Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3152) soll die Unveränderbarkeit von digitalen Grundaufzeichnungen sichergestellt und Manipulationen ein Riegel vorgeschoben werden. Das vorgesehene Maßnahmenpaket besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten:
- Verpflichtender Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystem (keine Registrierkassenpflicht),
- Einführung einer Kassen-Nachschau,
- Sanktionierung von Verstößen. Welche elektronischen Aufzeichnungssysteme über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen, wird durch die Kassensicherungsverordnung festgelegt. Der Bundestag hat dieser Verordnung am 2. Juni 2017 zugestimmt; die Zustimmung des Bundesrates erfolgte am 7. Juli 2017.
Quelle: BR-Drucksache 561/17 v 11.08.2017
Rückfrage: Hilft das Gesetz? Ist es nicht wie bei allen Geldscheinen? Alle paar Jahre hören wir, dass die Sicherheitsstandards bei Geldscheinen erhöht werden und neue Merkmale in die angeblich nun fälschungssicheren Geldscheine eingebaut wurden. Die alten Geldscheine werden sukzessive vom Markt genommen und durch die neuen ersetzt. Diese werden immer besser, raffinierter und sind dann angeblich fälschungssicher – bis dann einige wenige Monate oder Jahre danach die ersten Blüten auftauchen. Dann wird wieder gewarnt vor vielen gefälschten fünfzigern oder hundertern oder was auch immer. Und dann geht die Runde wieder von vorne los: Die nächste Generation wird wieder mit weiteren Sicherheitsmerkmalen verändert auf den Markt gebracht und ist nun aber jetzt angeblich fälschungssicher. Bis dann wieder einige wenige Monate oder Jahre danach die ersten Blüten auftauchen… Ob also die TSE (= technische Sicherheitseinrichtung) tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist, bleibt abzuwarten. Anders formuliert: Ob die nach derzeitigem Erkenntnisstand und Vorstellungsbild tatsächlich absolut sichere technische Sicherheitseinrichtung nicht doch irgendwann umgangen wird, wird die Zukunft zeigen. Ich will hier auch gar nicht tun können: Es bleibt dem BMF und letztendlich uns allen gar nichts anderes übrig, als zu versuchen, den Sicherheitsstandard zu optimieren. Trotz der Erkenntnis oder der Befürchtung, dass man möglicherweise alle Sicherheitseinrichtungen knacken und manipulieren kann, ist es gleichwohl ist natürlich richtig, dafür zu sorgen, dass nicht manipuliert werden kann. Es wäre schön, endlich das perfekte System gefunden zu haben. Realistischerweise meine ich, dass man auch das beste System irgendwann knacken und umgehen wird können. Aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden bzw. aus Sicht des Bundesfinanzministeriums oder des Gesetzgebers kann man gleichwohl nicht tatenlos zusehen, sondern muss natürlich dafür sorgen, die richtigen und verbindlichen Vorgaben für alle vorzugeben, sodass auch jeder weiß, was das Maß der Dinge ist. Dabei genügt es natürlich nicht, dass das BMF irgendwelche BMF-Schreiben veröffentlicht, da diese unverbindlich sind (so etwa die 1. Kassenkassenrichtlinie vom 9.1.1996 und die 2. Kassenrichtlinie des BMF vom 26. 11. 2010). Die maßgebenden, wesentlichen Regelungen muss immerhin der Gesetzgeber erlassen (sogenannter Parlamentsvorbehalt). Damit muss auch der Gesetzgeber regeln, für welche Bereiche elektronische Kassen zwingend erforderlich sind bzw. dass oder ab wann Kassennutzer bestimmte Voraussetzungen mit ihren Kassen erfüllen müssen. Das kann nicht alles irgendwelchen BMF-Schreiben der Finanzerwartung überlassen bleiben, zumal es hierfür keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gibt. Die BMF-Schreiben sind insoweit bloße Meinungsbekundungen, etwa Aufsätze wie solche von mir und anderen Autoren.
Sehr verwunderlich ist allerdings, dass neben der elektronischen Kasse immer noch ein Kassenbuch (in Buchform oder in Form von aneinandergereihten durchnummeriert und datenmäßig versehenen einzelnen Blättern) gefordert wird, in dem dann die bar bezahlten Betriebsausgaben, die Privatentnahmen und die Privateinlagen eingetragen werden müssen. Warum hier die Kassen nicht längst ein ganzheitliches System anbieten, bei dem auch Freitexte eingegeben werden können und Barausgaben als auch Privatentnahmen und Privateinlagen gebucht werden können, ist nicht nachvollziehbar. Dieses doppelseitiges System: Alle Einnahmen in die elektronische Ladenkasse ein zu buchen und darüber hinaus papiermäßig in ein Kassenbuch Barausgaben, Privatentnahmen und Privateinlagen zusätzlich einzutragen zu der abendlichen Kassenlosung aus der elektronischen Kasse, ist ein Mischmarsch aus konventioneller handgeschriebener Kassenbuchführung und der Einbettung der Daten aus der elektronischen Ladenkasse und man staunt, warum die elektronische Ladenkasse das nicht längst alles implementiert, sodass nur noch ein System vorhanden wäre.
Zu dem derzeitigen Maß der Dinge gehört nach Auffassung des BMF auch die Meldung von Standorten und Einsatzorten einzelner Kassensysteme. Dem Finanzamt muss danach also Hersteller, Typ, Gerätenummer und Aufstellungsort bekannt gegeben werden. Die Formblätter sind mit einer gewissen Verzögerung mittlerweile aber erhältlich. Ursprünglich hätten die Formblätter eigentlich schon im Dezember 2019 vorhanden sein müssen, damit die Meldungen zum 1.1.2020 hätten gemacht werden können. Die TSE hätte auch zum 1.1.2020 installiert sein müssen, da der Markt dies jedoch nicht liefern konnte, weil die BSI (=Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) nicht rechtzeitig die Anforderungen erstellen konnte, duldet die Finanzverwaltung verspätete Installationen der TSE bis zum 30.9.2020. Das „Dulden“ ist insoweit lustig, weil das BMF vorher die Anforderungen mit dem BSI zusammen noch nicht entwickelt hatte, also die Hersteller vorher gar nicht entwickeln und herstellen konnten. Wie sollten da die Gastwirte die TSE Einrichtungen kaufen und installieren können, die es am Markt noch gar nicht gab?
Jetzt schreiben wir schon Februar 2021 und Sie haben immer noch keine Sicherheitseinrichtung? Die Frist wurde im Juli 2020 aufgrund der Coronakrise von allen Bundesländern (mit Ausnahme von Bremen) bis zum 31. März 2021 verschoben. Voraussetzung ist allerdings, dass die betroffenen Unternehmen einen verbindlichen Auftrag zur Aufrüstung ihres Kassensystems mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) gegeben haben und nachweisen können.
Seit Ende Dezember 2019 gibt es die ersten durch das BSI zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE). Aktuell von Swissbit Germany AG, cv cryptovision GmbH und D-Trust GmbH. Also können die Hersteller von Kassensystemen nun eine zertifizierte TSE in ihre Systeme einbauen. Es ist aber wohl so, dass nur jeder Hersteller für das von ihm erbaute lizenzierte Kassensystem seine eigene TSE-Sicherheitseinrichtung erstellt. Eine globale, universell für alle Kassen passende TSE-Sicherheitseinrichtung gibt es wohl nicht.
Es gibt aber 1. TSE-Sicherheitseinrichtung-Hersteller, die garantieren, dass Ihre TSE den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.
So garantiert ready2order:
„ready2order stellt sicher, dass ab 1. Januar 2020 mit unserem Kassensystem bei ordnungsgemäßem Betrieb und inklusive des notwendigen Zertifikats die ab diesen Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen erfüllt werden können.“
Und orderbird verspricht:
„Das orderbird Kassensystem erfüllt garantiert die Anforderungen der Kassensicherungsverordnung (KassensichV) und Ihre Daten sind vor Manipulation sicher. Sie erhalten trotzdem eine Geldbuße für einen Verstoß gegen die KassenSichV aufgrund unserer Kasse? Wir übernehmen die Strafe!“
Das meint wohl aber nur die Geldbuße nach § 379 AO. Immerhin werden die einen sagen. Das aber dann in diesem Fall auch vermutlich die Buchführung verworfen wird und ein Strafverfahren gegen den Unternehmer eingeleitet wird sowie dann entsprechend nach § 162 AO geschätzt wird ist eine andere Sache. Die Steuern aus der Schätzung sind natürlich ungleich höher, als die Geldbuße nach § 379 AO. Die komplette Strafverteidigung und die steuerliche Abwehr kostet zudem ebenfalls gilt. Das Versprechen die Kassen aufstelle nicht mit zu übernehmen. Aber immerhin: Sie machen wohl Werbung für die Sicherheit Ihres Systems und sind überzeugt von ihrer Sicherheitseinrichtung.
Die TSE und die Pflicht zur Aufzeichnung der Aufstellungsort der Kasse mitsamt Hersteller und Typenbezeichnung besteht (grundsätzlich) seit dem 1.1.2020 (vorbehaltlich der gewährten Frist-Verlängerungen).
Fragen dazu? Dann rufen Sie an: Rechtsanwalt Dr. jur. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, der Spezialist für streitige Steuerrecht, Steuerstrafrecht, Betriebsprüfungen, Fahndungsprüfungen, digitale Betriebsprüfung, Kasse, Kassennachschau, Verprobungen aller Art, Tax Compliance, Selbstanzeige: 06 11 – 890910, bundesweit tätig