Verantwortlichkeit bei Kassenmängeln und technischen Aufzeichnungsstörungen
Frage eines Steuerberaters zu Aussetzern bei der Kassenaufzeichnung: Wer ist verantwortlich bei Kassenmängeln, Programmiermängeln, Aufzeichnungsmängeln, technischen Störungen? Es geht also um die Frage nach der Verantwortlichkeit bei Kassenmängeln und technischen Aufzeichnungsstörungen. Was ist, wenn die elektronische Kasse aufgrund technischer Mängel nicht richtig funktioniert? Wer ist dann Schuld daran ? Der Kassenhersteller oder der Programmierer, der das Kassensystem programmiert hat?
Antwort:
Grundsätzlich ist es so, dass der Steuerpflichtige für die Hilfsmittel, die er verwendet, selbst verantwortlich ist. Das gilt nicht nur für Geräte, sondern natürlich auch für Menschen, also etwa Angestellte oder den beauftragten Steuerberater. Die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der steuerlichen Erfassung liegt grundsätzlich und stets beim Steuerpflichtigen. So jedenfalls die Auffassung der Finanzverwaltung. Man will hier die Steuerpflichtigen nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie sprechen jedoch völlig zu Recht hier im technischen Bereich Grenzbereiche der Kontrollierbarkeit an. Die Kasse ist ein PC. PC-Abstürze oder merkwürdiges Programmverhalten, können die wenigsten Endnutzer erklären und verstehen. Sie bekommen Aussetzer zum Teil nicht mit. Oder wenn sie sie mitbekommen, fluchen sie über die Abstürze, ohne gleich an fehlende Speicherungen oder ähnliche Katastrophen zu denken.
dauernde Kontrolle der Datensicherung?
Und mal ehrlich: wer kontrolliert schon dauernd, ob die Datensicherung funktioniert und die ältesten Daten noch lesbar vorhanden sind? Müssen Sie aber, sagt die Finanzverwaltung. Hier die Rn 104 in den GoBD vom 14.11.14 bzw. 28.11.19:
„104 Werden die Daten, Datensätze, elektronischen Dokumente und elektronischen Unterlagen nicht ausreichend geschützt und können deswegen nicht mehr vorgelegt werden, so ist die Buchführung formell nicht mehr ordnungsmäßig.“
Internes Kontrollsystem
Wenn Sie mit Word auf Ihrem PC schreiben und der PC stürzt ab, ist Ihr Text weg. Das ist ärgerlich. Wenn Sie keine Sicherungskopien haben, müssen Sie von vorne anfangen. Also müssen Sie immer kontrollieren, dass die Speicherung funktioniert und die gespeicherten Daten jederzeit für die BP lesbar sind. Datenverluste darf es aus Sicht der Finanzverwaltung nicht geben. Notfalls müssen Sie Ihren IT-Spezialisten mit der permanenten Kotrolle der Speicherungsvorgänge und der Lesbarkeit der Atdaten beauftragen.
Verantwortlichkeit für das Vorhandensein von Kassendaten
Bei der Kasse ist das vom Prinzip ähnlich: Ob Sie nun einen Absturz verschuldet haben oder nicht: Wenn die Daten weg sind, sind Sie als Kassennutzer dafür verantwortlich. Auch wenn Sie aus Ihrer subjektiven Sicht nichts dafür können. Aber Sie haben dieses Hilfsmittel eingeschaltet und wenn es nicht oder nicht richtig funktioniert, oder die Daten weg sind oder teilweise weg sind, sind Sie aus Sicht der Finanzverwaltung jedenfalls dafür verantwortlich. Die Verantwortlichkeit bei Kassenmängeln und technischen Aufzeichnungsstörungen liegt beim Verwender. Und letztlich ist es der BP gleichgültig, warum die Daten nicht da sind. Es geht hier nicht um ein Verschulden. Auch wenn die Daten unverschuldet weg sind, macht das Finanzamt den Verwender verantwortlich.
Bei dem von Ihnen eingeschalteten und beauftragten Steuerberater ist das übrigens ganz genauso: Wenn der nicht richtig funktioniert und etwa Fristen versäumt, etwa vergisst rechtzeitig einen Einspruch einzulegen, so trifft das auch Sie.
