Scheinrechnungen
„Scheinrechnung“ ist eine Sammelbezeichnung für eine nicht reale, für eine nicht ordnungsgemäße Rechnung. Scheinrechnungen sollen einen Geschäftsvorfall vortäuschen oder verschleiern (abdecken). Wesensmerkmal für die Scheinrechnungen ist, dass dieser Rechnungsinhalt nicht stimmt: Entweder ist diese Leistung nicht von dem ausstellenden Unternehmer erbracht worden oder aber die Leistung ist gar nicht oder in einer anderen Form oder für einen anderen Leistungsort (anderes Leistungsobjekt) oder einen anderen Leistungsinhalt (private Küche statt Empfangstresen und Büroeinrichtung) erbracht worden.
Es handelt sich also bei der Scheinrechnungen um Rechnungen, die in den Rechtsverkehr begeben werden und einen Sachverhalt behaupten, der so nicht stimmt.
Im Steuerstrafrecht wird unterschieden zwischen „reinen“ Scheinrechnungen, Abdeckrechnungen, Strohmannrechnungen, Gefälligkeitsrechnungen und gefälschten Rechnungen.
Abdeckrechnungen
Abdeckrechnungen verfolgen den Zweck, tatsächlich entstandene Aufwände zu verschleiern, wie etwa die Zahlung von Schwarzlöhnen. Mit der Abdeckrechnung wird also eine Betriebsausgabe quasi abgedeckt, die tatsächlich entstanden ist, aber eben nicht in dieser Weise und nicht durch den Rechnungsaussteller.
Die Abdeckrechnung sorgt also dafür, dass entsprechende Gelder frei werden, entweder aus der Kasse entnommen werden können weil angeblich die Abdeckrechnung bar bezahlt wurde oder aber dadurch frei werden, dass die abdeckt Rechnung überwiesen wird und von dem abdeckt Rechnungsersteller dieser Betrag abzüglich seiner Provision zurückgegeben wird. In beiden Fällen wird also durch die abdeckt Rechnung Geld frei um die tatsächlichen Betriebsausgaben dann schwarz bezahlen zu können.
Strohmannrechnungen
Strohmannrechnungen sind Rechnungen, bei denen das tatsächlich leistende Unternehmen nicht identisch ist mit dem Unternehmen, welches die Leistung in Rechnung stellt. Das die Leistung in Rechnung stellende Unternehmen fungiert in dieser Konstellation lediglich als Strohmann für das in leistende Unternehmen. Die Leistung wird hier also erbracht, aber nicht von dem die Rechnung ausstellenden Unternehmen. Damit fehlt es natürlich an der Berechtigung zum Vorsteuerabzug, da die Leistung von dem Unternehmer erbracht werden muss, der die Rechnung ausstellt bzw. umgekehrt der Leistungserbringer muss die Rechnung stellen.
Haftung nach § 14 c UStG
Der § 14c UStG normiert die Begründung der Umsatzsteuerschuld bei unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis. Wer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet ausweist, schuldet nach § 14c Abs. 1 UStG diesen erhöhten Betrag. Derjenige, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den unberechtigt ausgewiesenen Betrag nach § 14c Abs. 2 UStG. Der § 14c Abs. 2 UStG erfasst auch die Fälle, in denen keine Leistung erbracht und eine Scheinrechnung erstellt wurde.
namentlich offener oder verdeckter Scheinrechnungsaussteller
Scheinrechnungsaussteller kann also der sein, der im Briefkopf genannt ist und diese unrichtigen Rechnungen bewusst erstellt und in Verkehr gibt (ich nenne ihn hier namentlich offener Scheinrechnungsaussteller). Scheinrechnungsaussteller kann aber auch ein anderer sein, der ohne Wissen der im Briefkopf genannten Firma diesen Briefbogen benutzt und die Scheinrechnungen unter dem Namen dieser Firma erstellt, selbst also gar nicht selbst namentlich auf dem Briefbogen erscheint, aber Autor dieser Rechnung ist und diese in Verkehr bringt (ich nenne ihn hier namentlich verdeckter Scheinrechnungsaussteller).
Ohne Inverkehrbringen der Scheinrechnung in den Rechtsverkehr keine Haftung nach § 14 c UStG
Der BGH hat in seiner Entscheidung dazu Stellung genommen, wann gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG) die Steuer für eine nicht ausgeführte Leistung entsteht, für die gem. § 14c Abs. 2 UStG eine Scheinrechnung erstellt wurde. Unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung hat der BGH hier festgestellt, dass es auf die Ausgabe der Rechnung ankommt, also auf das Inverkehrbringen der Rechnung und nicht auf die bloße Erstellung der Rechnung ankommt (BGH-Beschl. 1 StR 538/17 v. 11.10.2018, NZWiSt 2019, 178.).
Das bringt dann Beweisprobleme für die Steuerfahndung mit sich, wenn diese etwa auf einem beschlagnahmten PC angeblich eine ganze Menge von Scheinrechnungen findet, aber nicht beweisen kann, dass sie diese tatsächlich in den Rechtsverkehr begeben wurden. Das mag dann vielleicht ein im straflosen Vorbereitungsstadium stecken gebliebene Teilakt sein. Ohne den Nachweis, dass diese Rechnungen, die auf einem PC gefunden wurden, in den Rechtsverkehr begeben wurden, also ausgegeben wurden, liegt aber insoweit keine strafbare Handlung vor und natürlich auch kein Ansatz für eine Haftung nach § 14c Abs. 2 UStG. Die Beweislast, wer diese Rechnung erstellte und wer sie in Inverkehr brachte tragen steuerstrafrechtlich die Strafverfolgungsbehörden, steuerlich für die Haftungsinanspruchnahme die Finanzverwaltung. So gibt es auch bei den namentlich offenen Scheinrechnungsausstellern keine zwingende Vermutung dahingehend dass der namentlich in dem Briefkopf genannte Firmeninhaber auch tatsächlich der Rechnungsaussteller ist.
