Die neue Selbstanzeige bringt ab dem 01.01.2015 einige Änderungen.
Einige Änderungen erscheinen überflüssig, so der neue 10-Jahreszeitraum im § 371 I 2 AO und die Aufnahme der der Zahlung der Hinterziehungszinsen als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Selbstanzeige. In der Vergangenheit traten bei den Selbstanzeigen die Zahlung der steuerlichen Nebenfolgen wie Hinterziehungszinsen nicht als Problem auf – jedenfalls sind hier keine Fälle bekannt geworden.
Bei der 10-Jahresfrist ist unverändert eine Divergenz zur steuerlichen Festsetzungsverjährung nach §§ 169 II 2, 170 AO.
Nach der Gesetzesbegründung sollten die Finanzämter von der Ermittlungs- und Schätzungsarbeit für Zeiträume, die mangels strafrechtlicher Relevanz erklärt werden mussten nun entlastet werden.
Dann hätte man aber konsequenterweise einen Gleichklang zwischen den Erklärungspflichten im Rahmen der Selbstanzeige und der steuerlichen Festsetzungsverjährung ins Gesetz einarbeiten müssen. Dies wäre auch leicht möglich gewesen, indem man etwa eine Berichtigungspflicht im Umfang der steuerlich noch unverjährten Zeiträume hätte ins Gesetz aufnehmen können.
Nun bleiben immer noch 1-3 Jahre über den neuen 10-Jahreszeitrum des § 371 I 2 AO hinaus, in dem die Finanzverwaltung ermitteln und schätzen muss.
Mit dem Entlastungsargument stimmt also etwas nicht oder es wäre sehr ungenau gearbeitet worden bei dem Gesetzesvorhaben, was man sich gar nicht vorstellen vermag, da es unter der Federführung des BMF zustande kam und das BMF natürlich die steuerliche Festsetzungverjährung in diesen Fällen berechnen kann.
Wenn also diese Ermittlungs- und Schätzungsfälle ernsthaft ein Problem gewesen wären, hätte man dies auch richtig gelöst.
So bleiben staunende Zweifel an der gegebenen Gesetzesbegründung und ungläubiges Staunen über die unprofessionelle Lösung des angeblichen Problems. Positiv ist die Wiedereinführung der Teilselbstanzeige, die so irrig durch den BGH mit Entscheidung vom 20.05.2010 negiert und in der Folge trotz Übergangsgesetz dann ab dem 03.05.2011 abgeschafft wurde.
Die Teilselbstanzeige nur für die Lohn- und Umsatzsteuervoranmeldungen wurde eingeführt, gibt diese Wiedereinführung jedoch der Praxis bei den häufigen Berichtigungen in diesem Bereich die Chance zu berichtigen, ohne Ermittlungsverfahren und Zuschläge und Sperrwirkungen für Folgeberichtigungen befürchten zu müssen.
Die Beschränkung der Sperrwirkung bei der Prüfungsanordnung auf die dort genannten Steuerarten und Prüfungszeiträume ist zu begrüßen und geht zurück auf die schon früher so vertretenen Auffassungen und erteilt dem BGH eine Absage an eine zu extensive Auslegung der Sperrwirkungstatbestände.
Letztlich muss man all den Kritikern, die die Selbstanzeige bekämpfen, erschweren oder abschaffen wollen, entgegenhalten, dass die Selbstanzeige eine gangbare Brücke in die Straffreiheit bleiben muss und die Steuerkassen derzeit unplanmäßig voll nicht zuletzt wegen der Selbstanzeigen sind.
