Verantwortlichkeit bei Kassenmängel, Programmiermängel, Aufzeichnungsmängel, technischen Störungen
Frage eines Steuerberaters zu Aussetzern bei der Kassenaufzeichnung: Was ist, wenn die elektronische Kasse aufgrund technischer Mängel nicht richtig funktioniert? Wer ist dann Schuld daran ? Der Kassenhersteller oder der Programmierer, der das Kassensystem programmiert hat?
Anwort:
Grundsätzlich ist es so, dass der Steuerpflichtige für die Hilfsmittel, die er verwendet, selbst verantwortlich ist. Das gilt nicht nur für Geräte, sondern natürlich auch für Menschen, also etwa Angestellte oder den beauftragten Steuerberater: Die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der steuerlichen Erfassung liegt grundsätzlich stets beim Steuerpflichtigen. So jedenfalls die Auffassung der Finanzverwaltung. Man will hier die Steuerpflichtigen nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie sprechen jedoch völlig zu Recht hier im technischen Bereich Grenzbereiche der Kontrollierbarkeit an: Die Kasse ist ein PC. PC Abstürze oder merkwürdiges Programmverhalten, können die wenigsten Endnutzer erklären und verstehen.
Wenn Sie mit Word auf Ihrem PC schreiben und der PC stürzt ab, ist Ihr Text weg. Das ist ärgerlich. Wenn Sie keine Sicherungskopien haben, müssen Sie von vorne anfangen.
Verantwortlichkeit für das Vorhandensein von Kassendaten
Bei der Kasse ist das vom Prinzip ähnlich: Ob Sie nun einen Absturz verschuldet haben oder nicht: Wenn die Daten weg sind, sind Sie dafür verantwortlich, auch wenn Sie aus Ihrer subjektiven Sicht nichts dafür können. Aber Sie haben dieses Hilfsmittel eingeschaltet und wenn es nicht oder nicht richtig funktioniert, oder die Daten weg sind oder teilweise weg sind, sind Sie aus Sicht der Finanzverwaltung jedenfalls dafür verantwortlich. Bei dem von Ihnen eingeschalteten und beauftragten Steuerberater ist das übrigens ganz genauso: Wenn der nicht richtig funktioniert und etwa Fristen versäumt, etwa vergisst rechtzeitig einen Einspruch einzulegen, so trifft das auch Sie.
Sie müssen sich also vorher überlegen, welchen Steuerberater Sie beauftragen bzw. welches Kassensystem oder welche sonstigen Hilfsmittel oder welche Vorsysteme Sie verwenden. Sie sind dafür verantwortlich.
Lücken und Löschungen
Und wenn Sie keine oder keine vollständigen und deswegen keine vertrauenswürdigen Kassendaten mehr haben, was soll die Finanzverwaltung sonst machen außer schätzen? Wenn Sie also diese Löschungen nicht vorsätzlich verursacht haben, hat das Ganze nichts mit Steuerstrafrecht zu tun. Steuerlich sind Sie aber für die nicht vollständige Erfassung oder die lückenhafte Erfassung verantwortlich. Die Gefahr besteht allerdings, dass selbst Strafrichter Ihnen nicht glauben und Sie dann verurteilt werden für die Lücken, für die Sie nichts können und die Sie auch nicht kannten und nicht verursachten. Nicht jeder Kassenendnutzer ist zudem ein Techniker oder ein PC Freak, der sich mit der Programmierung oder der Kasse so gut auskennt, dass er stets verstehen kann, warum etwa ein PC abgestürzt oder welche Sachverhalte auf eine nicht vollständige Erfassung hindeuten.
Der Prüfer oder Fahnder, der später die Kasse analysiert, findet vielleicht Lücken, die vorher noch niemand gesehen hat, vielleicht auch noch nicht einmal dem Kassenaufsteller bewusst war, dass solche Programmabläufe zu Nichterfassungen oder Lücken führen können und diese zuvor auch nicht auf Ihrem PC wahrgenommen hat.
nicht jede Lücke ist gleich eine Manipulation
Letztendlich wird die Finanzverwaltung stets aus Auffälligkeiten auf Manipulationen und Hinterziehungen der Steuerpflichtigen schließen. Ob dies richtig ist, ist dann zu klären.