Immerhin könnte auch ein anderer diese Rechnungen erstellt haben, auch wenn natürlich der Beweis des ersten Anscheins dann den Firmeninhaber belastet, wenn auf seinem PC Scheinrechnungen mit seinem Briefkopf gefunden wurden. Wenn er dann auch noch die Gelder auf seinem Konto kassiert hat und die entsprechenden Beträge abgehoben hat, dürfte die Beweislage weiter gegen ihn sprechen.
steuerliche Beweislast
Grundsätzlich trägt der Steuerpflichtige die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, daß Minderungen des Betriebsvermögens, die der Steuerpflichtige in seiner Buchführung als betrieblich veranlaßt ausgewiesen hat, tatsächlich betrieblich veranlaßt waren und deshalb Betriebsausgaben sind (BFH, Urteil vom 24. Juni 1976 – IV R 101/75 –, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562).
Betriebliche Veranlassung
Aufwendungen einer GmbH sind betrieblich veranlasst i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG, wenn diese in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Eine betriebliche Veranlassung der Aufwendungen liegt vor, wenn diese objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (BFH, Beschluss vom 4.07.1990, GrS 2-3/88, BStBl. II 1990, 817 m.w.N.). Das kann natürlich auch bei schwarz gezahlten Löhnen oder bei schwarzbezahlten Kolonnen durchaus der Fall sein.
Der objektive Zusammenhang einer Aufwendung mit dem Betrieb wird regelmäßig dadurch begründet, dass die bezahlte Leistung für den Betrieb förderlich ist. Allein die Tatsache, dass eine Leistung in Rechnung gestellt wird, reicht hingegen für die betriebliche Veranlassung nicht aus. Die Leistung muss auch tatsächlich von dem Aussteller der Rechnung erbracht worden sein. Dies ist bei der Bezahlung von reinen Scheinrechnungen eben nicht der Fall (BFH, Beschluss vom 6.10.1993, VIII B 122/92, BFH/NV 1994, 173). Bei Strohmannrechnungen oder Abdeckrechnung ist dies aber dennoch der Fall.
Beweislast für betriebliche Veranlassung von Aufwendungen
Die Darlegungs- und Beweislast für die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen trifft denjenigen, der eine Ausgabe steuermindernd geltend macht (sogenannte Feststellungslast). So muss das Finanzamt alle steuerbegründenden und steuererhöhenden Merkmale beweisen. Der Steuerpflichtige muss alle steuerermäßigenden oder steuernegierenden Umstände beweisen. Im Rahmen einer streitigen Auseinandersetzung über diese Frage muss zur Überzeugung der Rechtsbehelfsstelle oder später zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass die Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach betrieblich veranlasst sind. Ist das unter Würdigung aller Umstände im konkreten Einzelfall nicht zu bejahen, ist der Abzug als Betriebsausgaben grundsätzlich zu versagen.
Der Unternehmer steckt hier aber in einer Zwickmühle: Wenn die leistende Firma die Leistung nicht erbracht haben kann, ist es problematisch einzuräumen, dass dies eine abdeckt Rechnung ist, mit der in Wahrheit anderer Betriebsausgaben abgedeckt wurden. Denn damit belastet sich der Unternehmer strafrechtlich selbst. Andererseits sind zwar dann nicht die Vorsteuern, aber immerhin die Betriebsausgaben anzuerkennen. Allerdings muss man auch hier berücksichtigen, dass natürlich dann, wenn der Unternehmer den Sachverhalt nicht offenlegt und die abdeckt Rechnung nicht einräumt, ihn dies dennoch nicht vor einer Strafe schützt. Denn wenn der Rechnungsaussteller die Leistung nicht erbracht haben kann, wird sich auch die Staatsanwaltschaft im finanzgerichtlichen Urteil anschließen, dass jedenfalls diese Eingangsrechnung nicht zum Vorsteuerabzug und nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen werden kann.
§ 13 b-Rechnungen
Handelt es sich also um Baurechnung, also um § 13b Rechnungen, kann die Umsatzsteuer ohnehin keine Rolle spielen, sodass dann möglicherweise die Offenlegung der abdeckt Rechnung und die Bezahlung von schwarzen Kolonnen oder von Mitarbeitern jedenfalls den Betriebsausgabenabzug rechtfertigt. Allerdings kommt da natürlich das Thema mit der Lohnsteuerhinterziehung und der Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten nach § 266a StGB als Straftatbestand ins Spiel. Hier stellt sich also für den Unternehmer die Frage, was wirtschaftlich und strafrechtlich der bessere sprich steuerlich und strafrechtlich günstigere Weg ist.
Eine vollständige Versagung des Betriebsausgabenabzugs kommt nur dann in Betracht, wenn nicht erkennbar ist, dass überhaupt eine Leistung erbracht wurde oder wenn ein Mischaufwand vorliegt und der private Anteil dominiert bzw. der betriebliche Anteil nahezu verschwindet oder kaum erkennbar ist.
Entlarvungsmethoden des Finanzamts
Wie entlarvt die Finanzverwaltung Scheinrechnungen? Es gibt eine Liste bei der Finanzverwaltung von Scheinrechnungsausstellern. Bei der Finanzverwaltung heißt diese Liste Auch der Zoll führt eine solche Liste. Dort heißt sie schlicht „Servicedienstleister“.
Bei einer BP beginnen diese Fälle häufig mit dem Hinterfragen oder Bestreiten der Leistungserbringung. Ungewöhnliche Lebenssituationen, beispielsweise große Entfernungen von den Betriebssitz des Subunternehmers zu dem Auftraggeber, keine eigenen Angestellten beim Subunternehmer feststellbar, keine Steuererklärungen des Subunternehmers, häufige Geschäftsführerwechsel beim Subunternehmer, Ermittlungs- und Steuerfahndungsverfahren gegen den Subunternehmer sind häufig Anlass die Eingangsrechnungen diese Firma zu bezweifeln bzw. konsequent zu bestreiten und nicht anzuerkennen.
Auch der überalterte ungelernte oder branchenfremde Geschäftsführer (84 Jahre, ungelernt) der Subunternehmerfirma oder branchenfremde Betätigungen (PC-und Büroarbeiten oder Gutachten und Beratungen eines Bauunternehmers) passen nicht und werden daher nach der allgemeinen Lebenserfahrung erst einmal bestritten. Auch hier kann man es darauf reduzieren, dass diese Geschäftsvorfälle zwar nicht unmöglich, aber ungewöhnlich sind. Die BP weist hier regelmäßig darauf hin, dass die Darlegungs- und Beweislast für die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen denjenigen trifft, der diese Ausgaben steuermindernd geltend macht (der StPfl hat also insoweit die sogenannte Feststellungslast). Bei solchen Auffälligkeiten oder und Plausibilitäten wird die Leistungserbringung regelmäßig bestritten.
