Die Prüfung bei dem Berichtsunternehmen und das Herausschreiben von Kontrollmitteilungen ist unverändert ein sehr effektives Prüfungssystem.
Bei den Ausstellern der Eingangsrechnungen wird die Verbuchung der dortigen Ausgangsrechnungen überprüft.
Während die Prüfung beim Berichtsunternehmen ruht oder andere Fragen dort geklärt werden, ergeben sich aus der Kontrollmitteilung gleich mehrere Prüfungsansätze:
- Gibt es das die Rechnung ausstellende Unternehmen?
- Ist es steuerlich geführt?
- Falls es das Unternehmen nicht (mehr) gibt – gab es das Unternehmen in dem Prüfungszeitraum bzw. Rechnungserstellungszeitraum?
- Hat es die Umsätze versteuert?
Wird eine dieser Fragen verneint, stimmt etwas nicht. Allerdings beantwortet sich aus der Situation, dass etwa die Ausgangsrechnung beim die Rechnungsausstellenden Unternehmen nicht bekannt bzw. nicht versteuert ist, noch lange nicht die Frage, ob sie dort auch hätte versteuert werden müssen. Denn die Rechnung könnte auch gefälscht sein, etwa von dem Berichtsunternehmen gekauft oder selbst erstellt sein, ggf. von einem ungetreuen Mitarbeiter beim Ausgangs- oder Eingangsunternehmen fingiert sein.
Hier muss weiter geprüft werden:
- Wie ist der Zahlungsweg?
- Wohin oder an wen wurde gezahlt?
- Bar oder unbar?
- Ist die Leistung tatsächlich erbracht worden?
- Von wem? Passen die Mengen- und Zeitangaben?
- Wer hat Material und Werkzeug gestellt?
- Ist das typsich?
- Ist es eine Abdeckrechnung?
- Oder ist der Aussteller bloß unehrlich?
Hier schließen sich mehrere Prüfungsschritte des Prüfers an:
- Gab es das Rechnungsausstellende Unternehmen an dem angeblichen Sitz: Die Adresse wird geprüft.
- Nachbarn werden gefragt: Ist das eine passende, firmentypische Adresse?
- Ein Sitz in einem Reihen- oder Mehrfamilienhaus oder in einem Wohnblock sollen genauso gegen die Existenz sprechen, wie sogenannte Briefkastenfirmen, die in unter einer Adresse mit zig anderen Unternehmen residiert.
Dabei sind bei Lichte betrachtet dies keine tauglichen, überzeugenden Argumente, die gegen die Existenz eines Unternehmens sprechen.
- Warum soll ein Büro nicht im Keller eines Reihen- oder Einfamilienhauses in einem reinen Wohnviertel sein?
- Warum soll nicht im 5. Stock eines Hochhauses etwa im Wohnzimmer das Büro einer Firma sein -oder die ganze Wohnung als Verwaltungs- bzw. Bürositz einer Firma fungieren?
- Warum schließt die Existenz anderer Firmen die tatsächliche Existenz dieser Firma in diesem Bürogebäude aus?
- Ist es nicht so, dass es solche Bürocenter gibt, bei denen 20, 30, 40 oder mehr Firmen in einem Bürocenter unter einer Adresse residieren?
- Alles Scheinfirmen?
Wohl kaum. Auch das Argument der IZA, dass ggf. schon andere Firmen unter dieser Anschrift aufgefallen sind und als Briefkastenfirmen bekannt seien oder dass Treuhänder offenbar als Verwalter vieler Firmen dort fungierten, führen dann häufig zu der Annahme, dass in diesen Bürohochhäusern nur Briefkastenfirmen residieren würden. Derartige Argumentationsketten sind jedoch nicht immer zutreffend.
