Betriebsprüfung: Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist durch Prüfungsanordnung
Wird vor Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist mit einer Betriebsprüfung begonnen, so wird der Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist gehemmt, bis die aufgrund der Außenprüfung geänderten Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind, § 171 Abs. 4 AO. So kann die Betriebsprüfung z.B. kurz vor Jahresende natürlich unzumutbar für den Betrieb sein. Wenn im Betrieb gerade Hochsaison ist, das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren schon läuft, hat keiner Zeit für einen Betriebsprüfer. Einem Verlegungsantrag mit einer entsprechenden Begründung wird stattgegeben. Die Betriebsprüfung wird dann verschoben. Aber der Steuerpflichtige soll es nicht in der Hand haben, durch die Verschiebung der Prüfung ins nächste Jahr hinein dann den Vorteil zu genießen, dass das älteste Jahr möglicherweise in die Verjährung fällt. Daher tritt die Ablaufhemmung auch dann ein, wenn der Beginn der fristgerecht angeordneten Außenprüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen verschoben wird, § 171 Abs. 4 AO.
Bei einem Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Prüfungsbeginns (§ 197 Abs. 2 AO) wird der Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO nur gehemmt, wenn dieser Antrag für die Verschiebung ursächlich war. Wird der Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund eines Antrags des Steuerpflichtigen, sondern aufgrund eigener Belange der Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden Gründen hinausgeschoben, läuft die Festsetzungsfrist ungeachtet des Antrags ab.
Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an den Antrag auf Verschiebung des Prüfungsbeginns vgl. AEAO zu § 197, Nr. 11. Bei einem vom Steuerpflichtigen gestellten Antrag auf zeitlich befristetes Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung entfällt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO rückwirkend, wenn die Finanzbehörde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Prüfung beginnt (vgl. BFH-Urteil vom 17.3.2010, IV R 54/07, BStBl 2011 II S. 7).
Stellt der Steuerpflichtige während der Zwei-Jahres-Frist einen weiteren Verschiebungsantrag, beginnt die Zwei-Jahres-Frist erneut (BFH-Urteil vom 19.5.2016, X R 14/15, BStBl 2017 II S. 97).
Die Ablaufhemmung entfällt dagegen nicht, wenn der Antrag keine zeitlichen Vorgaben enthielt, mithin unbefristet bzw. zeitlich unbestimmt war (Antrag auf unbefristetes Hinausschieben), z. B. weil der Steuerpflichtige beantragt hat, wegen einer noch andauernden Vor-Betriebsprüfung zunächst deren Abschluss abzuwarten. In diesen Fällen endet die Festsetzungsfrist mit Ablauf von zwei Jahren, nachdem der Hinderungsgrund beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis hat, sofern nicht zuvor mit der Prüfung begonnen wurde (vgl. BFH-Urteil vom 1.2.2012, I R 18/11, BStBl II S. 400).
Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird auch gehemmt, wenn der Steuerpflichtige die Prüfungsanordnung angefochten hat und deren Vollziehung ausgesetzt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 25.1.1989, X R 158/87, BStBl II S. 483, und vom 17.6.1998, IX R 65/95, BStBl 1999 II S. 4). Dies gilt unabhängig von der Dauer der Aussetzung der Vollziehung.
Ermittlungen i. S. d. § 171 Abs. 4 Satz 3 AO sind nur diejenigen Maßnahmen eines Betriebsprüfers, die darauf gerichtet sind, Besteuerungsgrundlagen zu überprüfen oder bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen, etwa indem der Prüfer Unterlagen anfordert, den Steuerpflichtigen in irgendeiner anderen Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichte Unterlagen auswertet (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2011, VIII R 6/09, BFH/NV S. 1830). Die Zusammenstellung des Prüfungsergebnisses im Prüfungsbericht stellt keine den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende Ermittlungshandlung dar (BFH-Urteil vom 8.7.2009, XI R 64/07, BStBl 2010 II S. 4).