Konsequenzen aus (angeblichen) Scheinrechnungen: Versagung Betriebsausgaben, Streichen der Vorsteuern
Dem Einzelunternehmer droht hier natürlich die Versagung des Betriebsausgabenabzug und die Streichung der Vorsteuern aus den Eingangsrechnungen des Nachunternehmers. Häufig behauptet die BP hier nicht ausdrücklich, dass es sich um Scheinrechnungen handelte, bestreitet aber die Leistungserbringung durch den Rechnungsaussteller. Bei der GmbH kommt bei Scheinrechnung idR noch eine vGA ins Spiel: Hier vermutet die BP regelmäßig, dass die Eingangsrechnungen nicht von dem Aussteller kommen und damit natürlich der Abfluss der Gelder durch einen ordnungsgemäß handelnden Geschäftsführer nicht erfolgt wäre und zumindest ein Teil der Abflüsse in den Taschen des Gesellschafter-Geschäftsführers landeten. Damit sind die Abflüsse in den Verfügungsbereich des Geschäftsführers oder ihm nahestehenden Personen gelangt und dies nur ohne Berechtigung bzw. ohne entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss, sodass darin die Gewinnverlagerung in den Privatbereich des Gesellschafter Geschäftsführers regelmäßig gesehen wird.
Die Nichterweislichkeit einer Leistungserbringung bedeutet nicht automatisch dass dies eine Scheinrechnungen ist
Die Annahme einer VgA ist aber keineswegs zwingend. Denn wenn die GmbH eine Abdeckrechnung genutzt hat, etwa um andere Betriebsausgaben abzudecken, sind keinerlei Gelder in den Vermögensbereich des Geschäftsführers verlagert worden, sondern nur beispielsweise Mitarbeiter für Überstunden oder Samstags- oder Sonntagsarbeit oder Kolonnen schwarz bezahlt worden, die Leistungen aber erbracht worden. Zunächst einmal ist, wenn der Nachweis der betrieblichen Veranlassung oder der Leistungserbringung nicht gelingt, deswegen die Eingangsrechnungen noch lange keine Scheinrechnungen. Die Scheinrechnungen verbucht den Gegenstand, dass sie frei erfunden ist und Inhalt oder Aussteller oder beides nicht der Wahrheit entsprechen. Die Nichtbeweisbarkeit eines solchen Umstandes weist aber doch nicht, dass die Rechnung deswegen nicht wahr wäre oder der Inhalt frei erfunden wäre.
Denn die Scheinrechnung ist doch nicht die einzig logische Konsequenz, die sich aus der Nichterweislichkeit der Leistungserbringung ergibt. Insoweit können steuerliche Nachteile entstehen, wenn der Rechnungsaussteller am Markt nicht mehr existiert, die Leistungserbringung nicht mehr nachweisbar ist. So können viele Leistungen einige Jahre nach deren Erbringung nachträglich nicht mehr bewiesen werden: Das Reinigen und Wischen von Gebäuden, Fenstern usw., Gartenpflege, Rasenschnitt, der Ölwechsel beim Auto, kurz um: Fast alle Pflege und Wartungsleistungen lassen sich nach Ablauf einer längeren Zeit nicht mehr wirklich beweisen. Bei all diesen Fällen kann man durch ein hartnäckiges bestreiten fast jeden Leistungsempfänger in Beweisnot bringen. Deswegen ist aber nicht automatisch bewiesen, dass die entsprechende Rechnung eine Scheinrechnungen ist. Aus der Nichterweislichkeit der Leistungserbringung folgt also nicht automatisch der Beweis dass dies nun eine Scheinrechnungen sei.
Aus einer Scheinrechnungen folgt nicht zwingend eine verdeckte Gewinnausschüttung
Eine Vermögensverschiebung in den Privatbereich des Geschäftsführers ist also nicht automatisch Folge einer Scheinrechnungen bei der GmbH. Dass die grundsätzliche Feststellungslast der Finanzbehörden für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Finanzamt liegt, gilt nach Auffassung des FG Hamburg hier nicht (Urteil v. 27.11.19, 2 K 111/17). Das FG Hamburg konstruiert hier eine Art Beweislastumkehr zu Lasten des Geschäftsführers: ist die Leistungserbringung streitig und kann diese nicht klar bewiesen werden, soll dies zu Lasten des Gesellschafter-Geschäftsführers gehen und ihm die vGA in Höhe der Betriebsausgaben zugerechnet werden.
Das FG Hamburg stellt in dem Urteil vom 27.11.19 erst einmal die Grundsätze da: die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Tatsachen, die eine vGA begründen, trägt grundsätzlich die Finanzbehörde. Hingegen trifft den Steuerpflichtigen die objektive Beweislast für die betriebliche Veranlassung der in der Buchführung als Betriebsvermögensminderung behandelten Aufwendungen. Hinsichtlich der Beweislastverteilung bei unklaren Betriebsausgaben meint das FG Hamburg, dass die Vorschrift über die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen, § 4 Abs. 4 EStG, Vorrang gegenüber Vorschriften habe, die anordnen, dass bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich außerbetrieblich veranlasste Vermögensminderungen dem Gewinn hinzuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985, I R 230/82, BFH/NV 1986, 490).
