15 Jahre Strafverfolgungsverjährungsfrist
Die Strafverfolgungsverjährungsfrist ist in besonders schweren Fällen (also bei Hinterziehungen ab 50.000 € Steuern) auf 15 Jahre am 28.12.20 verlängert worden. Ursprünglich verjährten Steuerhinterziehungen nach 5 Jahren. In 2008 wurde erstmals die Verfolgungsverjährung bei besonders schweren Steuerhinterziehungen von 5 auf 10 Jahre verlängert. Begründung war damals, dass beim Ankauf von Datenträgern aus Liechtenstein die Auswertung und Ermittlung so viel Zeit bräuchte und die Millionen für die CD-Daten doch nicht umsonst ausgegeben werden sollten und die Beute aus den Daten nun schneller verjähren könnte, als die Täter ermittelt und verurteilt werden könnten.
15 Jahre Strafverfolgungsverjährungsfrist
Eine ähnliche Stimmung führte nun bei der Aufarbeitung der Cum-Ex-Fälle zu einer erneuten Verlängerung der Verfolgungsverjährungsfristen. Nun sind es schon 15 Jahre Strafverfolgungsfrist – zumindest bei den schweren Taten.
Der Otto-Normal-Hinterzieher fragt sich natürlich, warum er unter diesen Sondersituationen leiden muss und seine Fälle nun hinsichtlich der Verjährung immer weiter verlängert werden und sein Anspruch auf Verfolgungsruhe sich immer weiter hinausschiebt. Am 28.12.2020 wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 die absolute Verjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung von 10 auf 15 Jahre verlängert.
Verlängerung von 15 Jahre Strafverfolgungsverjährungsfrist auf 37,5 JAhre bei rechtzeitiger Unterbrechung
Wird vor Ablauf der 15-jährigen Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen, so verlängert sie sich auch völlig untypisch um das 2,5-fache. Während nach den sonst geltenden übrigen Regeln bei rechtzeitiger Unterbrechung der Verfolgung nur auf das Doppelte der einfachen Verfolgungsverjährung steigt, ist es bei der besonders schweren Steuerhinterziehung gleich das 2,5-fache. Also von 15 Jahren mal 2,5 auf 37,5 Jahre.
So heißt jetzt bei den schweren Fällen der Steuerhinterziehung die Devise: 15 Jahre Strafverfolgungsfrist und bei rechtzeitiger Unterbrechung sogar 37,5 Jahre Verfolgungsverjährungsfrist.
Fehlender Gleichklang von steuerrechtlichem Korrekturzeitraum und steuerstrafrechtlichem Verfolgungszeitraum
Steuerlich lassen sich dennoch nur 10 plus bis zu 3 Jahre höchstens korrigieren. Das hängt dann aber von der Einleitung ab. Ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und dem Steuerpflichtigen die steuerliche Ermittlung bekannt gegeben, verfährt das ohnehin nicht .. auch wenn die Steuerfahndung 30 oder 50 Jahre ermitteln würde. Systemfehler beim Gesetzgeber? Fehlender Gleichklang von Steuerrecht und Steuerstrafrecht…
Welche Taten sind betroffen?
Die fünfzehnjährige Verjährungsfrist findet auf alle benannten Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Nr. 1-6 AO) Anwendung. Praktisch häufigster Fall ist die Verkürzung von Steuern „in großem Ausmaß“. Ein großes Ausmaß liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 € vor. Das ist also der Steuerschaden pro Veranlagungszeitraum und Steuerart. Was für den angestellten Normalverdiener nicht oder nur schwer errechbar ist, wird jedoch schnell bei Erbschaften und Schenkungen erreicht und eine Strafbarkeit gibt es da auch, wenn die Schenkung oder Erbschaft nicht angezeigt wird, § 30 ErbStG. Und bei Unternehmern und Großverdienern führen kleine Fehler schnell über diese Betragsgrenzen hinweg.