Möglicherweise sind auch einfach Fehleingaben oder Tastenbenutzungen in der Annahme, das ginge auch so, Ursache von Fehlern, die aber nichts mit einer Hinterziehung zu tun haben. Auch Stromausfälle, Funkstörungen, Stromschwankungen oder Fehlbedienungen könnten Ursachen von PC-Buchungsabbrüchen und daraus entstandenen Zähl-Lücken oder Aufzeichnungslücken sein. Solche Lücken müssen Sie dokumentieren – aber das geht natürlich nur, wenn Sie diese auch mitbekommen ….
Zweifel an der Vollständigkeit der Erlöserfassung bei Lücken
Letztendlich müssen doch auch Fehlbenutzungen spätestens am Abend auffallen, wenn die Kasse nicht stimmt, wenn also Kassen-Soll und Kassen-Ist voneinander abweichen. Andere Lücken, die nicht im Umsatz zu sehen sind, die aber dennoch nachweisbar sind, können gleichwohl auch Zweifel an der Vollständigkeit der Erlöserfassung bzw. der Seriosität der Kassenbenutzung beim Prüfer erwecken.
Manipulationen durch Mitarbeiter und Heuschrecken
Wieder eine andere Situation ist es, wenn Mitarbeiter den Inhaber betrügen und dem Inhaber das nicht auffällt. Aber auch hier wird die Finanzverwaltung Fehler dem Inhaber zunächst anlasten und nicht irgendwelchen Servicekräften.
Programmierungsfehler
Sollte die Kasse tatsächlich falsch programmiert sein, bleiben möglicherweise zivilrechtliche Ansprüche gegen den Kassenaufsteller. Dies bedeutet für den Steuerpflichtigen, er muss sich natürlich trotzdem gegen die falsche Verwerfung der Buchführung und Zuschätzung wären, da er den Schaden möglichst gering halten muss. Wenn sich aber dann etwa bei den Aufklärungsarbeiten und Analyse arbeiten im Rahmen der BP oder des Einspruchs-, oder Klageverfahrens durch ein Sachverständigengutachten ergibt, dass die fehlerhafte Speicherweise oder die Lücken durch eine falsche Programmierung des Kassenaufstellers ausschließlich verursacht wurden, kann der Steuerpflichtige hier gegebenenfalls die Kosten der Abwehr gegen die unberechtigten Verwerfungen der Betriebsprüfung durch das Finanzamt als Schadenersatz beim Kassenaufsteller geltend machen.
Gleiches gilt analog, wenn sich dann im Rechtsbehelfs oder Klageverfahren ergibt, dass die Kasse seitens des Kassenherstellers falsch programmiert war und zu den Beanstandungen der BP führte.
Finanzamt: Lücken = Zweifel, die Sie ausräumen müssen
Ansonsten macht es sich hier die Finanzverwaltung relativ einfach, die bei auffälligen oder unverständlichen Programmierungen und stets eine Hinterziehung des Kassenanwenders vermutet und ihm aufgibt, Unklarheiten und Zweifel zu klären. Die Finanzverwaltung verweist dabei nur allzu gerne den Grundsatz, dass Auffälligkeiten doch vom Kassennutzer als Verwender aufgeklärt werden müssen. Dagegenzuhalten ist, dass die Finanzverwaltung ein steuerliches Mehrergebnis beweisen muss und insbesondere sie für die verlängerten Festsetzungsverjährungsfristen oder auch für die Befugnis zur Verwerfung der Buchführung, für eine Haftungs- Inanspruchnahme oder für Zinsfestsetzungen nach § 235 AO oder die Durchbrechung des erhöhten Bestandsschutzes nach einer BP, § 173 Abs. 2 AO, kurz um für alle Tatbestände, die eine Hinterziehung oder eine leichtfertige Verkürzung voraussetzen, darlegungs- und beweisbelastet ist (Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. November 2006 VIII R 81/04; Urteil vom 12. Juli 2016, II R 42/14).
RA Dr. Jörg Burkhard, FA f Steuerrecht und Strafrecht, Wiesbaden, der Spezialist im streitigen Steuerrecht, Steuerstrafrecht, bei Betriebsprüfungen und Fahndungsprüfungen und Selbstanzeige … rufen Sie jetzt an: 0611-890910 in Frankfurt und Wiesbaden, in Rhein-Main und bundesweit