Der BFH hatte den Fall zu beurteilen, ob Rückstellung für eine Nur-Tantieme (ohne Gehaltsansprüche) an den Gf fremdüblich sei und entschied in diesem Vertragsverhältnis zwischen GmbH und Gesellschafter wegen der fehlenden Fremdüblichkeit sich gegen die Berechtigung des Betriebsausgabenabzugs. In diesem Kontext, auf den sich das FG Hamburg hier beruft, äußerte sich der BFH dahingehend, dass dann, wenn alle erheblichen Beweisanzeichen dafür, daß eine Zuwendung an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht betrieblich veranlaßt ist, sondern ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis hat, so geht ein noch verbleibender Rest an Ungewißheit zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil vom 23. Oktober 1985 – I R 230/82 –, juris).
unzulässige Umkehr der Beweislast beim FG Hamburg
Daraus macht das FG Hamburg unzulässiger Weise bei einer Zahlung an fremde Dritte die Beweislast Vermutung, dass dann, wenn bei der Zahlung an den fremden Dritten die betriebliche Veranlassung oder die Leistungserbringung unklar sei, gingen hier eventuelle Unklarheiten zulasten des Geschäftsführers und dies soll dann eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen. Einen solchen Obersatz hat der BFH aber nicht gebildet und ein solcher Obersatz lässt sich auch nicht aus dem Gesetz ableiten. Insoweit kann dem Urteil des FG Hamburg vom 27.11.19, 2 K 111 / 17 nicht gefolgt werden. Denn wenn der Nachweis der Leistungserbringung durch den Subunternehmer nicht erfolgreich geführt werden kann, folgt nicht automatisch daraus, dass hier eine Vermögensverlagerung in die Vermögenssphäre des Gesellschafter- Geschäftsführer erfolgt wäre.
Feststellungslast bei Scheinrechnungen
Der Steuerpflichtige trägt insoweit die objektive Feststellungslast, dass Minderungen des Betriebsvermögens tatsächlich entstanden und betrieblich veranlasst waren (BFH, Urteil vom 24.06.1976 IV R 101/75, BStBl II 1976, 562; BFH, Beschluss vom 21.04.2005, X B 115/04, n.v., juris).
Grundsätzlich genügt für den Betriebsausgabenabzug und den Vorsteuerabzug die Eingangsrechnung und die Bezahlung derselben. Es gibt aber Fälle, in denen die Finanzverwaltung Anhaltspunkte dafür hat, dass die Eingangsrechnung nicht in Ordnung ist. Dies kann durch Kontrollmitteilungen oder durch die entsprechenden Listen oder andere Auffälligkeiten in diesen Rechnungen begründet sein.
Vor-BP, frühere Auffälligkeiten
Auch eine frühere Auffälligkeit des Unternehmers durch die Verwendung von Scheinrechnungen, etwa entsprechende Selbstanzeigen oder Feststellungen in der Vor- BP könne natürlich Anlass sein, hier genauer zu prüfen. Ermittelt das Finanzamt erhebliche Umstände, die auf die Ausstellung von Scheinrechnungen hindeuten, so muss der Rechnungsempfänger seinerseits nachweisen, dass die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht wurden (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.12.2001, 3 K 1168/99 m.w.N.). Dies ist dann nach Ablauf von mehreren Jahren gar nicht mehr so einfach, insbesondere dann, wenn der ursprüngliche Rechnungsaussteller nicht mehr am Markt ist, etwa seinen Betrieb geschlossen hat, unbekannt verzogen ist, verstorben ist oder das Geschäft veräußert hat, dieses umbenannt wurde usw. Gibt es den Marktteilnehmer noch, dürfte bestimmt auch ein Ermittlungsverfahren gegen eingeleitet sein, wenn er im Verdacht steht, Scheinrechnungen erstellt zu haben.
nachträgliche Beweisbeschaffung
Wenn es diesen Marktteilnehmer jedoch noch gibt, wird der Unternehmer natürlich Kontakt aufnehmen und um Bestätigung bitten, dass die damalige Leistung von ihm erbracht wurde. Vielleicht hat der leistende Unternehmer noch Kontakt zu den Arbeitern, die die Leistung im Detail ausführten oder hat weitere Unterlagen dazu, etwa Stundenaufzeichnungen, Aufmaße, Notizen, Pläne, Bautagebücher, Besprechungsprotokolle, Einsatzpläne seiner Mitarbeiter, Materialeinkäufe usw. Hat aber auch der leistende Unternehmer keine detaillierten Unterlagen mehr oder etwa auch nie aufgezeichnet, und die damaligen Mitarbeiter nicht mehr beschäftigt, kann es schwierig werden, diesen Nachweis der Leistung durch den Rechnungsaussteller zu erbringen.
Probleme bei der nachträglichen Beweisbeschaffung lange zurückliegender Sachverhalte, Hauptptproblem: die Zeugen
Natürlich kann man den Firmeninhaber selbst um eine schriftliche Bestätigung bitten oder als Zeugen beim Finanzamt oder Finanzgericht benennen und vernehmen lassen. Aber auch hier gilt: Je schwächer die Erinnerung und je blasser die Aussage, umso weniger wird diesem Zeugen geglaubt werden. Und sollte der leistende tatsächlich noch Kontakt zu einigen der damaligen Arbeitnehmer haben oder diese gar noch heute bei ihm beschäftigt sein, ist natürlich immer die Frage, inwieweit sie sich an die einzelnen Baustellen erinnern können.
Wenn erfahrungsgemäß liegen solche Sachverhalte dann, wenn sie von der BP aufgegriffen werden drei oder vier oder noch mehr Jahre zurück. Für die meisten Arbeiter sehenden die Baustellen aus wie jeder andere, etwa wenn sie dort nur Fliesen gelegt haben oder Trockenbauwände erstellt haben oder verputzt haben. Wie die sich danach mehreren Jahren an Details erinnern können sollen, die überzeugend für alle dann deutlich macht, dass tatsächlich diese Leistungen durch diese Nachunternehmerfirma mit diesen Mitarbeitern konkret erbracht wurden, ist in den meisten Fällen recht schwierig. Trotzdem muss es natürlich versucht werden, diesen Beweis zu führen.
Hilfsweise: Schätzung der Betriebsausgaben, wenn die Eingangsrechnung nicht anerkannt wird
Gelingt dieser Nachweis nicht, obwohl Ausgaben der geltend gemachten Art angefallen sein müssen, sind die Besteuerungsgrundlagen ggf. gem. § 162 Abs. 1 S. 1 AO zu schätzen (BFH-Urteil vom 24.06.1997, VIII R 9/96, BStBl 1998 II, 51). Die Anforderungen an den Nachweis der betrieblichen Veranlassung sind umso strenger, je außergewöhnlicher bzw. zweifelhafter der zugrunde liegende Sachverhalt ist. Wird also behauptet, die Malerfirma habe durch Mitarbeiter oder den Inhaber Büroarbeiten erbracht, ist das natürlich möglich, bedarf aber einer detaillierten Darlegung, warum der Inhaber dieser Malerfirma oder deren Mitarbeiter hier besondere Kenntnisse und Fähigkeiten haben und warum Sie nicht auf ihrem Fachgebiet eingesetzt werden oder dafür überhaupt Zeit haben.
