Nach § 147 Abs. 6 AO gibt es drei digitale EDV- Zugriffsformen: Der Prüfer kann zwischen einem direkten, unmittelbaren Datenzugriff auf den PC des StPfl, dem mittelbaren Zugriff, indem ein Mitarbeiter auf Weisung des Prüfers für den Prüfer Prüfungsschritte auf dem PC vornimmt (mittelbarer Datenzugriff) und dem eigentlich üblichen, verbreitetsten Zugriff in Form der Datenträgerüberlassung entscheiden. Diese Ermessensentscheidung ist grundsätzlich justitiabel, wobei nach allgemeiner Meinung der Prüfer nach Belieben eine der drei Möglichkeiten wählen kann, diese auch kombinieren kann und von einer zur anderen springen kann, wenn er sich dann doch für geeigneter hält. Die Grenzen lassen sich wohl erst in der schikanösen Geltendmachung der Rechte erahnen. Bei der Datenträgerüberlassung erhält er die Steuerdaten in Form einer CD oder DVD. Dabei besteht für den Prüfer die Möglichkeit in der vollständigen Auswertung und Analyse aller steuerrelevanten Daten inklusive den entsprechenden Verknüpfungen, Formatangaben, Dateistrukturen und Felddefinitionen (Datenträgerüberlassung).
Für welche der drei Zugriffsmöglichkeiten sich der Prüfer im Rahmen einer digitalen Betriebsprüfung entscheidet, liegt allein in seinem Ermessen. Dabei muss er sich nicht auf eine der drei Zugriffsarten beschränken, umgekehrt muss er auch keine der wählen. Der Prüfer kann seine Rechte auch kumulativ nutzen, d.h. entweder von der einen Zugriffsart auf die andere übergehen oder mehrere oder alle drei kumulativ nutzen. Von Anfang an, also seit dem 01.01.2001 ist allerdings die Datenträgerüberlassung am häufigsten als Zugriffsmöglichkeit gewählt worden, ohne dass dies die Prüfer binden würde oder der StPfl sich etwa darauf berufen könne. Es sind also keine tauglichen Argumente, den Prüfer etwa von dem unmittelbaren Lesezugriff abzubringen mit dem Argument, dass der StPfl sich etwa auf die Datenträgerüberlassung verlassen habe oder der letzte Prüfer auch nur die Datenträgerüberlssung gewählt habe. Auch wenn die Prüfung in den Geschäftsräumen des StPfl stattfindet, kann der Prüfer die Daten-CD (DVD) mit ins FA nehmen und dort an Amtsstelle die CD mit WinIDEA prüfen.
IDEA steht für „Interactiv Data Extraction Analysis“ und ist die Prüfsoftware der Finanzverwaltung. Sie ist eigentlich nicht speziell für die Finanzverwaltung entwickelt worden, sondern ein Revisionsprogramm um Fehler zu entdecken. Das Programm wurde ursprünglich in den 80er Jahren für den kanadischen Rechnungshof erstellt und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Mittlerweile ist die Software in über 40 Ländern im Einsatz. Die ca. 14.000 Betriebsprüfer prüfen alle mit dem IDEA-Progamm. Die wichtigste Arbeitsweise von IDEA ist es, große Datenmengen zu sortieren und zu schichten. Beispielsweise die vergebenen Ausgangsrechnungen in aus- oder absteigender Reihenfolge. Da fallen sofort doppelt vergebene oder fehlende Nummern auf. Auch Eingangsrechnungen einer Firma lassen sich zusammenstellen und schichten. Sind die Rechnungen vor Rechnungsausstellung bezahlt worden? Welche Rechnungen wurden bar, welche unbar beglichen? Zu welchen Eingangsrechnungen gibt es Gutschriften. Zu welchen Lieferfirmen werden Waren geliefert oder bestehen Geschäftsbeziehungen? Dabei lassen sich Umfang und Zeitdauer der Geschäftsbeziehung, Regelmäßigkeit der Rechnungsstellung, Höhe der Rechnungen, Auffällige Rechnungshöhen, Häufigkeit der Nachfragebestimmter Leistungen bzw. Waren filtern, usw. Kurz hintereinander abfolgende Einkäufe oder gehäufte Rechnungen vor Jahresende heißen nun nicht zwangsläufig, dass Manipulationen vorliegen. Aber sie können Auslöser für weitere Recherchen sein. So kann natürlich die mehrfache große Lieferung von Papier für ein Anwaltsbüro an dem hohen Bedarf, einer größeren Vorratshaltung, günstigen Angeboten usw. liegen. Es könnten aber auch private Artikel auf betriebliche Bedarfsartikel umgeschrieben worden sein. Die fast monatlichen Eingangsrechnungen könnten auf einen Scheinselbständigen schließen lassen, gerade wenn die Rechnungsbeträge in etwa Gehaltshöhe haben und die Leistungsbeschreibungen dünn sind. Es kann aber auch eine zeitnahe konsequente Abrechnungspraxis sein. WinIDEA beweist also nicht die Manipulation und erst Recht nicht den Umfang. Es ist ein Modul um riesige Datenmengen auf Auffälligkeiten hin zu untersuchen: sieht man eine Auffälligkeit, muss der Prüfer dann den Sachverhalt ermitteln und prüfen, ob es tatsächlich eine Manipulation ist oder nur eine zufällige, scheinbare Auffälligkeit, die sich dann ganz harmlos erklären lässt. Daher ist es richtig zu sagen, das große Datenmengen mit IDEA intensiver und zielstrebiger an Auffälligkeiten durchforstet werden können. Die Analyse und die Sachverhaltsaufklärung bleibt dem Prüfer wie früher nicht erspart. IDEA ist also kein Zaubermittel. Vor allzu forschen Beschuldigungen oder allzu schnell hervorgehobenen Ergebnissen aufgrund von IDEA kann nur gewarnt werden. Aber IDEA ist für die fast 14.000 Prüfer bundesweit ein tolles Hilfsmittel für große Zahlenmengen, also Zahlenmengen ab etwa 500 Datensätzen um einen Hinweis zu finden, wo sich ein vertiefter Einstieg lohnen könnte …
Fragen, Probleme in der BP oder im Steuerrecht, im Steuerstrafrecht oder bei Selbstanzeigen? Dann rufen Sie jetzt an: 0611-890910