Allein die Anmeldung eines Gewerbes bei einem Arbeitnehmer ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unerheblich. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht dadurch befreien, dass er die Selbständigkeit dem Arbeitnehmer schmackhaft macht, ihn entlässt und der Arbeitnehmer ein Gewerbe anmeldet und im Prinzip genauso arbeitet wie zuvor.
Indizien für die Beurteilung seiner Selbständigkeit sind nicht nur die Veränderungen gegenüber seiner vormaligen Stellung, sein Verdienst, seine Abrechnungsmodalitäten, seine unabhängige freie Zeiteinteilung, die Eingebundenheit im Betrieb, andere Auftraggeber, die Einbindung im betriebsinternen Telefonverzeichnis, der Erhalt betrieblicher Kleidung, interne Post- und Emailverteilungen an den vermeintlichen Externen, Zugriffsmöglichkeiten des angeblich Externen auf Betriebsmittel (Sicherheitsschuhe, Handschuhe, Werkzeug, Material, Handys, Fahrzeuge) und die Einbeziehungen zu internen Sitzungen und Betriebsveranstaltungen bis hin zu Weihnachtsfeiern etc.
Weisungsgebundenheit liegt vor, wenn einem Beschäftigten (je nach Vorbildung und Ausbildungsstufe) der Rahmen vorgegeben wird.
Während Weisungsgebundenheit vorliegt, wenn einem Beschäftigten der zeitliche und/ oder örtliche Rahmen, die Art der Arbeitsleistung oder die persönliche Leistungserbringung vorgegeben wird, kann von der Eingliederung eines Beschäftigten in einen Betrieb ausgegangen werden, wenn er die Arbeitsleistung in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbringt, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und/ oder Arbeitnehmern eingebunden ist und/oder betriebliche Einrichtungen bzw. Arbeitsmittel der Firma genutzt werden.
Hier muss man natürlich vorsichtig abgrenzen: bei einzelnen Projekten ist ein zeitliches Zusammenwirken und ein örtliches Zusammentreffen verschiedener Unternehmer unerlässlich: Architekt, selbständiger Bauleiter, und 3 Baufimeninhaber kommen zu einer Baustellenbesprechung zusammen und die Abfolge der Gewerke und die Beseitigung von Problemen und die Bestimmung von Arbeitsabläufen werden jeweils montags um 8 Uhr über mehrere Stunden besprochen. Das wiederholt sich über mehrere Wochen immer im selben Baucontainer.
Hier sind Ort und Art der Tätigkeit durch den Bauherrn bzw. Generalunternehmer vorgegeben. Alle erscheinen pflichtgemäß und sind insoweit örtlich und zeitlich eingegliedert, dass sie zu der Uhrzeit (montags, 8 Uhr) an diesem Ort (Baustellencontainer) sein müssen und sie sind auch weisungsgebunden, da ansonsten ihnen Nachteile bis hin zu Kündigungen drohen.
Sie sind dennoch selbständig, da sie letztlich auf eigenes wirtschaftliches Risiko handeln – die zeitlich und örtliche Gebundenheit und die Einbindung in bestimmte Betriebsabläufe genügt hier also nicht für die Annahme, dass die Besprechungsteilnehmer angestellt wären. Eine gewisse Einbindung ist immer bei örtlichen und zeitlichen und sachlichen Vorgaben gegeben, ohne dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt: so in der Schule für die Schüler, bei Vereinssport zu den Trainings- oder Wettkampfzeiten, in der Uni für die Studenten für die Vorlesungen, Übungen, Klausuren, etc., für Fremdarbeiter zueiner bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort, etwa der Schlungsbauer und Eisenflechter und anschließend der Betonierer und der Lkw-Fahrer, der den Tranpsotbeton bringt, ohne dass alle bei derselben Firma angestellt sein müssten oder alle gar Arbeitnehmer des Bauherren oder Generalübernehmers wären …
Kennzeichnend für ein eigenes unternehmerisches Auftreten am Markt hingegen ist die unternehmerische Entscheidungsfreiheit und die damit einhergehenden Chancen am freien Markt wahrnehmen zu können dabei aber zugleich das Unternehmensrisiko des finanziellen Verlustes in Kauf nehmen zu müssen.
Die Freiheit einen Auftrag annehmen zu können und die Chance mehrere andere Aufträge gleichzeitig annehmen zu können, Mitarbeiter einstellen zu können oder eingestellt zu haben und entlassen zu können, sind signifikante Elemente für einen Selbständigen. Auch eigene Werbung, im Internet, per Visitenkarte, Annoncen, Flyer, Werbeschilder am Büro und Briefkasten, auf dem Auto etc. kennzeichnen den Selbständigen.
Dabei müssen diese Kritieren nicht allesamt gleichermaßen vorliegen und nicht jeder vermarktet sich selbst gleich gut und gleich aktiv … aber es sind doch alles Kriterien, Indizien …
Gleichbleibende Rechnungshöhen jeweils zum Monatsende und nur 12 oder 13 Rechnungen – für jeden Monat eine und dann das 13. Monategehalt, könnten für ein Anstellungsverhältnis sprechen.
Man muss sich aber auch von Klischees freimachen: natürlich kann sich die Sekretärin auch selbständig machen. Einmal Sekretärin heißt nicht immer Sekretärin. Natürlich kann sie ein Schreibbüro aufmachen und selbstständig Schreibdienste anbieten. Genauso kann die Buchführungsangestellte bzw. Steuerfachangestellte sich selbständig machen und ein Buchführungsbüro öffnen.
In diesem Sinne gibt es keine klassischen Anstellungsberufe wie auch umgekehrt bestimmte Ausbildungsstufen nicht stets für eine freiberufliche, selbstständige Tätigkeit sprechen: der Angestellte Anwalt, der angestellte Steuerberater, der angestellte Ingenieur oder der angestellte Wirtschaftsprüfer sind genauso möglich wie diese Berufe selbständig auszuüben.
Zum 1.4.2017 wird die durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze (BT-Drs. 18/9232) am 21.10.2016 durch den Deutschen Bundestag beschlossene Änderung der Rechtslage in Kraft treten. Danach wird es in § 611a Abs. 1 BGB n.F. erstmals eine gesetzliche Definition des Arbeitnehmerbegriffes geben. Arbeitnehmer ist hiernach künftig, wer „auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist“.