Rückwirkende Verlängerung für alle noch nicht bis dahin verjährten Fälle
Die Regelung ist rückwirkend auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht verjährten Taten anzuwenden. Für die Täter, bei denen die 10-Jährige Verfolgungsfrist 2021 ausgelaufen wäre, haben so kurz vor Ablauf noch eine Verlägerung von weiteren 5 Jahren auf insgesamt 15 Jahre Verfolgungsverährungsfrist erhalten. Ein Trost: wenn ihre Tat bis dahin noch nicht aufgeflogen war, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer späten Entdeckung natürlich weiter …
kein Vertrauensschutz in den Fortbestand der zum Tatzeitpunkt geltenden Verfolgungsverjährungsregeln
und die Moral von der Geschicht: der Täter darf sich nicht auf den Fortbestand der Verjährungsregeln im Zeitpunkt der Tatbegehung verlassen. Die Verjährungsfristen können noch während des Laufs der Verfolgungsverjährung verlängert oder auch komplett aufgehoben werden. Der Täter hat also keinen Rechtsanspruch darauf, dass seine Tat überhaupt oder in der Frist verjährt, die bei Tatbegehung galt.
Auswirkungen auf die Strafverfolgung
Die Verlängerung der Verjährungsfrist führt zunächst dazu, dass Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung erst nach Ablauf von 15 Jahren nach Beendigung der Tat verjähren. Die absolute Verjährungsfrist, also die Frist, wann eine Tat unabhängig von eventuellen Unterbrechungen, z.B. durch Ermittlungsmaßnamen, spätestens verjährt, beträgt sogar 37,5 Jahre.
Praxisproblem: wie lässt sich ein Zeitraum von 37,5 Jahren verteidigen?
Mit dem Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber die Verjährung der steuerstrafrechtlichen Verfolgungsverjährung bei besonders schweren Fällen (das sind Hinterziehungen von mind. 50.000 € pro VZ und Steuerart) bei der Hinterziehung von zehn auf 15 Jahre angehoben, § 376 AO. Die endgültige Verfolgungsverjährung ist sogar auf das Zweieinhalbfache dieser 15 Jahre angehoben worden, beträgt also 37,5 Jahre, wenn rechtzeitig vor Ablauf der ersten 15 Jahre unterbrochen wurde. Der Gesetzgeber schafft durch einen kleinen Ein-Zeiler im Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) eine gravierende Änderung. Durch Artikel 27 JStG 2020 (veröffentlicht am 28.12.2020 im BGBl. I 2020 S. 3096 ff.) wird die Zahl 10 durch die Zahl 15 in § 376 Abs. 1 AO ersetzt.
Verjährung der Taten erst ab 2004 und älter im Zeitpunkt der Gesetzesänderung (aus Sicht von Sommer 2020)
Wird also ein Steuerstrafverfahren eröffnet und liegt eine besonders schwere Steuerhinterziehung vor – zumindest für einzelne Jahre mit einem Hinterziehungsschaden von über 50.000 €, dann beträgt hierfür die Strafverfolgungsverjährung 15 Jahre und dies gilt rückwirkend für alle noch nicht abgelaufenen Veranlagungszeiträume. Damit kommt man heute zumindest bis zum Jahr 2005 zurück, das frühestens in 2006 erklärt wurde und taggenau nach dem Zugang des ersten damaligen falschen Steuerbescheids 15 Jahre später verjährt.
Sachgerechte Strafverfolgung und Strafverteidigung über 37,5 Jahre bei Vernichtung aller Unterlagen nach 10 Jahren?
