Abdeckrechnungen, Barzahlungen, Überweisungen und kick back

Typisch für die Bau- und Reinigungsbranche sind derzeit Vorwürfe, Scheinrechnungen (=Abdeckrechnungen) wären eingekauft worden und von dem so freigewordenen Geld wären Mitarbeiter schwarz oder teilweise schwarz entlohnt worden.

Häufig sind die Ermittlungen oberflächlich und beinhalten lediglich die Feststellung, dass die Fremdleistungsfirmen entweder nicht mehr am Markt auffindbar sind oder selbst ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die dort verantwortlichen Geschäftsführer bzw. Unternehmer läuft. Dann werden in der Betriebsprüfung bzw. Fahndungsprüfung einfach die Eingangsrechnungen der Fremdleister addiert und der Betriebsausgabenabzug bzw. der Vorsteuerabzug versagt.

Denn aus einer Scheinrechnung ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht zulässig. Bei einer Scheinrechnung ist die Leistungserbringung nicht erfolgt, sodass Betriebsausgaben und Vorsteuer aus dieser Scheinrechnung nicht anerkannt werden. Der Unternehmer trägt die Beweislast, dass die Leistung erbracht wurde und der Rechnungsaussteller existent ist und die Leistung erbracht hat.

Aber woher weiß man nun eigentlich, was eine Scheinrechnung ist? Das steht doch nicht drauf!

Der Beweis der Leistungserbringung ist normalerweise mit der Original-Eingangsrechnung und der Bezahlung derselben erbracht. Das ist ein Indizienbeweis, der aber erschüttert werden kann. Da es nicht erforderlich ist, schriftliche Verträge oder umfangreiche Korrespondenz zu Vertragsausführungen zu fertigen, genügt zwischen fremden Dritten in der Regel ein mündlicher Vertrag, die tatsächliche Vertragserfüllung und die ordnungsgemäße Abrechnung hierüber.

Wenn dann auch noch die Rechnung bezahlt ist, und eine Quittung oder eine Banküberweisung vorhanden sind, die die Zahlung nachweist, ist der Vorsteuerabzug berechtigt vorgenommen, unterstellt, dass die Eingangsrechnungen eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 4 UStG ist. Das alles soll aber erschüttert werden, bloß weil ein Ermittlungsverfahren mittlerweile gegen den damaligen Rechnungsaussteller läuft, was zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung und der Bezahlung vielleicht noch gar nicht bekannt war.

Auch dass der Fremdleister einige Jahre später vielleicht in Insolvenz fiel oder seinen Betrieb aufgab, wegzog umbenannte oder den Betrieb veräußerte oder der Inhaber verstarb, war natürlich im Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht erkennbar und nicht vorhersehbar. Gleichwohl sehen FKS (Finanzkontrolle Schwarzarbeit ) und Steuerfahndung sowie Betriebsprüfung in dem Umstand, dass Ermittlungsverfahren gegen die betreffenden Verantwortlichen der Unternehmen geführt werden oder dass diese nicht mehr am Markt sind, so erhebliche Indizien, dass die bis dahin bestehende Beweislage angeblich erschüttert sein soll.

Dem ist natürlich nicht zu folgen. Unternehmen können geschlossen werden, Unternehmer können sterben oder Ihr Unternehmen veräußern oder in Insolvenz fallen.

Jährlich werden ca. 150.000 Unternehmen geschlossen. Ca. 130.000 Unternehmen kommen jährlich neu auf den Markt. Wir haben also eine leicht sinkende Anzahl der Unternehmen … bei 8 Millionen Unternehmen in der Bundesrepublik ein jährlicher Rückgang von ca. 0,25 % … so ist der Trend jedenfalls in den letzten 10 Jahren (seit 2008).

Wichtig ist aber in diesem Zusammenhang hinsichtlich verschwundener Unternehmen die Normalität dieses Verschwindens, dieses gigantischen Umwälzungsprozesses aufzuzeigen.

Dass ein Unternehmen heute nicht mehr existiert, ist also etwas Normales und nichts, was gegen den Unternehmer spricht, der die Eingangsrechnung von diesem Unternehmen damals zum Vorsteuerabzug und Betriebsausgabenabzug verwandte.

Der Rechnungsempfänger hat doch nicht dafür einzustehen, dass der Rechnungsaussteller auch die nächsten Jahre hin noch besteht oder seinerseits steuerlich seine Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Eine solche Haftung in der Leistungskette wäre fatal … und steht jedenfalls derzeit noch nicht im Gesetz.

Es ist also eine riesige Fluktuation von Unternehmen und letztendlich ist nicht jeder zum Unternehmer geboren und nicht jeder wirtschaftet vernünftig und nicht jeder hat das notwendige Glück, mit richtigen Mitarbeitern und wichtigen ertragsstarken Aufträgen erfolgreich zu wirtschaften.