So ist es natürlich auch möglich, dass Firmen diversifizieren und sich nicht weiter auf ihren Kernbereichen spezialisieren. So kann theoretisch auch eine Firma quasi einen Gemischtwarenladen darstellen und von Bau- und allgemeinen Unterhaltsreinigungsarbeiten über Verputzarbeiten und Fliesenlegerarbeiten schließlich auch Organisations-, Schulungs- und Archivierungsarbeiten als Tätigkeitsfelder aufbauen und durchführen. Das muss nicht einmal ausdrücklich in einer geänderten Gewerbeanmeldung dokumentiert werden. Aber eine Dokumentation auf einer Homepage oder auf Flyern, Visitenkarten oder anderen Werbemedien wäre jedenfalls schön, wenn natürlich auch nicht zwingend.
Art- und branchenfremde Betätigungsfelder der Subunternehmer
Erst einmal wird aber die BP bzw. die Steuerfahndung es für sehr ungewöhnlich halten, dass eine verputzter oder Fliesenlegerfirma Archivierungs- oder Schulungsmaßnahmen durchführt. Meistens wird man hier unterstellen, dass die Maler oder verputzter weder von der Ausbildung noch intellektuell ausgebildet sind oder geeignet sind. Gleichwohl kann sich aber jemand auch privat als Autodidakt hier weiterbilden und solche Aufgaben übernehmen. Dies muss dann entsprechend unter Beweis gestellt werden bzw. entsprechend vorgetragen werden, um hier die bestehenden und aufkommenden Zweifel bei dem Prüfer zu überwinden.
Eine Kumulation von atypischem Geschäftsverhalten und das Fehlen jeglicher Dokumentation über geleistete Arbeiten und dann dazu auch noch Barzahlungen der jeweiligen Rechnungen legt die Annahme der Erteilung von Scheinrechnungen ohne tatsächlichen Leistungsaustausch nahe. Allerdings hilft hier die Überweisung auch nicht wirklich weiter, denn hier wird die Steuerfahndung sich die Kontenbewegungen bei dem Rechnungsaussteller ansehen und wenn hier die eingehende Beträge mehr oder weniger zeitnah in ähnlichen Größenordnung (vorbehaltlich einer eventuellen Provision) wieder abgehoben werden, sieht darin die Steuerfahndung häufig den Kick Back. Da hilft es nicht zu argumentieren, dass hiervon Löhne, Material oder andere Aufwendungen bei dem Rechnungsaussteller bar bezahlt wurden und er doch die Gelder abheben dürfe bzw. hierfür benötigt habe.
Bargeschäfte
Bargeschäfte in Höhe von mehrerer Zehntausend Euro gehören keineswegs zum üblichen Geschäftsverkehr; sie sind vielmehr die absolute Ausnahme. Auch wird natürlich sofort kontrolliert, woher die Gelder kommen. Sind sie zuvor bei der Bank abgehoben worden, und werden Sie zeitnah dann an den Rechnungsaussteller übergeben zur Bezahlung der Rechnung, mag dies vielleicht noch plausibel sein, gerade wenn bei dem beispielsweise die Konten gesperrt sind, etwa weil das Finanzamt dort gepfändet hat. Dennoch hat mittlerweile Bargeld, auch wenn es das gesetzliche Zahlungsmittel ist, ein geschmacklicher, jedenfalls bei größeren Summen. Was sind größere Summen? Dafür gibt es keine festen Regeln. Man wird hier wahrscheinlich fünfstellige Beträge schon als befremdlich ansehen. Kleinere und mittlere vierstellige Beträge werden ausnahmsweise vielleicht einmal akzeptiert, wenn ansonsten im Übrigen die Rechnungsbeträge immer überwiesen werden. Dies gilt auch und gerade in der Baubranche (vgl. Beschluss des Senats vom 27.02.2014, 2 V 4/14, PStR 2014, 196).
Schriftlichkeit von Verträgen und Folgeverträgen
Ebensowenig sind spätere Nachträge zum ursprünglichen Auftrag ohne jegliche schriftliche Erfassung im Geschäftsverkehr nach Auffassung der Finanzverwaltung und mancher Finanzgerichte üblich. Wenn es also zu Erweiterung des Auftrags kommt, oder zu Anschlussaufträgen, sollten diese sinnvollerweise schriftlich, notfalls nur per E-Mail dokumentiert werden.
Häufige Wechsel in der Geschäftsführung des Nachunternehmers auffällig und Indiz für Scheinrechnungen – Problem: Retroperspektive der Verwaltung und der Gerichte – statt zeitaktuelle, situationsabhängige Entscheidungsperspektive des Auftraggebers
Schließlich kann ein häufiger Wechsel in der Geschäftsführung eines Subunternehmers ein Anzeichen für eine Servicegesellschaften sein. Nach Auffassung des FG Hamburg sind häufige Wechsel der GEschäftsführer für Scheinrechnungsauzssteller typisch (FG Hamburg, Uretil vom 27.11.19, 2 K 111/17). Damit können häufige Geschäftsführerwechsel, gegebenenfalls einhergehend mit Sitzverlegung und der späteren Löschung nach Auffassung des FG Hamburg ein Indiz dafür sein, dass dies nur Scheinrechnungen waren (FG Hamburg, Urteil vom 27.11.2019, 2 K 111/17, Rn 44).
Das Problem bei dieser Rechtsansicht des FG Hamburg ist allerdings, woher der steuerpflichtige Auftraggeber im Zeitpunkt der Beauftragung dies wissen kann oder soll. Insoweit etnsteht in der Praxis der Geschäftskontakt, die Arbeiten werden durch den Subunternehmer ausgeführt. Rechnungen werden geschrieben und bezahlt. Und dann gibt es vielleicht noch ein oder merhere Folgegeschäfte. Der zusammenfassende, rückblickender Betrachtungswinkel des FG Hamburg geht allerdings nicht auf die Frage ein, wie dies der Auftraggeber im Zeitpunkt der Beauftragung hätte erkennen können oder sollen, sondern das Finanzgericht Hamburg legte einen Maßstab an, der rückblickend die gesellschaftsrechtliche bzw. unternehmensmäßige Betrachtung des Subunternehmers viele Jahre später rückblickend analysiert.