Welche Unterlagen liegen von damals noch vor wenn nach allgemeiner Meinung alles vernichtet werden kann was älter als zehn Jahre ist? Wie kann hier Verteidigung sachgerecht erfolgen, wenn alle Belege vernichtet sind? Wenn dann die Steuerfahndung nur einzelne Belege von damals hat könnte das eine Beweisnot für den Beschuldigten bedeuten. Es könnte daher Sinn machen, Belege auch länger aufzubewahren als nur über die bislang bekannte Zehnjahresfrist.
steuerliche Korrekturmöglichkeit: 10 plus bis zu 3 Jahre = höchstens 13 Jahre
Die steuerliche Korrekturmöglichkeit, also die steuerrechtliche Festsetzungsverjährung endet allerdings aus heutiger Sicht 10+ bis zu drei Jahre zurück, sodass je nach Abgabezeitpunkt aus heutiger Sicht (Ende 2021) bestenfalls das Jahr 2008 korrigierbar sein dürfte, da dieses selbst im Fall der Nichtabgabe durch pflichtwidriges Unterlassen Ende 2021 verjähren würde.
Steuerlich heißt also die Korrekturformel mindestens 10 + 1 Jahr bzw. höchstens 10+ bis zu 3 Jahre. Der steuerliche Korrekturzeitraum ist unabhängig von der Höhe der Hinterziehung. Hier wird also nicht zu Hinterziehung und besonders schwerer Steuerhinterziehung unterschieden.
steuerliche Verfahrenseinleitung mit Ewigkeits-Unverjährbarkeit
Ist aber ein Verfahren der steuerlichen Ermittlung wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet und dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben, dann verjährt das nie mehr .. auch nicht in 20 oder 30 Jahren … die strafrechtliche Einleitung genügt dafür aber nicht.
Da kann man mal lange über einen Wertungswiderspruch nachdenken und überlegen, ob diese Unverjährbarkeit verfassungsgemäß ist: während grundsätzlich alles verjährt, genügt es, wenn der Steuerfahnder (nachweisbar) erklärt, er ermittele jetzt auch steuerlich für eine bestimmte Steuerart ab einem bestimmten Veranlagungszeitraum … und schon kann man diesbezüglich z.B. 14 ,19, 30, 48, 76 Jahre unverjährbar verfolgt werden …? Das stoppt nicht mal mit dem Tod des Steuerpflichtigen: die Erben erben dieses Ermittlungsverfahren steuerlich (strafrechtlich natürlich nicht) und die daraus entstehenden Steuerschulden.
Diskrepanz zwischen 49.999,99 € Hinterziehung und 50.000 € Hinterziehung
Im Steuerstrafrecht ist das anders: Bei einer besonders schweren Hinterziehung (50.000 € pro Steuerart und Veranlagungszeitraum – aber Vorsicht hier werde nicht alle Steuerarten und Veranlagungszeiträume addiert, sondern isoliert jeder Steuerart und jeder Veranlagungszeitraum für sich betrachtet) beträgt die Strafverfolgungsverjährung nunmehr 15 Jahre. Bei einer Hinterziehung bis 49.999,99 € nur fünf Jahre. Ob ein Cent mehr Hinterziehung tatsächlich eine zehn Jahre längere Verfolgungsverjährung gerechtfertigt, erscheint fraglich. Der Übergang ist jedenfalls hart und die Folgen drastisch. Auch tritt die endgültige Verfolgungsverjährung bei einer einfachen Hinterziehungen nach schon zehn Jahren ein, während bei 1 Cent mehr die endgültige Strafverfolgungsverjährung immerhin dann 37,5 Jahre beträgt, mithin das 3,75 fache.
irgendwo muss man die Grenze ziehen – dennoch unangepasste Regelung?
Eine harte und kaum nachvollziehbare Diskrepanz bringt allerdings der Vergleich zwischen den Fällen der noch einfachen Hinterziehung, nämlich eine Hinterziehung von lediglich 49.999,99 € und der besonders schweren Hinterziehung von 50.000 € in einer Steuerart in einem Veranlagungszeitraum. Der einfache Fall verjährt nach fünf bzw. endgültig nach zehn Jahren. Der besonders schwere Fall verjährt nach 15 Jahren bzw. 37,5 Jahren endgültig. Das ist die steuerstrafrechtliche Verfolgungsverjährung. In beiden Fällen ist der steuerlich höchstmögliche Korrekturzeitraum 10+ bis zu drei Jahre.
Bei der besonders schweren Steuerhinterziehung (ab 50.000 € Steuerhinterziehung pro Steuerart und Veranlagungszeitraum) beträgt also steuerstrafrechtlich die Verfolgungsverjährungfrist 15 Jahre und wenn vorher rechtzeitig unterbrochen wurde bis zu höchstens 37,5 Jahre.
Die Disharmonie zwischen steuerlicher Festsetzungsverjährungsfrist und strafrechtliche Verfolgungswährungsfrist ist also nicht nur bei den einfachen Hinterziehungen ein Thema, bei der die Strafverfolgungsjährungsfrist fünf Jahre beträgt und mit dem doppelten der einfachen Verjährungsfrist, also nach zehn Jahren, die endgültige strafrechtliche Verfolgungsverjährung nach § 78c StGB eintritt.
isolierte Betrachtung für jedes Jahr und jede Steuerart
Die Frage, ob eine einfache oder besonders schwere Steuerhinterziehung vorliegt, ist für jedes Jahr und jede Steuerart separat zu entscheiden. Bei dem Dauersachverhalt können also einzelne Veranlagungszeiträume einfache Steuerhinterziehungen darstellen und andere Veranlagungszeiträume eine Hinterziehung ab 50.000 € und mehr Steuern ausmachen, sodass einzelne Veranlagungszeiträume bzw. dort einzelne Steuerarten eine besonders schwere Steuerhinterziehung darstellen können, während andere nur eine einfache Steuerhinterziehungen darstellen.
Wenn also in einem Jahr mehrere Steuerarten betroffen sind, etwa bei einem Unternehmer Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, ist für jede Steuerart und jeden Veranlagungszeitraum isoliert zu prüfen, ob eine besonders schwere Steuerhinterziehung vorliegt.
Fortsetzungszusammenhang
Da der Fortsetzungszusammenhang („fortgesetzte Handlungszusammenhang“) seit dem Urteil des BGH vom 03.05.1994 aufgehoben (BGHSt 40,138 Ende der Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhang), kommen wir also bei den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer nicht mehr in D-Mark Zeiträume ((BGHSt 40,138 Ende der Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs).
Gem. § 78a StGB beginnt die strafrechtliche Verjährung an dem Tag, der auf den Tag der Beendigung der Steuerstraftat fällt. Im Grundtatbestand des § 370 Abs. 1 AO beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 und 4 StGB). Die steuerliche Festsetzungsverjährung endet indes nicht taggenau unterjährig, sondern stets zum Jahresende also mit Ablauf des jeweiligen 31. Dezember.
Fragen zu 15 Jahre Strafverfolgungsverjährungsfrist?
Bei 15 Jahre Strafverfolgungsverjährungsfrist hilft Dr. Jörg Burkhard:
Ihr Profi im Steuerrecht und Steuerstrafrecht und bei Betriebsprüfungen: Dr. Jörg Burkhard, Frankfurt, Wiesbaden, bundesweit. Rufen Sie bei dem Problem 15 Jahre Strafverfolgungsverjährungsfrist an: 0611 – 890910, Rechtsanwalt Dr. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, der Spezialist im streitigen Steuerrecht, Steuerstrafrecht. Der Steueranwalt bei bei Zollfahndung, Steuerfahndung, Betriebsprüfung, Kasse, Kassennachschauen, Verprobung, Analysen. Der Fachanwalt bei digitaler Betriebsprüfung, Schätzungen, bei Selbstanzeige, der Abwehrspezialist eben. Auch bei Strafbefehl, Anklage, Vermögensarrest.