Sie müssen sich also vorher überlegen, welchen Steuerberater Sie beauftragen bzw. welches Kassensystem oder welche sonstigen Hilfsmittel oder welche Vorsysteme Sie verwenden. Auch wie häufig Sie die Daten zur Sicherheit speichern, ist Ihr Problem. Sie tragen die Kosten und sind verantwortlich. Sie sind für die korrekte Aufzeichnung und die ordnungsgemäße Aufbewahrung und die spätere Lesbarkeit und Abspielbarkeit allein verantwortlich.
Lücken und Löschungen
Und wenn Sie keine oder keine vollständigen und deswegen keine vertrauenswürdigen Kassendaten mehr haben, was soll die Finanzverwaltung sonst machen außer schätzen? Wenn Sie also diese Löschungen nicht vorsätzlich verursacht haben, hat das Ganze nichts mit Steuerstrafrecht zu tun. Steuerlich sind Sie aber für die nicht vollständige Erfassung oder die lückenhafte Erfassung verantwortlich. Die aufgeworfene Frage nach der Verantwortlichkeit bei Kassenmängeln und technischen Aufzeichnungsstörungen ist damit steuerlich beantwortet: Sie sind als Nutzer der Kasse für die Aufzeichnung und die Speicherung und die Möglichkeit der späteren Lesbarkeit verantwortlich. Sonst niemand.
EuCaSoft
Selbst die systembedingten Sessionlücken bei der EuCaSoft-Kasse versucht die Finanzverwaltung in den Aufklärungs- und Verwantwortungsbereich der Steuerpflichtigen zu schieben.
Gefahr: Strafrichter könnte das Fehlen der Daten als vorsätzliche Löschung fehlinterpretieren
Die Gefahr besteht allerdings, dass selbst Strafrichter Ihnen nicht glauben und Sie dann verurteilt werden für die Lücken, für die Sie nichts können. Auch wenn Sie die Lücken oder die versehentliche Nichtaufzeichnung oder versehentliche Überspielung der Daten nicht kannten und auch nicht oder nicht bewusst verursachten. Nicht jeder Kassenendnutzer ist zudem ein Techniker oder ein PC Freak, der sich mit der Programmierung oder der Kasse so gut auskennt, dass er stets verstehen kann, warum etwa ein PC abgestürzt oder welche Sachverhalte auf eine nicht vollständige Erfassung hindeuten.
Der Prüfer oder Fahnder, der später die Kasse analysiert, findet vielleicht Lücken, die vorher noch niemand gesehen hat, vielleicht auch noch nicht einmal dem Kassenaufsteller bewusst war, dass solche Programmabläufe zu Nichterfassungen oder Lücken führen können und diese zuvor auch nicht auf Ihrem PC wahrgenommen hat.
Rn 105 in den GoBD: das versehentliche Überschreiben führt nicht zwangsläufig zur Verwerfung und Schätzung
Die Finanzverwaltung geht sogar in den GoBD in RN 105 vom 14.11.14 bzw. in der Version vom 28.11.19 davon aus, dass das fehlerhafte Überschreiten nicht gleich zu einer Vollschätzung führt. Wörtlich heißt es in Rn 105:
„105 Beispiel 6:
Unternehmer überschreibt unwiderruflich die Finanzbuchhaltungsdaten des Vorjahres
mit den Daten des laufenden Jahres.
Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sind vom jeweiligen Einzelfall abhängig.“
Das BMF meint dabei aber wohl nur die Buchführungsdaten, die aufgrund vorhandener Belege einfach noch einmal dann erneut gebucht werden kann. Sind die Kassendaten vollständig weg, wird sie vermutlich diesen Gedanken so nicht anwenden, weil da nichts mehr reproduzierbar ist.
nicht jede Lücke ist gleich eine Manipulation
Letztendlich wird die Finanzverwaltung stets aus Auffälligkeiten auf Manipulationen und Hinterziehungen der Steuerpflichtigen schließen. Ob dies richtig ist, ist dann zu klären.