Das Finanzgericht verkennt dabei, dass diese Indizien, die dann das Finanzgericht aus der rückblickend den Perspektive und den staatlichen Erkenntnismöglichkeiten dem normalen Beweisvorsorge für den Auftraggeber Auftraggeber gar nicht möglich sind. Insoweit müsste das Finanzgericht Hamburg hier richtigerweise auf den Zeitpunkt der Beauftragung des Subunternehmers abstellen und darauf, was ein ordentlicher Geschäftsführer bzw. Einzelunternehmer in diesem Moment über seinen Vertragspartner kennt oder vielleicht im Rahmen der üblichen Abläufe ermitteln oder erkennen kann. Das ist möglicherweise ein viel kleineres, viel eingeschränkteres Bild, als das Finanzgericht hier viele Jahre später rückblickend über den Subunternehmer hat. Richtig wäre es natürlich auf die Kenntnis und die erkennbaren Sachverhalte aus Sicht des beauftragenden Unternehmers im Zeitpunkt der Vergabeentscheidung der Aufträge abzustellen.
Unklarer Umfang der Leistungserbringung – Unklarheit ob überhaupt Leistungen beauftragt wurden
Bleibt der tatsächliche Umfang entstandener Aufwendungen allerdings vollständig unklar, gehen diese Ungewissheiten zu Lasten desjenigen, der diese als Betriebsausgaben geltend machen will. Der Unternehmer behauptet beispielsweise Kosten für eine Baureinigung i.H.v. 7400 € bar bezahlt zu haben, hat aber hierzu keine Belege. Kann er dazu die Baureinigungsfirma nicht mehr benennen, weil er keine Unterlagen mehr hierüber hat, werden die Betriebsausgaben oder Vorsteuern i.d.R. nicht anerkannt.Hier ist es unerheblich, ob der Unternehmer nur den Namen vergessen hat oder ob ihm die Belege gestohlen wurden oder aus sonstigen Gründen abhanden gekommen sind.
Auch wenn er argumentiert, dass eine Baureinigung zwischendrin immer mal wieder sein müsse, um vernünftig in dem Projekt arbeiten zu können, wird er aber hier diese Betriebsausgaben (und gegebenenfalls Vorsteuern) nicht geschätzt bekommen, wenn es keinerlei Ansätze für die Durchführung der Arbeiten und die Entstehung dieser Betriebsausgaben gibt. Auch wenn der Unternehmer natürlich Recht hat, dass solche Baureinigungen auch vielleicht zwischendrin notwendig und nötig sind, wenn es die eigenen Mitarbeiter nicht machen und etwa vor dem nächsten Abschnitt, etwa vor dem Fliesenlegen natürlich der Estrich gesäubert und gereinigt werden muss. Für eine Schätzung der Betriebsausgaben besteht dann kein Raum wenn es sogar keinen Anhaltspunkt, so keine Indizien für die Durchführung dieser Arbeiten und das Entstehen der Betriebsausgaben in dieser Höhe gibt, auch wenn es nachvollziehbar ist, dass diese Arbeitsschritte sinnvollerweise durchgeführt worden wären oder es jedenfalls nicht unmöglich ist, dass diese erbracht wurden.
Ermittlungen, Vernehmungen – und Warnanzeichen für den Auftraggeber
Teilweise erhebt die Finanzverwaltung Beweise und fragt, ob Firmenfahrzeuge der Subunternehmer mit Beschriftung oder Mitarbeiter der Subs mit fachgerechter Arbeitskleidung mit Firmenaufschriften aufgetreten sind. Natürlich ist weder eine werbemäßig beschriftete Firmenfahrzeug Flotte für ein Unternehmen erforderlich, § 2 Abs. 1 UStG, noch die Ausstattung der Mitarbeiter mit einer einheitlichen fachgerechten und beschrifteten Arbeitskleidung. Andererseits liegen viele Firmenwert auf Corporate Identity und einen firmenmäßigen professionellen Auftritt und haben daher beschriftete Firmenfahrzeug und entsprechend eingekleidet Mitarbeiter. Eine bunt gewürfelter Firmengruppe mit Jeans, Turnschuhen und unter Arbeitskleidung sprechen daher aus Sicht der Verwaltung häufig für schwarz bezahlte Kolonnen. Auch auf dem Bau gilt also: Kleider machen Leute. Für den Auftraggeber können dies Warenzeichen sein.
Beweisvorsorge für den Auftraggeber – Absicherungsideen
Umgekehrt kann der Auftraggeber natürlich hier auch Beweisvorsorge für sich treffen, indem er die beschrifteten Firmenfahrzeuge der Subunternehmer fotografiert, die Arbeiten mit Firmenkleidung und Firmenlogo fotografiert und Baustellenkontrollen oder Bautagebücher einführt, in denen jeder anwesende Arbeiter sich und seine Firma eintragen muss. Bei großen Baustellen ist eine entsprechende Einlasskontrolle ohnehin regelmäßig vorhanden. Bei kleineren Baustellen kann dies durch Bautagebücher oder rechtlich Kartensysteme ebenfalls eingeführt werden.
Und wer sich nicht eintritt oder wer nicht schlicht, wird nicht bezahlt. Insoweit können natürlich auch Stechkartensysteme bzw. Stechuhren verpflichtend auch auf kleineren Baustellen eingeführt werden, in denen die Anwesenheiten der Subunternehmer und deren Mitarbeiter zwecks Kontrolle der späteren Rechnungen mit kontrolliert werden können. Dies funktioniert jedenfalls dann, wenn nach Stunden abgerechnet wird. Dies funktioniert natürlich nicht, wenn nach Quadratmetern oder nach zu erbringenden Leistungsabschnitten abgerechnet wird. Allerdings lässt sich vielleicht dennoch die Nutzung eines solchen Bautagebuch ist oder von solchen dann auftraggeberseits zu stellenden Stechuhren vertraglich vereinbaren oder auch aus Bausicherheits- oder mit versicherungsrechtlichen Gründen verargumentieren. Dann bekommt jeder Arbeiter eine entsprechende Stechkarte, sodass seine Arbeitsleistung bzw. seine Arbeitszeiten und seine Anwesenheiten überprüfbar sind.
