„richtige“ Lohnkostenquote

Manchmal versucht die FKS (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) eine angebliche Hinterziehung mit einer Lohnkostenquote nachzuweisen. Damit sollen die Lohnkosten ins Verhältnis zum Bruttoumsatz oder zum Nettoumsatz gesetzt werden und die sich daraus errechnende Quote ein verlässlicher Parameter sein, ob in dem Betrieb hinterzogen wird bzw. Löhne schwarz bezahlt werden oder nicht. Dieser Gedanke basiert auf der Idee, Durchschnittswerte für eine zutreffende Lohnkostenquote zu ermitteln.

Und diese Durchschnittswerte sollen dann verbindlich sein – Abweichungen den Hinterzieher entlarven…. Und wenn die Lohnquote in dem konkreten Betrieb nicht passt,
muss entweder schwarz Lohn gezahlt worden sein, nämlich wenn die Lohnquote zu niedrig ist und umgekehrt, oder wenn sie zu hoch ist, müssen also Umsätze verkürzt worden sein.

Diese durchschnittliche Lohnkostenquote einer Branche lässt sich natürlich aus einer Anzahl von Stichproben errechnen. Dieser Mittelwert der Lohnkostenquote lässt sich genauso wie jeder andere Durchschnittswert oder jede andere Relation errechnen, genauso wie sich aus der Gesamtheit aller Betriebe branchenunabhängig ebenfalls ein Mittelwert der Lohnkostenquote errechnen lässt.

Solche Parameter lassen sich nicht nur hinsichtlich der Lohnkostenquote errechnen, sondern natürlich auch aus allen anderen Relationen: Miete zu Umsatz, Wareneinsatz zu Umsatz, Anzahl der Tische zu Umsatz oder Anzahl der Stühle zu Umsatz oder Anzahl der Öffnungszeiten in Stunden zu Umsatz, Anzahl der Berufsjahre zu Umsatz oder Alter der Inhaber zu Anzahl der Speisen- oder Getränkeangebote usw. Die Frage ist, was uns solche Relationen oder Durchschnittswerte sagen.

Die Frage ist doch auch aufzuwerfen, ob man einzelne Stichproben nehmen kann oder alle Betriebe nehmen muss oder ob man regionale  Besonderheiten berücksichtigen muss, um damit nur in einem bestimmten Umkreis Vergleichsbetriebe erfassen darf oder ob man nur bestimmte Größen miteinander vergleichen kann und daher noch mehrere andere Parameter mit hinzunehmen muss, um Vergleichswerte auch vergleichbar zu halten.

Die statistische Ermittlung zum Zwecke der Vergleichung scheitern schon an dem Gedanken an sich, dass eben Betriebe nicht unbedingt vergleichbar sind, sondern Betriebe Vor- oder Nachteile haben können, anderes freundlicheres Personal haben können, schöner eingerichtet sein können, andere Produkte anbieten oder andere Preise (höhere oder tiefere) haben, billigere Lohnkosten oder gratis oder unterbezahlt mitarbeitende Familienangehörige haben oder zahlreiche andere Parameter für oder gegen einen Betrieb sprechen können, sodass die Vergleichbarkeit mit anderen Betrieben, also letztendlich dogmatisch der externe Betriebsvergleich mit durchschnittlichen Vergleichszahlen stets hinken muss. Aber was ist die richtige Lohnkostenquote?

Und natürlich trifft kein Betrieb den statistischen Mittelwert.

Alle Betriebe liegen unter oder über dem Mittelwert. Das wirft die Frage auf, ob der Mittelwert als Punktlandung der einzig richtige Wert ist oder ob eine gewisse Bandbreite akzeptabel ist. Wie breit soll aber die Bandbreite sein? In der (manipulierten) amtlichen Richtsatzsammlung werden wenigstens untere und obere Werte sowie ein Mittelwert angesetzt.  Bei der Lohnkostenquote gibt es nur exakte Werte. Aber kann das wichtig sein? In der gehobenen Gastronomie, etwa in einer guten italienischen Pizzeria, soll die Lohnkostenquote 29,2 % des Bruttoumsatzes betragen.

Dies meint also, dass die Lohnkosten 29,2 % des Bruttoumsatzes sein sollen. Ist das weniger, sind Löhne schwarz bezahlt worden – ist das mehr, werden offenbar Umsätze verkürzt. Aber wer schafft das in der gehobenen Gastronomie genau 29,2 % des Bruttoumsatzes an Lohnkosten zu haben? In Saarbrücken ist sogar so ein Fall angeklagt worden, weil der Betrieb nicht exakt 29,2 % Lohnkostenquote hatte.

Die Staatsanwaltschaft meinte, dass noch ein Prozentpunkt Bandbreite akzeptabel wäre – alles andere wäre dann klar eine Hinterziehung. Die Anklage wurde dann doch wieder zurückgenommen. Dennoch wirft ein solcher Fall natürlich Fragen auf:

Woher kommen solche Lohnkostenquoten?