Der Deutsche Bundestag hat das „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 22.12.2014 (BGBl 2014 I, 2415) mit Wirkung vom 01.01.2015 beschossen:
Hier ein Überblick der Neuerungen ab dem 01.01.2015:
- vollständige Nacherklärung für alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, aber mind. für die letzten 10 Jahre, § 371 I 2 AO
- Neue Sperrgründe: USt- oder LSt-Nachschau
- Steuerverkürzung von mehr als 25.000 € je Tat (=Steuerart und VZ): keine Straffreiheit, nur noch Absehen von Strafe bei Zahlung der Zuschläge
- Besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung, § 371 III Nr. 2-5 AO: keine strafbefreiende Wirkung mehr, aber Absehen von Strafverfolgung nach § 398 a AO möglich
- Fristgerechte Entrichtung von Steuern plus Zinsen plus Zuschläge (innerhalb der strafrechtlich zu setzenden Frist, § 371 III AO (nicht die Zahlungsfrist/Zahlungsgebot in den Steuerbescheiden entscheidend)
- Zuschläge von 10, 15 und 20 % gestaffelt, Eingangsschwelle sinkt von 50.000 auf 25.000 € (=10% Zuschlag), nächste Schwellen 100.000 € (=15 % Zuschlag) und 1 Mio. € Steuerhinterziehung pro Steuerart und VZ (=20 % Zuschlag)
- Neueinführung der Teil-Selbstanzeige für Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen (aber Vorsicht: gilt nicht für Jahreserklärungen): mehrfache Korrekturen der Voranmeldungen möglich (ohne Zuschläge, ohne dass dies eine SA wäre) es sei denn, es wäre zuvor ein Steuerstrafverfahren eingeleitet und bekanntgegeben.
- Die Sperrwirkungstatbestände bei der Prüfungsanordnung und der Einleitung und Bekanntgabe erstrecken sich auch auf Teilnehmer, selbst wenn diese noch nichts von der Prüfungsanordnung oder der Einleitung und Bekanntgabe wissen. So kann die Prüfungsanordnung gegenüber der GmbH die Sperrwirkung bei dem Geschäftsfreund auslösen, der eine Gefälligkeitsrechnung schrieb/umschrieb, ohne dass er die Prüfungsanordnung bei der anderen GmbH kennt oder kennen kann.
- Die Sperrwirkung bei der Prüfungsanordnung entsteht ausdrücklich nur in dem Umfang, der in der Prüfungsanordnung steht: also nur die dort genannten Steuerarten und Prüfungszeiträume sind gesperrt.
Dauer der steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Verjährungsfristen – Gegenüberstellung
Tatbestand | Steuerlich | Steuerstrafrechtlich | in Selbstanzeige mind. zu berichtigen |
einfache Fahrlässigkeit | Regelfestsetzungsverjährung 4 Jahre plus Anlaufhemmung, § 169 II 1 Nr. 2, 170 AO | nicht strafbar | |
mittlere Fahrlässigkeit | Regelfestsetzungsverjährung 4 Jahre plus Anlaufhemmung, § 169 II 1 Nr. 2, 170 AO | nicht strafbar | |
Leichtfertigkeit | 5 Jahre plus Anlaufhemmung, § 169 II 2, 170 AO | OWI, § 378 AO | |
bedingter Vorsatz (billigendes In-Kauf-nehmen) | 10 Jahre plus Anlaufhemmung, § 169 II 2, 170 AO | 5-10 Jahre, grds. 5 Jahre, wenn nicht besonders schwere Steuerhinterziehung, § 376 I AO | die letzten 10 Kalenderjahre, 371 I 2 AO |
direkter Vorsatz | 10 Jahre plus Anlaufhemmung, § 169 II 2, 170 AO | 5-10 Jahre, grds. 5 Jahre, wenn nicht besonders schwere Steuerhinterziehung, § 376 I AO | die letzten 10 Kalenderjahre, 371 I 2 AO |
Absicht | 10 Jahre plus Anlaufhemmung, § 169 II 2, 170 AO | 5-10 Jahre, grds. 5 Jahre, wenn nicht besonders schwere Steuerhinterziehung, § 376 I AO | die letzten 10 Kalenderjahre, 371 I 2 AO |
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