Krankmeldungen bei Gericht
Krankmeldungen bei Gericht: Immer wieder werden Prozessbeteiligte, Kläger, Angeklagte, Anwälte oder auch Zeugen unmittelbar vor einer mündlichen Verhandlung krank. Da stellt sich die Frage, welche Krankmeldung bei Gericht einzureichen ist. Viele reichen lediglich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, also jenen gelben Zettel, den man bei dem Arbeitgeber für eine Krankmeldung einreicht.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht nicht für Krankmeldungen bei Gericht
Das Problem ist, dass diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber keine Details erhält. Dort steht nicht, welche Erkrankung der Patient hat oder wie krank er ist. Der Richter kann sich daraus kein eigenes Bild mahen, kein Urteil erlauben. Dabei ist er es gewohnt, dass Entscheidungen nach Sachverhalten trifft. Gegenüber dem Arbeitgeber genügt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Datenschutz, allgemeines Persönlichkeitsrecht oder was auch immer sind hier vielleicht die Argumente, warum eine solche letztendlich nichtsagende Bescheinigung des Arztes für das Zuhause-bleiben- dürfen und die Lohnfortzahlung ausreicht.
Krankmeldungen bei Gericht: Qualifiziertes Attest erforderlich, Datenschutz hin oder her
Bei Gericht ist das anders. Datenschutz, allgemeines Persönlichkeitsrecht oder was auch immer gilt hier offenbar nicht oder jedenfalls nicht so. Für eine Krankmeldung bei Gericht benötigen Sie ein qualifiziertes Attest. Hieraus muss sich also ergeben, welche Erkrankung Sie haben und wie ernsthaft diese ist. Der Arzt darf also auf der Krankmeldung für das Gericht nicht einfach vorschreiben, dass die transportunfähig oder verhandlungsunfähig sind. Sondern er muss den Befund und die Diagnose so genau wie möglich und so detailliert wie möglich aufschreiben. Er darf natürlich auch am Ende eine Würdigung vornehmen und beispielsweise aus seiner ärztlichen Sicht zu dem Ergebnis kommen, dass Sie transportunfähig sind oder verhandlungsunfähig.
Aufwand, Neuterminierung in Monaten, Gewährung von Rechtsschutz
Man kann vielleicht auch die Richter verstehen, die sich Termine vorbereiten, gegebenenfalls Zeugen laden, die anderen Prozessbeteiligten laden und dann endlich den Termin vor sich sehen. Und dann findet die Verhandlung nicht statt, bloß weil jemand krank ist? Neben dem Aufwand für die Geschäftsstelle ist es natürlich ärgerlich, wenn man sich auf die Verhandlung vorbereitet hat und diese zerplatzt dann quasi wenn man unmittelbar davor ist.
Und viele Gerichte terminieren Monate im vor hinaus. Deshalb kann der Ersatztermin beim Entfallen eines Termins dann meist erst in einem halben Jahr oder noch später erst stattfinden. Jedenfalls ist das bei vielen Amtsgerichten so. Bei den Finanzgerichten ist meist noch nicht solange im Vorhinein terminiert. Die Neuterminierung dauert oft mehrer Monate. Dann muss man sich wieder in die Sache einarbeiten und die Geschäftsstelle lädt wieder die ganzen Verfahrensbeteiligten und dann könnte er schließlich das Ganze erneut wieder so passieren. Vom selben Prozessbeteiligten oder von Anderen.
Damit kommt man quasi nie voran. Die Erledigungsstatistiken werden nicht vorangetrieben und man ist quasi permanent dabei, sich immer wieder gefühlt in die Verfahren neu einzuarbeiten. Das ist wenig ökonomisch.
Kann der Kläger selbst auf zeitnahen gerichtlichen Rechtsschutz wegen seiner Erkrankung stillschweigend verzichten?
