Vertretungszwang vor dem BFH

In Verfahren vor dem BFH besteht Vertretungszwang, d. h. Alle Anträge und Schriftsätze müssen dort von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder Steuerberater gemäß § 62 Abs. 4 FGO unterschrieben sein. Eine spezielle BFH-Zulassung gibt es nicht. Jeder Anwalt und jeder Steuerberater ist also vor dem BFH zugelassen. Schriftsätze von Privatpersonen sind damit vor dem BFH unzulässig. Legt also ein Steuerpflichtiger, der sich vor dem Finanzgericht nicht hat vertreten lassen oder danach nicht mehr vertreten wird nun selbst gegen das aus seiner Sicht für falsch befundene Urteil des Finanzgerichts nunmehr Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision ein, wenn die Revision zugelassen ist, ist aber sein Schreiben damit unzulässig und wenn danach die Frist abgelaufen ist, zwar durch sein Schreiben die entsprechende Gebühr entstanden, aber sein Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

§ 62 Abs. 4 Satz 1 und 2 FGO lautet insoweit wie folgt wörtlich:

㤠62 FGO (auszugsweise):

(4) 1Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. 2Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird.“

Ist die Revision zum durch das Finanzgericht zugelassen worden, so steht dies ausdrücklich positiv in dem Tenor das finanzgerichtlichen Urteils. Schweigt sich das Finanzgericht zu der Zulassung zur Revision aus ist damit die Revision nicht zugelassen worden. Die Revision muss also ausdrücklich positiv zugelassen werden. Verschiedentlich verneint auch das Finanzgericht ausdrücklich die Zulassung, womit die Sach- und Rechtslage auch klar ist. In all diesen Fällen muss die Zulassung zur Revision mit der Beschwerde über die Nichtzulassung erstritten werden. Dies ist also dann die Nichtzulassungsbeschwerde.

Ist die Revision positiv von Finanzgericht zugelassen, muss sie ausdrücklich dann eingelegt werden.

Für beide Varianten, also für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und deren Begründung wie die Einlegung der Revision und deren Begründung besteht also Vertretungszwang: Sie brauchen hierfür einen Rechtsanwalt oder Steuerberater, der hier die Schriftsätze an den BFH unterschreibt. Sinnvollerweise suchen Sie sich also dann rechtzeitig schon vielleicht während des finanzgerichtlichen Verfahrens einen Spezialisten, der auch schon in dem finanzgerichtlichen Verfahren dafür sorgt, dass die entsprechenden Anträge unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten gestellt werden. Hier gilt letztendlich nichts anderes als in der Steuer Strafverteidigung: wer in der Instanz nicht unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten verteidigt, braucht sich hinterher nicht zu wundern, wenn der Revisionsrechtler keine Ansatzpunkte findet.

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Bindungswirkung von Urteilen und insbesondere BFH-Urteilen

Die rechtskräftigen Urteile binden immer nur die Beteiligten. Beteiligte sind nach § 57 FGO insbesondere Kläger und Beklagter.

§ 57 FGO lautet wie folgt wörtlich:

„§ 57 FGO

Beteiligte am Verfahren sind

  1. der Kläger,
  2. der Beklagte,
  3. der Beigeladene,
  4. die Behörde, die dem Verfahren beigetreten ist (§ 122 Abs. 2).“

Soweit es Beigeladene oder Beigetretene gibt, wirkt das Urteil auch für und gegen sie. Für alle anderen wirkt das Urteil nicht unmittelbar. Gerade bei BFH Urteilen ist das wichtig: kein Dritter kann sich auf die Wirkung dieses BFH Urteils in seinem Verfahren berufen. Aber der BFH als höchstes deutsches Gericht in Steuersachen natürlich mit seinen Urteilen ein gewisses Gewicht, da bei gleichbleibender Gesetzeslage trotz immer wieder vorkommender Richterwechsel  er natürlich an einer einheitlichen und stringenten gleich bleibenden Rechtsprechung interessiert ist. Allerdings kommen immer wieder Auslegungsänderungen, Interpretationsänderungen und neue Erkenntnisse hinzu, so dass natürlich auch der BFH genauer gesagt die einzelnen Senate oder auch der große Senat seiner Meinung ändern können.

Das ist letztendlich richtig und wichtig, weil natürlich trotz aller Bestrebungen, beständig und einheitlich und damit verlässlich zu urteilen, neue Erkenntnisse und veränderte Verständnis durch einen sich ändernden Zeitgeist und eine sich stetig ändernde Rechtskultur natürlich auch zu veränderten Verständnis und Auslegungen führen. Nichts ist statisch. Nichts ist fest zementiert. Die Richtigkeit der Erkenntnis und eine insoweit angepasste, moderne Rechtsprechung, die mit der Zeit geht, ist natürlich wichtiger und erfreulicher als das alte ursprüngliche um jeden Preis zu bewahren. Daher werden häufig BFH-Urteile zitiert. Damit meint man, dass der BFH – auch mit neuen Richterbesetzungen- verlässlich und gleichbleibend immer entscheiden wird. Stimmt und stimmt nicht. Es gibt zahllose Belege für Meinungsänderungen des BFH – so dass das Berufen auf die bisherige Rechtsprechung so eine Sache ist: häufig bleibt die Rechtsprechung gleich-manchmal ändert sie sich. Es ist letztlich erfreulich zu sehen, dass nichts statisch ist und aus Prinzip nicht an alten Zöpfen festgehalten wird, sondern dass neue Argumente und neue Auslegungen, der Zeitgeist und neue Ideen und neue Aufsätze und Meinungen inhaliert werden und überzeugen können. So verständlich das Bestreben nach Kontinuität ist, so unsinnig ist die Haltung „das haben wir schon immer so gemacht“, „da könnte ja jeder kommen“ und „wo kommen wir denn da hin…“ … Meinungsfreiheit und Zuhören und sich auch überzeugen lassen sind Stärken – nicht Schwächen.

So gesehen sind die Hinweise auf die bisherige Rechtsprechung berechtigt (wenn man an die Kontinuität und die Richtigkeit der Entscheidung glaubt) und so hilflos sind Verweise auf die bisherige Rechtsprechung, wenn sie nicht oder nicht so richtig passt und die Entscheidung heute so nicht mehr zu treffen wäre und man glaubt, dass eigentlich was anderes richtig wäre. So wie einerseits gerne auf die gefestigte Rechtsprechung verwiesen wird, so  unerheblich sind solche Betonungen von gefestigter Rechtsprechung, weil auch 10 oder 50 Entscheidungen aus der Vergangenheit kein sicherer Beleg dafür sind, dass sie richtig waren und oder auch heute noch richtig sind. Den faulen Abschreiber, der gerne aus der gefestigten Rechtsprechung von gestern abschreibt, mag das entsetzen. Doch die Juristerei ist eine Geisteswissenschaft und keine Geschichtsforschung. Was also gestern entschieden war, ist historisch und vielleicht richtig, vielleicht falsch – das Spannende ist doch wie heute der vorliegende konkrete Fall zu entscheiden ist.

Bei FG-Urteilen ist natürlich noch viel weniger eine Bindungswirkung vorhanden. Insoweit ist es interessant natürlich zu sehen, ob es vielleicht passende FG- oder BFH-Entscheidungen gibt … es ist ein Indiz, vielleicht auch mehr als ein Indiz. Trotzdem stehen die Argumentationsketten im Vordergrund.