Macht man sich einmal klar, dass wir ca. 8 Millionen Betriebe in der Bundesrepublik haben und 150.000 Betriebe jährlich vom Markt verschwinden, und fast gleich viel (mit etwas rückläufiger Tendenz in den letzten 10 Jahren (2007-2017), findet also eine Umwälzung alle Betriebe statistisch gesehen komplett in 20-30 Jahren statt.

Anders formuliert: alle Unternehmen, die heute am Markt sind, sind statistisch gesehen in 30 Jahren nicht mehr am Markt. Eine komplette Umwälzung aller Unternehmen in 30 Jahren. Das klingt unglaublich. Und das sind natürlich nicht alles Insolvenzen, sondern teilweise werden Unternehmen verschmolzen, teilweise liquidiert, teilweise verkauft.

Vor diesem Hintergrund ist es schon bemerkenswert, dass die Steuerfahndung oder die FKS (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) aus dem Verschwinden von irgendwelchen Unternehmern versucht ein Argument dergestalt hervorzuzaubern, dass dies eine Scheinrechnungserstellerin gewesen sein muss, die nun abgetaucht ist.

Dass eine Firma heute nicht mehr existiert,  ist alles andere als ein nachvollziehbares Argument dafür, dass das eine Scheinrechnungsausstellerin gewesen sein soll und weder schlüssig noch entspricht das den Realitäten.

Kennen Sie noch die Dresdner Bank AG?  Wer hätte geglaubt, dass die in der Commerzbank AG letztendlich aufgeht? Und heute die eine oder andere Bank nicht mehr. Heute sprechen Deutsche Bank AG und Commerzbank AG über Fusionen und möglicherweise gibt es dann in ein paar Jahren, die eine oder andere AG nicht mehr?

Kennen Sie noch NSU oder Horch oder DKW? Oder Bremer Vulkan? Oder die Firma Philipp Holzmann AG?

Dann gab es auch mal IG Farben…. Tausende von Unternehmen verschwinden vom Markt. Ob Groß ob Klein. Woolworth gab es auch einmal. Walmart auch. Walmart gibt es in den USA zwar immer noch – der Lebensmittelriese hat sich jedoch komplett aus Europa zurückgezogen.

Oder erinnern Sie sich noch an Horten, an Praktiker, Borgward, Saba, Telefunken oder Commodore?

Und dann gibt es Unternehmen, die haben es offenbar wieder geschafft: Junghans, Märklin, Maybach, Opel … oder sind das nur vorübergehende Verhinderungen der sowieso irgendwann kommenden Pleiten, Fusionen und Umwälzungen?

Und warum ist eigentlich LVMH entstanden? Aus Angst vor feindlichen Übernahmen …!

Kurzum: es ist völlig normal, dass Unternehmen aufgeben, verkauft werden, fusionieren, Standorte aufgeben in Insolvenz fallen oder liquidiert werden.

Erinnern Sie sich daran, das früher einmal in fast jedem Ort eine Bankfiliale war? Tausende von Bankfilialen sind längst geschlossen worden. Sind die ganzen verschwundenen Unternehmen nun deswegen alles Scheinunternehmen? Nur, weil sie heute nicht mehr am Markt sind? Sicher nicht! Aus dem Umstand, dass also ein Unternehmen nicht mehr unter der angegebenen Adresse aufzufinden ist und auch sonst nicht mehr existiert, ist also rein gar nichts zu schließen. Schließungen, Fusionen, Insolvenzen, Liquidationen sind normal.

Es ist ein riesiger Umwälzungsprozess. Erst recht ist also das Verschwinden einer Firma vom Markt kein Beweis dafür, dass dies eine Scheinrechnungsausstellerin war.

Bild Betriebsprüfung drburkhard

Auch der Umstand, dass gegen den Geschäftsführer oder den Inhaber eines Unternehmens, von dem die Eingangsrechnungen stammen,  ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren läuft, besagt natürlich gar nichts hinsichtlich der Frage, ob die Eingangsrechnung eine Scheinrechnung ist.

Erst einmal spricht die Unschuldsvermutung für ihn und sodann kann er selbst eine Steuerhinterziehung begangen haben, ohne dass er Scheinrechnungen erstellt hat und selbst wenn er Scheinrechnungen erstellt hätte, ist damit noch lange nicht bewiesen, dass die fraglichen Eingangsrechnungen bei dem Berichtsunternehmen auch Scheinrechnungen sind.

So kann der andere natürlich auch Scheinrechnungen an z.B. A, B und C verkauft haben aber auch echte Leistungen und korrekte Rechnungen an D, E und F gesandt haben. Und er kann echte leistungsunterlegte Rechnungen an A gestellt und zusätzlich Scheinrechnungen an A verkauft haben.