Nun könnte, wie im nachstehenden Fall, der Kläger, der selbst erkrankt war, einwenden, dass es doch seine Sache ist, wenn der Termin sich verzögert und er damit mit dem Verlegungsantrag quasi auf einen zeitnahen Rechtsschutz verzichtet. Dem wird der Richter entgegenhalten, dass die halbwegs zeitnahe Gewährung von Rechtsschutz auch im staatlichen Interesse, aber auch der Beklagte in dem finanzgerichtlichen Verfahren rechtsschutzwürdig ist, weil auch er wissen möchte, was nun endlich herauskommt. Staatliche Hilfen werden durch gerichtliche Entscheidungen zeitnah geliefert. Das funktioniert nicht, wenn man wegen jedem noch so kleine Schnupfen oder jeder Unerlässlichkeit einfach Termine sausen lässt. Zudem ist manchem die Situation unangenehm und dieses unangenehme ist aber kein Grund, nicht zur Sache zur verhandeln um eine Sachlösung herbeizuführen. Kurz um: Auch mit einem „Männerschnupfen“ kann man vielleicht dann doch verhandeln.
Folgen nicht ausreichender Krankmeldungen bei Gericht
Während in finanzgerichtlichen Verfahren dann, wenn die Entschuldigung nicht ausreicht und die Krankmeldung nicht als Terminsverlegungsantrag akzeptiert wird und dann das Verfahren ohne einen verhandelt und entschieden wird, laufen die Sachen in Zivilverfahren ähnlich: Auch hier drohen Versäumnisurteile, wenn man unentschuldigt fehlt. Die Strafsachen laufen anders: Hier wird der Angeklagte oder Zeuge möglicherweise vorgeführt: Dann erscheint die Polizei Zuhause und man hat ein kostenloses Taxi zum Gerichtssaal. Viele Amtsrichter in Strafsachen sehen sich also den vermeintlich Kranken an. Sie sehen dann, dass dieser vielleicht nicht so wirklich krank ist wie in seiner Krankmeldung und in dem Terminsverlegungsantrag geschildert…. Auch dies führt vielleicht bei einigen Richtern zu der Grundhaltung, dass schon einiges Substantielles qualifiziert für eine Krankmeldung bei Gericht geliefert werden muss.
Krankmeldungen bei Gericht: Arzt muss über Verwendungszweck der Krankmeldung informiert werden
Insoweit müssen Sie als Beteiligter (Rechtsanwalt, Kläger, Beklagter, Angeklagter) gegenüber dem Arzt deutlich machen, dass es sich nicht um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gegenüber dem Arbeitgeber handelt. Sie haben einen wichtigen Termin beim Gericht haben und der Arzt muss ihnen eine qualifizierte Krankmeldung schreiben.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt bei Krankmeldungen bei Gericht nicht
Die für den Arbeitgeber bestimmte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt hier nicht. Sie sorgt im Zweifelsfall nur für Ärger, weil das Gericht dann davon ausgeht, dass Sie nicht hinreichend entschuldigt sind. Daraus können Ihnen erhebliche Rechtsnachteile drohen.
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (sogenannter gelber Zettel) ist also nicht ausreichend für Krankmeldungen bei Gericht
Die für den Arbeitgeber bestimmte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt hier nicht. Sie sorgt im Zweifelsfall nur für Ärger, weil das Gericht dann davon ausgeht, dass Sie nicht hinreichend entschuldigt sind. Daraus können Ihnen erhebliche Rechtsnachteile drohen.
Saarländ. OLG
Bei einer Krankmeldung bei Gericht hat das Saarländische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 22. Januar 2007 (Az.: 5 W 8/07-4) darauf hingewiesen, dass die ärztlich bestätigte Arbeitsunfähigkeit zur Vorlage beim Arbeitgeber bestimmt ist und nichts über die Zumutbarkeit des Erscheinens bei Gericht besagt.