Namentliche Erfassung der Arbeitnehmer des Subunternehmers: Stechkarten, Bautagebücher
Der Vorteil ist, dass dieser Arbeiter des Subunternehmers natürlich mit Namen und Anschrift erfasst wird. Die Stechkarte wird entsprechend personalisiert herausgegeben mit dem Verbot, diese an andere zu übertragen. Damit ist die Leistungserbringung durch den Subunternehmer kontrollierbar. Dies sogar täglich, selbst wenn der Bauherr bzw. der Generalübernehmer nicht ständig die Anwesenheiten auf den Baustellen kontrollieren kann. Die weitere Beweisvorsorge liegt natürlich darin, dass dieser Mitarbeiter des Subunternehmers erfasst ist und später als Zeuge vernommen werden kann. Es kann allerdings passieren, dass bestimmte Subunternehmerfirmen dies nicht wollen. Soweit sie auf ihre allgemeinen Persönlichkeitsrechte beharren und sich solchen Erfassungen widersetzen, bleibt nichts anders, als auf die Zusammenarbeit zu verzichten. Daraus folgt nicht gleich, dass diese unseriös oder gar Schwarzarbeiter sind.
Kontrollen durch Bauleiter, Zugangskontrollen
Hier bleiben dann ansonsten nur Kontrollen durch den Bauleiter. Ob dabei aber alle Subunternehmer bzw. der mit Arbeiter sich ausweisen, sodass die Namen der auftretenden und arbeitenden Arbeiter tatsächlich sachgerecht erfasst werden können, ist dann eine Frage des Einzelfalls. Was machen Sie, wenn die langersehnte Zimmermannsfirma endlich mit vier werbemäßig beschrifteten Fahrzeugen und dem Gebälk anrückt und der Bauleiter die Namen erfassen will, die Mitarbeiter verweigern dies und drohen an, zu gehen, wenn sie nicht in Ruhe hier Gebälk aufschlagen können ohne solche Belästigungen oder Schikanen.
Sie fühlten sich in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht tangiert – im Übrigen sollte dies der Bauleiter mit dem Inhaber der Zimmerei doch bitte klären? Lassen sie die dann offensichtlich von dieser Zimmerei kommenden Arbeiter wieder wegfahren, wenn diese sich nicht ausweisen wollen oder können oder schicken Sie diese dann wirklich von der Baustelle? D. h. dann gegebenenfalls Annahmeverzug, Verzögerungs- und Behinderungsanzeigen, Konsequenzen nach der VOB? Und das alles nur weil Sie die Leistungserbringung des Subunternehmers revisionsicher für das Finanzamt festhalten wollten?
Firmenpapiere der Subunternehmerfirmen – Sorglospapiere
Viele Auftraggeber sichern sich ab, in dem sie sich über ihren Vertragspartner informieren und sich Firmenpapiere der Subunternehmer aushändigen lassen. Dies ist prinzipiell richtig. Unter dem Stichwort „know your customer“ müssen sie sich als ordentlicher Kaufmann natürlich über ihren Vertragspartner vergewissern. Dazu gehört es dessen korrekten Namen, dessen rechtliche Existenz und den Firmensitz zu erfassen. Und auch dessen steuerliche Erfassung zu prüfen und zu dokumentieren. Hier muss der ordentliche Kaufmann sich schon im Rahmen der Geschäftsanbahnung den Handelsregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen und SOKA- Bau usw. geben lassen.
Ebenso Bescheinigungen vom Finanzamt und andere behördliche Dokumente sowie eine Ausweiskopie des Geschäftsführers oder des Bauleiters oder des als verantwortlich auftretenden Verhandlungspartners. Hilfreich wäre natürlich auch den zuständigen Steuerberater zu erfragen. Optimal ist es, vom Steuerberater eine Bescheinigung über die ordnungsgemäße Versteuerung der Eingangsumsätze zu erhalten. Sinnvoll ist es den Geschäftspartner mal vor Ort zu besuchen und sich dessen Geschäftsräume anzusehen. Sinnvollerweise macht man anlässlich dieser Gelegenheit auch hier ein paar Bilder vom Büro, den Firmenaufschriften am Haus und Firmen-Pkws.
Dies jedenfalls dann, wenn umfangreichere Umsätze mit diesem Subunternehmer geplant sind oder sich im Laufe der Zeit ergeben. Meistens haben aber die Auftraggeber nur den Handeelsregisterauszug, die Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Krankenkassen, die Bescheinigung vom Finanzamt, eine Gewerbeanmeldung und eine Ausweiskopie des Inhabers/Geschäftsführers, mehr nicht. Zoll- und Steuerfahndung berichten hier, dass diese sogenannten Sorglospakete gegen einen kleinen Aufpreis bei dem Kauf von Scheinrechnungen mit gekauft werden können und legen diesen Absicherungen keinen Wert bei.
Wert und Unwert der Gründungspapiere
Einzuräumen ist, dass diese Gründungspapiere natürlich nur die rechtliche Existenz bzw. die Gründung dieser Firmen belegen. Sie belegen aber nicht die Leistungserbringung in dem konkreten Einzelfall. Damit ist diese Absicherung für den Auftraggeber natürlich einerseits wichtig, dahingehend, dass er seine Vertragspartner kennt und diese Firma auch tatsächlich real existiert und offensichtlich beim Finanzamt auch geführt wird. Andernfalls gäbe es schließlich keine Bescheinigung in Steuersachen und keine Steuernummer. Damit sind diese Papiere keineswegs wertlos.
Sie anzufordern gehört zu den Pflichtaufgaben des ordnungsgemäß agierenden Firmeninhabers bzw. Geschäftsführers. Aber sie sagen tatsächlich nicht aus, dass durch jene Firma die konkreten Leistungen wie in den Rechnungen beschrieben erbracht wurden. Hier muss also deutlich mehr auf den Beweis der Leistungserbringung durch diesen Sub geachtet werden. Für den Fall des späteren Bestreitens der Leistungserbringung durch diesen Subunternehmer muss das beauftragende Unternehmen deutlich mehr auf den Beweis der Leistungserbringung durch den Sub achten. Möglich sind Lichtbilder, Arbeitsprotokolle, Bautagebücher, Stundenzettel, schriftlich fixierte Mängelrügen, schriftliche Verzögerungsrügen, Korrespondenz usw..