Was also sagt die Arbeitsthese, die Rechnungen 4, 7, 9 und 56 seien Scheinrechnungen an A, wenn wir das Berichtsunternehmen F vor uns haben, das ebenfalls Eingangsrechnungen von dieser Firma hat? Häufig sprechen die behaupteten Steuerhinterziehungen der dortigen Unternehmer dafür, dass riesige Umsätze gefahren wurden.

Mit welchem logischen Argument lässt sich darlegen, dass die vorliegende Eingangsrechnung eine Scheinrechnung ist? Wodurch ist also nun der Vollbeweis der ordnungsgemäßen Leistungserbringung und der ordnungsgemäßen Abrechnung wie zwischen fremden Dritten üblich erschüttert, wenn eine Eingangsrechnung vorliegt und diese bezahlt wurde, was durch Quittungen oder Banküberweisung nachgewiesen ist?

Wenn der Rechnungsaussteller ausschließlich Scheinrechnungen erstellt hätte, dann könnte die maßgebende Eingangsrechnung wohl keine echte, leistungsunterlegte Rechnung sein. Aber ist das ggf. nur eine Schutzbehauptung des Rechnungsausstellers, da damit seine eigene Bestrafung günstiger wird, wenn er nur Scheinrechnungen erstellt und damit nur 10 % der Rechnungssummen statt die vollen Beträge erhalten hat.

Solange der Rechnungsaussteller also auch leistungsunterlegte Rechnungen geschrieben hat, ist fraglich, was Scheinrechnung und was echte leistungsunterlegte Rechnung ist. Erst einmal spricht bei möglicher Leistungserbringung (eigene Mitarbeiter, Leiharbeiter, Subunternehmer) und ordnungsgemäßer Rechnung im Sinn des § 14 Abs. 4 UStG und nachgewiesene Bezahlung (bar oder per Überweisung) für die echte Leistungserbringung (Anscheinsbeweis) durch den Rechnungsaussteller. Dieser Beweis des ersten Anscheins wird auch nicht dadurch erschüttert, dass E-Mails, Korrespondenz, Stundennachweise, Aufmaße, Mängelrügen, Kürzungen etc. fehlen.

Der Beweis des ersten Anscheins wird auch nicht durch eine nur kurze knappe Leistungsbeschreibung in der Rechnung oder eine pauschale Abrechnung erschüttert und auch nicht dadurch, ob die Rechnung nun gefaltet ist oder kurz nach Eingang (möglicherweise tagesgleich in bar, quittiert auf der Rechnung) ungekürzt bezahlt wurde.

Die Erschütterung des Anscheinsbeweises einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung erfordert mehr, als bloße Zweifel und ein bloßes Infrage-stellen des FKS-Mitarbeiters (Steuerfahnders) Jahre danach im Rahmen einer Fahndungsprüfung.

Auch sonstige Beanstandungen beim Rechnungsaussteller, wie unregelmäßige Anmeldungen, geringe Lohnsummen, eine fehlende Einwohner-melderechtliche Anmeldung an der Privatwohnung des Inhabers bzw. Geschäftsführers der Firma erlauben keinen logisch nachvollziehbaren Rückschluss auf die Frage, ob die fragliche Rechnung nun leistungsunterlegt ist oder nicht.

Auch wenn der Rechnungsaussteller seinen steuerlichen Pflichten nachkam oder nicht, lässt dies natürlich keinen Rückschluss darauf zu, ob die Rechnung bzw. die darin behauptete Leistungserbringung echt ist oder nicht. Selbst wenn die Lohnsummen vermuten lassen, dass er mit diesen angemeldeten Leistungen die Arbeitszeiten der fakturierten Rechnungen nicht erbracht haben kann, könnte er Arbeiter schwarz bezahlt haben oder Leiharbeiter gehabt oder Subunternehmer beschäftigt haben zur Leistungserbringung der fraglichen zu prüfenden Eingangsrechnung.

Erst dann, wenn dieser Anscheinsbeweis aus der Rechnung und deren Bezahlung erfolgreich erschüttert wäre, würde sich die Beweislast drehen und der Unternehmer (Rechnungsempfänger) müsste die Leistungserbringung durch den Rechnungssteller beweisen. Duch bloßes Bestreiten durch die FKS oder die Steufa lässt sich aber der Beweis nicht ernsthaft erschüttern …

Wann könnte die Erschütterung gelingen? Wenn man sich z.B. alle Konten und  die Kasse des Rechnungsausstellers anschaut, dort keine Löhne und keine Fremdleistungen bezahlt sind, wenn keine Versicherungen (Pkw- und Haftpflichtversicherung) und sonstige typischen Kosten bezahlt wurden, die für ein solches echtes, wirtschaftlich existentes Unternehmen gezahlt werden müssten, kurzum, wenn die Kosten, die bei einem echten Betrieb zwangsläufig anfallen, nicht bezahlt wurden, spricht dies dafür, dass das Unternehmen nicht wirtschaftlich existent war. Dann stellt sich zwar gleich die Frage, ob alle Konten durchleuchtet wurden, allerdings wird dann über eine BAFIN-Abfrage dies zu klären sein.

Dann bliebe nur eine denkbare Lücke: Es könnte weitere Konten geben, die etwa auf andere (Ehefrau, Kinder) liefen, über die die Kosten und ggf. weitere Umsätze geflossen wären, man also doch nicht alle Konten der Firma hätte … Kurzum: ein echtes, wirtschaftlich existentes Unternehmen hinterlässt für seine echten Aktivitäten zwangsläufig Spuren … wenn die nirgends da sind, scheint das kein echtes Unternehmen zu sein.

Wenn man dazu den Inhaber befragt und der auch nicht weiß, wie er die zwangsläufigen Kosten bezahlt hat, scheint das Unternehmen nur auf dem Papier existent gewesen zu sein. Dabei muss man natürlich aufpassen, dass man die Anforderungen an die zwangsläufigen Kosten nicht übertreibt: nicht jedes Unternehmen muss im Telefonbuch eingetragen sein, Werbung schalten, eine Homepage haben oder einen Palast als Bürogebäude.

Es liegt durchaus in der unternehmerischen Freiheit – in den Chancen und Risiken – die Verwaltungskosten gering zu halten und minimalistisch den Betrieb vom Wohnzimmer, von einer Büroecke aus in einem Hochhaus oder Wohnblock als Geschäftssitz zu betreiben.

Häufig lässt sich bei genaueren Analysen noch sehr genau der Geschäftsführer oder Unternehmer ermitteln, durch Befragung seiner Mitarbeiter auch genau die Leistungserbringung dokumentieren. Die mit solchen Themen konfrontierten Firmeninhaber sind gut beraten, möglichst frühzeitig umfangreiche Beweismittel über die tatsächliche Leistungserbringung sich zu beschaffen und Beweise zu sichern … je mehr Zeit verstreicht, um so schwieriger wird das: Leute ziehen weg, Zeugen versterben oder können sich nicht mehr erinnern … oder heiraten und nehmen einen anderen Namen an … usw.

Regelmäßige Prüfungen durch die DRV (Deutsche Rentenversicherung)

Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, den Einzugsstellen jegliche Beschäftigungsverhältnisse für die Sozialversicherung zu melden und für Ihre Arbeitnehmer den gesamten Versicherungsbeitrag abzuführen. Hierzu muss sich der Arbeitgeber zunächst darüber im Klaren sein, welchen Status die von seinen Beschäftigten verrichtete Tätigkeit hat.

Eine noch bestehende Eingliederung des scheinbar Selbständigen sprechen.

Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist es die Aufgabe der Rentenversicherungsträger, Betriebsprüfungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung durchzuführen.

Diese Prüfungen sollen dem Gesetzt nach alle vier Jahre erfolgen und umfassen mitunter die vom Arbeitgeber durchgeführten versicherungsrechtlichen Beurteilungen der eingegangenen Arbeitsverhältnisse im Hinblick auf Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit. Zudem die in diesem Kontext abgegebenen Meldungen zur Sozialversicherung nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEUV) sowie die Richtigkeit der abgeführten Beitragszahlungen.

§ 28 p SGB IV lautet wie folgt wörtlich:

§ 28p SGB IV

Prüfung bei den Arbeitgebern

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt.

Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält.

Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

  (1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

  1. mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
  2. mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
  3. bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
    Bei Arbeitgebern, die eine Betriebsstruktur mit Haupt- und Unterbetrieben mit jeweils eigener Betriebsnummer aufweisen, wird der Arbeitgeber insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

  (1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe.

Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

  (1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(weggefallen)

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

  (6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 gilt § 147 Absatz 6 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass der Rentenversicherungsträger eine Übermittlung der Daten im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber verlangen kann. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt eine Datei, in der der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in dieser Datei gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten und nutzen. In die Datei ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern eine Datei, in der neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unfallversicherungsmitgliedsnummer des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten der Datei nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern verarbeiten und nutzen; die Daten der Stammsatzdatei darf sie auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches verarbeiten und nutzen. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

  1. die in den Dateien nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
  2. die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
  3. die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
  4. die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
  5. die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

  1. den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
  2. die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
  3. den Inhalt der Datei nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieser Datei sowie über den Umfang der Daten aus der Datei nach Absatz 8 Satz 1, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.“