Hier hilft nur eine konkrete, tiefergehende Prüfung:
Lichtbilder des Gebäudes, der Briefkasten- und Klingelanlage, Befragung von Nachbarn, Verbrauchsnachweise der angeblichen Scheinfirma (Strom, Wasser, Kanal, Strom), die Recherche, ob diese Firmen Werbung machten, wie deren Telefonbucheintrag aussieht/aussah, die Suche nach und bei Auffinden die Befragung von Mitarbeitern, die Suche nach Flyern, Prospekten, Steuerbescheiden, HR-Einträgen, USt-ID-Nr, qualifizierte Abfragen vor jedem Geschäft, Korrespondenz, usw.. Erfahrungsgemäß verlässt sich der Prüfer auf die Ermittlungen der IZA aus Bonn (vormals Wiesbaden). Rechtsgrundlage ist § 88 a AO und der „IZA-Erlass“ (BMF vom 29.4.1997,BStBl. 1997 I, 541). Entsprechend Ziff. 1.1 hat die IZA alle sachdienlichen Informationen, die für die Tätigkeit der Steuerverwaltungen von Bund und Ländern von Bedeutung sein können, zu erfassen.
In diesem Rahmen sammelt und erteilt die IZA u.a. Informationen über:
◾Ausländische Rechtssubjekte (natürliche und juristische Personen im Ausland, insbesondere auch ausländische Personengesellschaften sowie ausländische Briefkastengesellschaften [Domizil-, Sitz-, Offshore-Gesellschaften]);
◾die Rechtsprechung und Kommentierung zur steuerlichen Beurteilung der Beziehungen von Steuerinländern zu ausländischen Basis- oder Briefkastengesellschaften;
◾Niedrigsteuergebiete, also Steueroasen bzw. Niedrigsteuerländer
◾Beziehungen von im Inland ansässigen Rechtssubjekten zum Ausland;
◾Beziehungen von im Ausland ansässigen Rechtssubjekten zum Inland.
Diese Informationen werden auf konkrete Anfrage einzelner Finanzämter aber auch auf Vorrat gesammelt.
Ob diese Informationen der IZA im Einzelfall zutreffend sind, kann dann meist nur durch die Ermittlungen vor Ort durch Befragung von Zeugen, die Anfertigung von Lichtbildern und das Beischaffen von Verbrauchswerten und den anderen beschriebenen Indizien bzw. nachweisen für die Existenz dieser Firmen im Ausland erfolgen. Gerade wenn die Firmen verzogen sind umfirmierten oder mittlerweile in Liquidation sind, ist die Ermittlung nicht einfach.
Im Vorfeld hätte man sinnvollerweise die Existenz schon durch diese Beweise dokumentiert und im Rahme der Beweisvorsorge zahlreiche Belege über die tatsächliche Existenz des Unternehmens in die Buchhaltung genommen. Dabei helfen nicht die als „Sorglospakete“ bekannten HR-Auszüge, Ausweiskopien und Unbedenklichkeitsbescheinigungen und Gewerbeanmeldungen und USt-ID-Abfragen. Auch ist die Überweisung statt Barzahlung eine Absicherung, da dann die Empfängerbank die Personen-Firmenüberprüfung durch Ausweisvorlagen bei Legitimationsprüfungen vorgenommen haben muss (§ 154 AO), so dass zumindest die Empfängerbenennung funktionieren muss.
Existieren beide Firmen, sind bei der Empfängerfirma die Eingangsrechnungen verbucht, bei der Ausgangsfirma die Rechnungen nicht aufzufinden und nicht verbucht, versucht man über Auffälligkeiten des Rechnungspapiers, wenn der Zahlungsweg bar war, zu überlegen, wer steuerunehrlich war.
Häufig schließ man aus dem Umstand, dass Rechnung nicht gefaltet sind oder das Briefpapier von dem Original der Ausgangsfirma abweicht, darauf zu schließen, ob es sich um echte Ausgangsrechnungen oder gefälschte, nachgemachte Eingangsrechnungen handelt. Aber letztlich kann auch eine Rechnung (etwa mit anderen Unterlagen) in einem großem Couvert übersandt worden sein, so dass Knickfalten fehlen. Auch könnte der Aussteller bewusst für diese Fälle einen minimal anderen Briefkopf verwenden – oder auch unbewusst, indem er von einem anderen Rechner die Rechnungen erstellte und der Briefbogen nicht mehr dem neuesten Stand der Firma entspricht. Kann man nun aus der nicht passenden Briefkopf also nicht erkennen, von wem die Rechnung stammt: Von der Ausgangsfirma oder von der Empfängerfirma.