Möglicherweise sind auch einfach Fehleingaben oder Tastenbenutzungen in der Annahme, das ginge auch so, Ursache von Fehlern, die aber nichts mit einer Hinterziehung zu tun haben. Auch Stromausfälle, Funkstörungen, Stromschwankungen oder Fehlbedienungen könnten Ursachen von PC-Buchungsabbrüchen und daraus entstandenen Zähl-Lücken oder Aufzeichnungslücken sein. Solche Lücken müssen Sie dokumentieren – aber das geht natürlich nur, wenn Sie diese auch mitbekommen ….
Zweifel an der Vollständigkeit der Erlöserfassung bei Lücken
Letztendlich müssen doch auch Fehlbenutzungen spätestens am Abend auffallen, wenn die Kasse nicht stimmt, wenn also Kassen-Soll und Kassen-Ist voneinander abweichen. Andere Lücken, die nicht im Umsatz zu sehen sind, die aber dennoch nachweisbar sind, können gleichwohl auch Zweifel an der Vollständigkeit der Erlöserfassung bzw. der Seriosität der Kassenbenutzung beim Prüfer erwecken.
Manipulationen durch Mitarbeiter und Heuschrecken
Wieder eine andere Situation ist es, wenn Mitarbeiter den Inhaber betrügen und dem Inhaber das nicht auffällt. Aber auch hier wird die Finanzverwaltung Fehler dem Inhaber zunächst anlasten und nicht irgendwelchen Servicekräften.
Programmierungsfehler
Sollte die Kasse tatsächlich falsch programmiert sein, bleiben möglicherweise zivilrechtliche Ansprüche gegen den Kassenaufsteller. Dies bedeutet für den Steuerpflichtigen, er muss sich natürlich trotzdem gegen die falsche Verwerfung der Buchführung und Zuschätzung wären, da er den Schaden möglichst gering halten muss. Wenn sich aber dann etwa bei den Aufklärungsarbeiten und Analyse arbeiten im Rahmen der BP oder des Einspruchs-, oder Klageverfahrens durch ein Sachverständigengutachten ergibt, dass die fehlerhafte Speicherweise oder die Lücken durch eine falsche Programmierung des Kassenaufstellers ausschließlich verursacht wurden, kann der Steuerpflichtige hier gegebenenfalls die Kosten der Abwehr gegen die unberechtigten Verwerfungen der Betriebsprüfung durch das Finanzamt als Schadenersatz beim Kassenaufsteller geltend machen.
Gleiches gilt analog, wenn sich dann im Rechtsbehelfs oder Klageverfahren ergibt, dass die Kasse seitens des Kassenherstellers falsch programmiert war und zu den Beanstandungen der BP führte.
Finanzamt: Lücken = Zweifel, die Sie ausräumen müssen
Ansonsten macht es sich hier die Finanzverwaltung relativ einfach, die bei auffälligen oder unverständlichen Programmierungen und stets eine Hinterziehung des Kassenanwenders vermutet und ihm aufgibt, Unklarheiten und Zweifel zu klären. Die Finanzverwaltung verweist dabei nur allzu gerne den Grundsatz, dass Auffälligkeiten doch vom Kassennutzer als Verwender aufgeklärt werden müssen. Dagegenzuhalten ist, dass die Finanzverwaltung ein steuerliches Mehrergebnis beweisen muss und insbesondere sie für die verlängerten Festsetzungsverjährungsfristen oder auch für die Befugnis zur Verwerfung der Buchführung, für eine Haftungs- Inanspruchnahme oder für Zinsfestsetzungen nach § 235 AO oder die Durchbrechung des erhöhten Bestandsschutzes nach einer BP, § 173 Abs. 2 AO, kurz um für alle Tatbestände, die eine Hinterziehung oder eine leichtfertige Verkürzung voraussetzen, darlegungs- und beweisbelastet ist (Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. November 2006 VIII R 81/04; Urteil vom 12. Juli 2016, II R 42/14).
Rechtsanwalt Dr. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht, Wiesbaden. Der Spezialist im streitigen Steuerrecht, Steuerstrafrecht. Bei Steuerfahndung und Zollfahndung. Der top Steueranwalt bei Betriebsprüfungen und Fahndungsprüfungen und Selbstanzeige. Rufen Sie jetzt an: Zentralnummer 0611-890910. Der top Steueranwalt Dr. Jörg Burkhard in Frankfurt und Wiesbaden. Der Spezialist Dr. Jörg Burkhard in Rhein-Main und bundesweit.