Selbstanzeige nach § 371 AO

Die Selbstanzeige nach Paragraf 371 AO setzt eine vorsätzliche Steuerhinterziehung nach Paragraf 370 AO voraus. Es ist aber unschädlich,  wenn der Steuerpflichtige bei seiner Berichtigungserklärung „Selbstanzeige“ darüber schreibt, wenn es tatsächlich nur eine Berichtigungserklärung nach § 153 AO (oder umgekehrt) ist. Falsa demonstratio non nocet: die falsche Bezeichnung schadet nicht.

Stets sollte die Berichtigung/Selbstanzeige schriftlich eingereicht werden. Sie sollte vorbereitet und unterschrieben beim Finanzamt nachweisbar eingereicht werden, da es zu einem Wettlauf zwischen Sperrwirkungstatbeständen des § 371 II AO und der Selbstanzeige kommen kann und daher jede Sekunde zählen kann.

Die Selbstanzeige sollte für vorsätzliche Steuerhinterziehungen abgeschafft werden, um die vermeintliche Bevorzugung der Hinterzieher abzuschaffen. Zu Recht hat der Gesetzgeber die Selbstanzeige nicht abgeschafft. Als Kompromiss ist sie allerdings zum 28.04.11 und 01.01.15 jeweils verschärft worden. Die Selbstanzeigen standen unter dem Eindruck der massenhaften Selbstanzeigen aus den Banken- und CD-Verfahren wegen nicht erklärter Kapitaleinkünfte seit etwa 1994.

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§ 371 AO lautet wie folgt:

§ 371 AO

Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
  a) dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des § 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder
  b) dem an der Tat Beteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
  c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung, oder
  d) ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
  e) ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des Einkommensteuergesetzes oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat oder

2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste,

3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt, oder

4. ein in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 6 genannter besonders schwerer Fall vorliegt.
Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.

  (2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich.

Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Absatz 4 angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. In den Fällen des Absatzes 2a Satz 1 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die fristgerechte Entrichtung von Zinsen nach § 233a oder § 235 unerheblich ist.

Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.“

Der Teilnehmer oder Mittäter einer Steuerhinterziehung können selbst für sich alleine eine Selbstanzeige wirksam einreichen. Sie muss vollständig sein.

Eine Verpflichtung zur Beifügung von Belegen und Unterlagen ist nicht erforderlich. Es müssen nur Zahlen geliefert werden und natürlich der Veranlagungszeitraum und die Steuerart, die korrigiert werden sollen, damit das Finanzamt in der Lage ist, die entsprechenden Korrekturen vorzunehmen. Sinnvoll ist es natürlich, wenn Teilnehmer oder Mittäter zusammen eine gemeinsame Selbstanzeige oder wegen mir auch getrennte Selbstanzeigen aber zeitlich koordiniert einreichen, etwa alle zusammen übers Wochenende, sodass eine Tatentdeckung der Tat vor Eingang der anderen Selbstanzeigen ausgeschlossen ist. Wenn man sich einig ist und dem anderen nicht schaden will, wird man eine Selbstanzeige zusammen auf einem Papier gemeinsam fertigen und entweder unterschreiben alle oder alle reichen eine entsprechende Vollmacht ein.

Ein nachträgliches Hinzutreten zu einer Selbstanzeige geht genauso wenig, wie die Abgabe einer Selbstanzeige gut gemeinter Weise für den, den es mit betrifft. Geht man hier nicht koordiniert vor, so wird die möglicherweise wirksame Selbstanzeige das einen spiegelbildlich zur Strafanzeige gegen den anderen, den nicht mit daran teilgenommen hat. Manchmal wird das auch als Instrument des Angriffs verwandt, in dem verdeckt eine vermeintliche Selbstanzeige abgegeben wird, die allenfalls vorsorglich und prophylaktisch eine Selbstanzeige darstellt, die in Wahrheit aber den anderen nur anzeigt. So könnte die Ehefrau die Angst vorschieben, sie könnte sich strafbar gemacht haben durch die mit Unterzeichnung der gemeinsamen Steuererklärungen und eine Selbstanzeige dahingehend abgeben, damit sie selbst straffrei wird (in diesem Fall war sie nie strafbar) und dabei dann erklären, welche Einkünfte der Ehemann, die diesem alleine zuzurechnen sind, bislang nicht erklärt hat.

Der Gehilfe muss anders als der Mittäter nicht einmal die Steuerschulden und Zinsen selbst nachzahlen. Er muss nur vollständig berichtigen.

Zu empfehlen ist in der Regel die zweistufige Selbstanzeige.

Die Selbstanzeige macht für Täter und Mittäter nur Sinn, wenn Sie die Steuerschulden und Zinsen (und ggf. Zuschläge nachg § 398 a AO) zahlen kann – ansonsten führt die Selbstanzeige nicht zur Straffreiheit, sondern unweigerlich irgendwann zur Setzung einer steuerstrafrechtlichen Zahlungs-Ausschlussfrist und dann zur -zwar wegen der versuchten aber verunglückten Selbstanzeige – gemilderten Strafbarkeit.