damit äußerst interessante betriebswirtschaftliche bzw. steuerliche Nachkalkulationsmöglichkeiten und Kontrollmöglichkeiten der angesprochenen Kundenkreise bzw. der betroffenen Steuerpflichtigen.
Die Einzelaufzeichnungsverpflichtung gehört eigentlich schon immerzu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Denn der Kaufmann hat seine Umsätze und seine Geschäfte ordnungsgemäß aufzuzeichnen. Dazugehört, dass er die Umsätze mit seinem Vertragspartner aufzeichnen. Stellt man sich hier den Brötchenkauf beim Bäcker oder den Wursteinkauf bei Metzger vor, befremdet es ein wenig, wenn man annimmt, der Bäcker oder Metzger müsste seinen Kunden nach Namen und Adresse fragen und dies aufzeichnen, bevor die Ware verkauft. In einem kleinen Ort, in dem jeder jeden kennt, ginge dies vielleicht auch noch. Wenn man sich die großen Einkaufszentren vorstellt oder größere Städte vorstellt, kann man sich ein solches Geschäftsgebaren nur schwer vorstellen. Wenn man aber einen Bagger, einen neuen Mercedes oder einen wertvollen Ring oder eine neue Möbelschrankwand oder Wohnzimmereinrichtung kauft, ist die Aufzeichnung des Kunden mit Namen und Anschrift wieder ganz normal.
Vielleicht führt die Einzelaufzeichungsverpflichtung irgendwann zu einer kompletten Kontrolle, weil die Finanzverwaltung nachrechnen kann, wer wo wieviel ausgibt …
Zurück zum Kontrollmaterial. Die Finanzverwaltung braucht mehr Kontrollmaterial. Das wird daran deutlich, dass sie Kontrollmitteilungen bei Ihrem Steuerberater schreiben darf, wenn sie den Steuerberater steuerlich prüft. Früher war das den Prüfern untersagt. Das ist aber seit einigen Jahren gestrichen. Jetzt ist auch zum 25.06.17 § 30 a AO, der sog. Bankenerlass aufgehoben worden. Bei der Ermittlung steuerlicher Sachverhalte hatte die Finanzbehörde gemäß § 30 a AO auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden besonders Rücksicht zu nehmen. Die Finanzbehörden durften daher von den Kreditinstituten zum Zweck der allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe nicht verlangen, § 30 a II AO. Auch durften die Guthabenkonten oder Depots, bei deren Errichtung von der Bank eine Legitimationsprüfung nach § 154 II AO vorgenommen wurde, anlässlich der Außenprüfung bei einem Kreditinstitut von den Finanzbehörden nicht zwecks Nachprüfung der ordnungsmäßigen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden. Die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen “sollte” gemäß § 30 a III AO insoweit unterbleiben. Das war einmal …
Danach war es also früher den Prüfern auch untersagt, Kontrollmitteilungen über die Umsätze der Bankkunden bei einer Bankenprüfung zu schreiben. Auch das ist sang- und klanglos gestrichen wordenFast unbemerkt wurde mit Wirkung zum 25.6.2017 das sog. steuerliche Bankgeheimnis in Deutschland aufgehoben. Sie sehen: die Finanzverwaltung braucht mehr Kontrollmaterial.
Aber auch im Erbfall tauchen so manche Tafelpapiere, Geldvermögen, Konten des Erblassers auf, die bislang unentdeckt und unversteuert waren. Die Finanzämter versorgen sich gegenseitig mit Kontrollmaterial. Die Erbschaftsteuerstellen erteilen als Empfänger der Anzeigen von Banken und sonstigen Vermögensverwaltern den jeweils für die Besteuerung des Einkommens zuständigen Finanzämtern Kontrollmitteilungen. Ab welchem Vermögen Kontrollmitteilungen geschrieben werden müssen, regeln die obersten Finanzbehörden der Länder in den – neu herausgegebenen – gleichlautenden Erlassen (vom 12.03.2015, S 3900).
Das geht auch umgekehrt: erfährt ein Finanzamt etwa im Rahmen eines Hausbaus oder einer Renovierung bei der Frage nach der Mittelherkunft von Schenkungen der Großeltern oder Eltern oder anderen Geldgebern, dann schreibt das Veranlagungsfinanzamt Kontrollmitteilungen an das zuständige Erbschaft- und Schenkungsteuerfinanzamt.
Aprospos Mittelherkunft: fällt dann bei der Frage nach der Mittelherkunft ggf. auch auf, wenn eine Bar-Schenkung oder ein von der Oma gefundene oder geschenkte Barbestand bislang noch nicht versteuert wurde. Dann wird auch sofort eine Kontrollmitteilung an das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt geschrieben. Oder wenn etwa erst im Rahmen einer Außenprüfung oder Fahndungsprüfung eine solche Bar-Geldschenkung aufgedeckt wurde. Sie sehen: es gibt ein richtiges Netz von Kontrollmitteilungen und das Netz wird akribisch weiter ausgebaut.
Das geht auch grenzüberschreitend: nimmt ein Finanzbeamter an, ein hier nicht steuerbarer Vorgang könnte bei der ausländischen Finanzverwaltung steuerlich erheblich sein, kann er eine sog. Spontanauskunft schreiben … und die ausländischen Finanzämter machen das aus Kollegialität genauso umgekehrt. Rechtsgrundlage: § 117 a AO. Auch wenn eine Spontanauskunft an die Steuerverwaltung eines anderen EU-Mitgliedsstaats bestimmte Anforderungen beinhaltet, nämlich tatsächliche Anhaltspunkte für die Vermutung vorliegen müssen, dass Steuern gerade dieses Mitgliedsstaats verkürzt worden sind oder werden könnten (BFH, Beschluss v 12.05.2006, I B 87/05), ist dies eine nicht allzu hohe Hürde: Es reicht insoweit aus, dass objektive Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder mögliche Steuerverkürzung vorliegen (BFHE 177, 242).
Dann gibt es auch eigene Recherchen des Finanzamts nach Kontrollmaterial: das Durchforsten von ebay-Anzeigen oder Zeitungsannouncen nach Betrieben, die keine Erklärung abgeben …
Dann gibt es natürlich auch die frustrierte Ehefrau, der verlassene Partner, der gefeuerte Mitarbeiter, oder der verärgerte Nachbar oder der liebe Mitbewerber, der „aus Steuergerechtigkeit“ dem Finanzamt mal was steckt … aber darauf will ich hier an dieser Stelle nicht weiter eingehen.
Sie sehen: das Finanzamt braucht Kontrollmitteilungen … die Finanzverwaltung lebt von Kontrollmaterial ….
Fragen dazu? Dann rufen Sie an: 0611-890910: den Spezialisten im streitigen Steuerrecht, im Steuerstrafrecht, bei Betriebsprüfungen, bei Fahndungsprüfungen, Zollfahndungen, tax compliance: Dr. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht