Betriebsprüfung nach § 28 P viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Verbindung mit §§ 2, 6 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG)
rechtliche Grundlagen: Personen, welche gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, unterliegen grundsätzlich gemäß § 5 Abs. 1 Nummer 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Nummer 1 SGB IX, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VI sowie § 24 Abs. 1 SGB III der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten-und Arbeitslosenversicherung.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind 1. eine Tätigkeit nach Weisungen und 2. die Eingliederung in die Arbeitsorganisation das Weisungsgebers. Als weiteres Abgrenzungskriterium ist 3. entsprechend der Rechtsprechung, das sogenannte Unternehmerrisiko zu prüfen. Ein solches Unternehmerrisiko liegt vor, wenn eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft oder beides mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes von sachlichen oder persönlichen Mitteln also ungewiss ist. Ferner müssen spiegelbildlich Gewinnchancen vorliegen. Beschäftigter in diesem Sinne ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Ort, Dauer und Art der Arbeitsleistung.
Die Beurteilung der Frage, ob ein selbstständiges oder nicht selbständiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich nicht nach dem Willen der Vertragsparteien, ausschließlich nach dem Recht der Sozialversicherung.
Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung sind daher im Einzelfall alle Merkmale zu berücksichtigen, die für bzw. gegen die Arbeitnehmereigenschaft sprechen. Die vertragliche Ausgestaltung kann bedeutsam sein, tritt jedoch, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von ihr abweichen. Papier ist also geduldig. Maßgebend ist, wie das Arbeitsverhältnis/Werkvertragsverhältnis durchgeführt wird. Somit sind für das Vorliegen einer gesetzlichen Tätigkeit/Arbeitnehmereigenschaft nicht die vertraglichen, sondern vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse zwischen den Beschäftigten und seinem Auftraggeber maßgebend (Urteil des LSG Hamburg vom 13.03.1974 – eins er KW F-16/73; Urteil des BSG vom 01.03.19721. März 1972,12/3 RK 43/69). In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine sich aus den tatsächlichen Verhältnissen ergebende Versicherung-und Beitragspflicht in der Sozialversicherung auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden kann, da es den Vertragsparteien untersagt ist, durch Übereinkunft zum Nachteil des Versicherten die Anwendung der sozialversicherungsrechtlichen Schriften ganz oder teilweise auszuschließen. Vertragsbestimmungen, die dem zuwiderlaufen, sind nach § 32 SGB I nichtig. Die sozialversicherungsrechtliche Mitteilung erfolgt somit anhand folgender Kriterien:
1. Weisungsgebundenheit
Von einer abhängigen Beschäftigung ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn dem Beschäftigten der zeitliche Rahmen, der Ort und die Art der Arbeitsleistung vorgegeben wird.
2. Eingliederung in den Betrieb
von einer abhängigen Beschäftigung ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Beschäftigte die Arbeitsleistung in einer bestimmten Arbeitsorganisation erbringt, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und Arbeitnehmern eingebunden ist und betriebliche Einrichtungen und/oder Arbeitsmittel des Arbeitgebers benutzt.
3. Unternehmerrisiko in Verbindung mit unternehmerischen Chancen
Unternehmer ist, wer unternehmerische Entscheidungsfreiheiten genießt, ein unternehmerisches Risiko trägt sowie unternehmerische Chancen wahrnehmen und hierfür Eigenwerbung betreiben kann. Dieses als ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit bedeutet, dass mit dem Einsatz des Eigenkapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Das Unternehmerrisiko ist zum einen durch den Einsatz finanzieller Mittel geprägt, um einen zum Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mittel ungewissen Gewinn zu erzielen, zum anderen auch durch das Risiko des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft, wenn offen bleibt, ob der arbeitende für seine Tätigkeit überhaupt Entgelt erhält. Unternehmerische Tätigkeit zeichnet sich also dadurch aus, dass sowohl Risiken übernommen werden müssen, als auch gleichzeitig Chancen eröffnet werden.
Ein Unternehmerrisiko ist dabei nicht mit dem Entgeltrisiko zu verwechseln, dass jeder (auch in einer abhängigen Beschäftigung) trägt, wenn er nicht nach Zeit, sondern nach dem Erfolg entlohnt wird und folglich ein schwankendes Einkommen bezieht. Ein echtes Unternehmerrisiko bedeutet den Einsatz eigenen Vermögens mit der Aussicht auf Vermögenzuwachs oder Vermögensverlust.
Dann die Prüfung für den angeblich Selbständigen aber tatsächlich Scheinselbständigen im einzelnen:
1. es liegt keine eigene Betriebsstätte vor
2. die anfallenden Arbeiten werden in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bzw. dessen Kunden ausgeführt
3. es wird kein eigenes Personal beschäftigt
4. der Auftragnehmer ist seit 3 Jahren ausschließlich nur für den Auftraggeber tätig. Dies ergibt sich auch aus den fortlaufenden Rechnungsnummern, die vollständig der Reihe nach beim Auftraggeber eingegangen sind
5. der Auftragnehmer unterliegt den Weisungen des Auftraggebers hinsichtlich des Ortes, der Zeit und der genauen Tätigkeit
6. der Auftragnehmer hat keinen eigenen Materialeinsatz und daher kein wirtschaftliches Risiko, es werden lediglich unbedeutende Kleinwerkzeuge vom Auftragnehmer eingesetzt
7. der Auftragnehmer betreibt keine eigene Werbung/keine eigene Homepage/keine Werbetafeln an Haustür oder Hauswand/keine Zeitungsinserate/keine Werbung in den gelben Seiten o. ä.
8. der Auftraggeber stellt die Rechnungen für den Auftragnehmer. Das bedeutet, dass die Kalkulation nicht durch den Auftragnehmer erfolgt. Die Rechnungshöhe wird durch den Auftraggeber festgelegt. Hier werden vom Auftraggeber Zahlungen auch nur im eigenen Ermessen an den Auftragnehmer geleistet
9. der Auftragnehmer hat kein eigenes Vermögen angehäuft, woraus sich trotz jahrelanger Tätigkeit für den Auftraggeber ableitet, dass er keine Chance auf einen nennenswerten Betriebs-bzw. Vermögensgewinn hat
10. er auf den Arbeitsplänen/Schichtplänen des Arbeitgebers eingeteilt war
11. die Zeiterfassung über die erbrachten Stunden vom Arbeitgeber erfasst wurde, wie bei dessen anderen Arbeitnehmern auch.
an der Einstufung als abhängig Beschäftigter ändert auch nicht, dass der zu beurteilende Arbeitnehmer:
- keine einheitliche Arbeitskleidung vom Arbeitgeber (wie die übrigen anderen Angestellten des Arbeitgebers) gestellt bekommen hat
- kein Betriebsfahrzeug/Baustellenfahrzeug das Arbeitgebers gestellt bekommen hat und auch bei den Kolonnenfahrzeugen das Arbeitgebers nicht mitfährt
- er kein Handy vom Arbeitgeber wie die anderen Vorarbeiter gestellt bekommen hat
- keine Krankmeldungen im Berichtszeitraum dem Arbeitgeber vorgelegt hat (ob der geprüfte abhängig Beschäftigte überhaupt krank war, ist unklar)
- keine Urlaubsanträge im Prüfungszeitraum beim Arbeitgeber gestellt hat (anders als die übrigen Angestellten des Arbeitgebers)
- der Arbeitnehmer nicht vom Arbeitgeber bei der Deutschen Rentenversicherung bzw. bei seiner Krankenkasse angemeldet wurde
- der Arbeitnehmer eine eigene private Krankenversicherung hat
- der Arbeitnehmer freiwillig in einen privaten Rentensparplan (Rentenversicherung) einzahlt
- der Arbeitnehmer auch schon vor 2007 mit einem Kiosk bzw. vor 2005 mit einer Versicherungsagentur bzw. vor 2003 als Makler selbstständig war
- seine Ehefrau ihm unentgeltlich die Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis mit dem Hinweis auf § 13 b UStG schreibt
- der Arbeitnehmer darauf verweist, dass der auch schon als Makler bzw. Versicherungsagent nur von einer guten Mund-zu-Mund-Propaganda lebte und Werbung im keine messbaren zusätzlichen Aufträge brachte, weshalb er auch jetzt die teurer und letztendlich ineffektive Werbung unterlassen hat
- die Büroecke, in der seine Ehefrau die Rechnungen schreibt, keine eigene Betriebsstätte ist
- seine Ehefrau keine eigene Angestellte ist, nicht einmal eine geringfügig Beschäftigte
Das LSG Brandenburg bestätigte, dass mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nur zum Schein gegründet wird, faktisch aber die einzelnen Gesellschafter sich nicht von abhängig Beschäftigten unterscheiden, die sozialversicherungsrechtlichen Prüf- und Unterscheidungskriterien nicht umgangen oder ausgehebelt werden können. Diese Gesellschafter können als versicherungspflichtige Arbeitnehmer zu beurteilen sein, auch wenn sie als Gesellschafter auftreten, aber wie Beschäftigte eingesetzt werden (vergleiche LSG Brandenburg, Aktenzeichen L 24 KR 9/04). Nach der bisherigen Rechtsprechung würde es zudem gegen den Sinn und Zweck der Regelung verstoßen, wenn ein Ausländer, der ohne die entsprechende Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nicht ausüben darf, zusammen mit anderen etwa in Form einer GbR, dann doch als Gesellschafter diese ihm als Einzelperson untersagte Tätigkeit dann ausüben könnte. Dann wäre die GbR nur zur Aushebelung der Umgehung der Voraussetzungen der Arbeitserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis eingesetzt. Es liegt auf der Hand, dass diese Gesellschafter demselben Verbot unterliegen, wie die einzelnen Personen: mit einer Gründung einer Personengesellschaft können nicht die üblichen Voraussetzungen wie Aufenthaltserlaubnis, Arbeitserlaubnis, Sozialversicherungspflicht usw. umgangen werden, um dann im Rahmen dieser Gesellschaft gerade die den einzelnen Personen untersagte Tätigkeit dann doch in Form der GbR aufnehmen zu können (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Aktenzeichen 3 S 390/94).
Fragen hierzu? Dann rufen Sie an: 0611-890910: RA Dr. jur. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht, den Spezialisten im streitigen Steuerrecht, Steuerstrafrecht, Steuerstrafverfahren, Steuerfahndungen, bei Betriebsprüfungen, Zollstreitigkeiten, Zollfahndung, Selbstanzeigen und tax compliance.