Nach einigen Recherchen kam heraus, dass diese Zahl früher mal von DEHOGA eV. veröffentlicht wurden. Die hatten jedoch die Zahlen nicht selbst ermittelt. Die Zahlen stammten vielmehr aus der Düsseldorfer BBG Consulting GmbH, die eigentlich Küchenplanungen für Groß- und Hotelküchen und andere Betriebe plant und verkauft, aber eben auch nebenbei seit vielen Jahren die Statistiken für Gaststätten führt …

Auf die Frage, wie belastbar bzw. repräsentativ das Datenmaterial ist, kam heraus, dass ganze 13 Betriebe ausgewertet wurden, wobei nicht offengelegt wurde, welche Betriebe das waren, woher sie kamen und ob die Zahlen echt waren bzw. ob diese Zahlen nach einer Betriebsprüfung oder vor einer Betriebsprüfung zugrunde gelegt wurden und von welcher Betriebsgröße diese Erkenntnis stammen soll.

Ob aber überhaupt das Datenmaterial von 13 Betrieben für 600.000 Gastronomiebetriebe in der Bundesrepublik ausreichend ist um von einer repräsentativen Erhebung zu sprechen und aus welchem lokalen Einzugsbereich  und von welcher Betriebsgröße die Daten stammten, blieb ungeklärt.

Was also sagen solche Zahlen? Die einzig richtige Erkenntnis aus diesem Verfahren war, dass sie stets solchen vermeintlich ermittelten repräsentativen Daten auf den Grund gehen müssen und hinterfragen müssen, woher die Daten stammen, von wann sie stammen und wie belastbar sie sind.

Lassen Sie sich also nie von schönen Bildchen oder irgendwelche Statistiken überrumpeln:

Fragen Sie stets nach, welcher Datengrundbestand dem Ganzen zugrunde liegt, woher die Daten kommen, wie alt sie sind, wie seriös sie ermittelt sind, ob sie bei geprüften Betrieben vor oder nach der Prüfung noch Bestand hatten und hinterfragen Sie in einem nächsten Schritt, ob diese Zahlen überhaupt auf Ihren Vergleichsbetrieb passen. Welche Anpassungen und Umrechnungen müssen ggf. vorgenommen werden, bis die Zahlen vergleichbar sind … und sind sie es dann noch wirklich?

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Ansonsten geben statistische Werte natürlich kein verlässliches Bild dahingehend ab, dass diese Werte auch in dem Berichtsbetrieb sich wiederfinden müssen.

Statistische Analysen eignen sich allenfalls dafür, festzustellen, wo die Masse liegt bzw. wo Mittelwerte liegen. Lassen Sie aber hierbei stets sich die äußersten Eckpunkte zeigen. Aber selbst wenn Ihr Berichtsbetrieb außerhalb dieser Eckpunkte liegt, kann dies daran liegen, dass die Vergleichsdaten vorgefiltert sind oder nur aus bestimmten Regionen kommen oder aber vielleicht in der Region, in der Ihr Berichtsbetrieb liegt, noch gar keine Erfassung von Vergleichsdaten stattfand.

Und wenn Ihr Berichtsbetrieb eben außerhalb dieser Bandbreiten oder diese Durchschnittswerte liegt, besagt das gar nichts. Weder kann deswegen die Buchführung verworfen werden, noch eine steuerstrafrechtliche Hinterziehung (Lohnsteuerhinterziehung, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten oder wenn die Lohnkostenquote zu hoch liegt dann eben die Einkommen- (Körperschaftsteuer-) Umsatz- und Gewerbesteuerhinterziehung) wegen allein dieser Abweichung damit begründet werden.

 

Und selbst wenn die Vergleichsdaten seriös ermittelt sind, stellt sich doch die Frage, welche Abweichungen oder Besonderheiten in Ihrem Betrieb sind, die die Abweichungen zum Normalbetrieb begründen.

 

Und was ist, wenn Sie die Gründe nicht finden? Sind Sie dann Hinterzieher? Müssen Sie dann in Haft? Oder gibt es manchmal auch unerklärliche oder einfach Ihnen nur unbekannte oder nicht genau bekannte, nicht griffig erklärbare Phänomene für einen wirtschaftlichen Erfolg und damit für eine Abweichung vom Normal- oder Durchschnittsfall?

Das wirft die Frage auf, was passiert, wenn die Vergleichswerte seriös ermitteln sind und (ggf. an Anpassungen oder Umrechnungen auf Ihren Betrieb) Ihr Betrieb trotzdem unerklärlich andere Zahlen zeigt? Was bedeutet dann die Unaufklärbarkeit und zu wessen Lasten geht sie?

Oder sind einfach bestimmt Parameter immer noch nicht hinreichend berücksichtigt, die die Abweichungen bei richtiger Analyse und Betrachtung erklären würden. Wenn Sie das FA, die BP oder Steufa oder die BuStra, die StA oder das Gericht Sie dann zweifelnd wegen der Abweichung von der Norm anschauen und die Klage gegen die Verwerfung und Schätzung abweisen oder auf der Grundlage der Anklage, die auf dem Steufa- oder BP-Bericht basiert verurteilen wollen … ist das bloß Unsinn? Müssen Sie die Abweichungen von Richtsätzen oder Durchschnittswerten oder Erfahrungswerten der BP oder der Steufa erklären können?