Abwegig: FG Hamburg: Keine Schätzung obwohl Leistungen erbracht und Aufwand entstanden sein müssen
Das FG Hamburg will Betriebsausgaben nicht einmal schätzen, auch wenn diese entstanden sein müssen. So schreibt es in der Entscheidung vom 27.11.19: „Steht dagegen fest, dass dem Steuerpflichtigen im Hinblick auf erlangte Fremdleistungen dem Grunde nach Betriebsausgaben entstanden sein müssen, aber nicht nachgewiesen ist, dass Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe betrieblich veranlasst waren, ist diese nicht feststellbare Besteuerungsgrundlage gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen (BFH-Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BStBl II 1998, 51).
Im Streitfall ist indes gänzlich unklar, in welchem Umfang der Klägerin Personalaufwand für die Durchführung der in Rede stehenden Bauprojekte entstanden sein könnte, ob durch eigene „Schwarzarbeiter“ bzw. die Inanspruchnahme von Arbeiterkolonnen und in wieweit sie hierfür möglicherweise auch Subunternehmer eingesetzt hat, deren Rechnungen vom Beklagten nicht beanstandet wurden. Aufgrund dieser Ungewissheiten, die zu Lasten der Klägerin gehen, sieht der Senat keinen Raum für eine Schätzung von Personalaufwand als Betriebsausgabe.“ (FG Hamburg, Urteil vom 27.11.2019, Az. 2 K 111/17, Rn 48).
Checkliste für das Erkennen von Scheinrechnungen
Man kann so eine Art Checkliste für Scheinrechnungen sich beim Finanzamt wie folgt vorstellen:
- Rechnungsaussteller passt namensmäßig nicht (Baufirma macht angeblich Büro- und Schreibarbeiten, Reinigungsfirma macht Werbeaktionen und Marketing)
- Rechnungsaussteller hat die Qualifikation nicht (Hausmeisterfirma macht Büroarbeiten, erstellt Werbekonzepte)
- Objektbeschreibung ungenau („Fliesenlegearbeiten, 450 qm in Frankfurt“,
- Leistungsbeschreibung ungenau („Trockenbau 540 qm“; „Unternehmensanalyse und Entwicklungsberatung“)
- Keine Korrespondenz (keine Absprachen über Arbeitsbeginn, keine Mängelrügen, keine Minderungen, keine Mahnungen, keine Rechnungsabzüge, keine Reklamationen, keine Verzug, keine Baubesprechungen, keine Bauprotokolle, keine Lichtbilder, keine Abnahmeprotokolle usw.)
- Keine Leistungsnachweise (keine Rapportzettel, keine Lichtbilder, keine Abnahmen, pauschal, 580 Stunden ohne Aufstellung)
- Kein Materialeinkauf
- Keine Arbeitskleidung, keine Arbeitsschuhe, keine Handschuhe, Mützen, Masken für Mitarbeiter
- Kein eigenes Werkzeug der Subunternehmer
- Keine eigenen Firmenfahrzeuge, keine Firmenmäßige Beschriftung, keine Logos (wenn dann kamen die Arbeiter in privaten Pkws (=bunte Truppe wie bei der Kleidung)
- Ungewöhnliche weite Entfernungen (Subunternehmer aus Wuppertal, Arbeitseinsatzort in Koblenz, keine Übernachtungskosten, keine Anfahrtswege, unklar, wie Firmenkontakt entstand)
- Sorglospapiere (Gewerbeanmeldung, HR-Auszug, Unbedenklichkeitsbescheinigungen, Bescheinigungen in Steuersachen) als einzige Unterlagen beim Leistungsempfänger über den Sub
- Barzahlung der Rechnungen
- Schreibfehler in Rechnungen, unprofessionell aussehende Rechnungen (keine Festnetznummer, kein Fax, keine Emailadresse), fehlende Angaben (keine Banken) oder bei GmbHs fehlende oder überholte Pflichtangaben (alter Gf, längst Abberufen im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung, kein Geschäftsführer, keine HR-Nr, kein zuständiges AG eingetragen)
- Keine homepage der Subunternehmerfirma
- Überweisung an Sub und zahlreiche unverzügliche Bar-Abhebungen beim Leistenden
- Keine Sozial- und Lohnaufwendungen beim Leistenden, keine Steuererklärungen oder kaum Umsätze beim Leistenden
- DRV: unlogische Anmeldungen, sprunghaft und fast immer nur geringfügige AN beim Leistenden
- Leistender: Keine homepage, keine Schilder am Betriebssitz (oder nur handschriftliche provisorisch aussehende Beschriftungen an Tür und Klingelschild), Büroeinrichtung eher wie aus dem Umzugskarton: provisorisch, lieblos, keine Pflanzen, keine Bilder, nur ein paar Schreibtische, klinischer, unwirklicher Eindruck
- Häufiger Geschäftsführerwechsel und zahlreiche fremdländisch klingende Geschäftsführernamen (Hoch und Tiefbau Müller GmbH, Gf Ali Mohammed Tüskün[1] …)
- Leistender existiert nur vorübergehend und taucht spätestens dann ab, wenn behördliche Prüfungen anstehen (Zoll, BP).
Diese Checkliste kann natürlich nicht abschließend sein. Einzelne oder mehrere Punkte der Liste belegen noch keine Scheinrechnung. Es sind aber Ansätze und Erfahrungen aus zahlreichen Beanstandungen seitens BP, Steuerfahndung und Zollfahndung dieser Art von Fällen. Die Checkliste kann also hier nur für den Unternehmer erst einmal Anlass geben, über seine Vertragspartner nachzudenken. Bei Bejahung des einen oder anderen Punktes sollte der Unternehmer über seine Absicherung hinsichtlich der tatsächlichen Leistungserbringung durch diesen Subunternehmer nachdenken. Im eigenen Interesse muss die Leistungserbringung durch diesen konkreten Subunternehmer besser und nachhaltiger dokumentiert werden.
[1] Dieser wie alle anderen Namen in diesem Aufsatz sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig. Die Namen dienen nur der beispielhaften Illustration.
Der Fachmann bei Scheinrechnungen und anderen steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Problemen: RA Dr. jur. Jörg Burkhard
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