Richter entscheidet – nicht der Arzt
Der Richter muss sich also selbst aus der Bescheinigung des Arztes können, woran und wie schwer Sie erkrankt sind. Nur so kann er selbst beurteilen, ob Sie nun verhandlungsfähig sind oder Transport unfähig sind oder beides vielleicht gar fehlt.
KG Berlin
Auch ein Attest, in dem lediglich pauschal mitgeteilt wird, dass „der Patient krankheitsbedingt verhandlungsunfähig“ ist, ohne dass hier weitere Details über seine Erkrankung und die Intensität seiner Erkrankung erläutert werden, genügt also den Anforderungen nicht (vergleiche z.B. auch Berliner Kammergerichtes vom 6. Februar 2007, Az.: 2 Ws 99/07).
Es kommt auf die Unzumutbarkeit der Teilnahme an der Verhandlung an
Das Kammergericht Berlin hat insoweit in dieser Entscheidung wie folgt ausgeführt:
„Denn eine Erkrankung entschuldigt nur, wenn sie nach ihrer Art und ihren Auswirkungen, insbesondere nach dem Umfang der von ihr ausgehenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigung eine Beteiligung an einer Hauptverhandlung unzumutbar macht. Die diesbezüglichen Angaben sind in dem Attest aufzunehmen, da der Senat ohne konkrete Angaben nicht feststellen kann, ob dem Erscheinen des Angeklagten in der Hauptverhandlung ein objektives Hindernis entgegenstand. […] Dass der Arzt Verhandlungsunfähigkeit diagnostizierte, ist bedeutungslos, denn dies ist entgegen der Auffassung der Beschwerde ein Rechtsbegriff, unter den allein das Gericht und nicht der Arzt die von Letzterem festgestellten medizinischen Tatsachen subsumieren kann.“
Sicht der Richter
Zu berücksichtigen ist dabei, dass den Richtern natürlich auffällt, dass immer dann, wenn sie terminieren oder in letzter Minute Terminsverlegungsanträge eingehen, weil einer der Beteiligten oder Zeugen (angeblich) krank sind. Richter neigen dazu, dies häufig als eine Art Lustlosigkeit oder als einen ungenehmigten Terminsverschiebung Antrag zu bewerten. Ob dies so ist, ist hier nicht bekannt. Fakt ist aber, dass die ganzen Beteiligten natürlich nicht permanent über ihren Gesundheitszustand berichten, solange nicht terminiert ist.
Insoweit besteht bei einem über mehrere Jahre andauernden Prozess keinerlei Veranlassung, über die gesundheitlichen Höhen und Tiefen Zwischenstände dem Gerichte zu vermelden. Erst wenn es darauf ankommen, wenn also der Termin unmittelbar bevorsteht und die Anreise angesagt ist, stellt sich doch die Frage, ob Kläger/Beklagter, Anwalt/Zeuge oder andere wichtige Personen gesund sind. Während also das Gericht mit einer Selbstverständlichkeit bei eigener Erkrankung Termine verlegt, ist dies eben dann, wenn andere Prozessbeteiligte genauso schwer erkranken wie vielleicht der Richter , ist das keineswegs dasselbe.
Erkrankungen immer nur kurz vor Termin
Insoweit ist einerseits die Wahrnehmung der Richter natürlich zweifellos richtig, dass die Krankmeldungen immer erst dann kommen, wenn es auf den Termin ankommt und dann erst kurz zuvor die Krankmeldung eingeht. Dass es logisch, weil sonst keine Veranlassung besteht, über eine Erkrankung während eines über mehrere Jahre laufenden Verfahrens zu berichten, solange es eben keine Termine gibt.
Gleichwohl besteht ein gewisser Argwohn gegen die Krankmeldungen bei Gericht.
Jeder kann natürlich mal krank werden. Und in begründeten Fällen wird schließlich auch dem Verlegungsantrag stattgegeben. Dennoch besteht stets ein gewisser Argwohn. Deswegen muss die Krankmeldung perfekt sein.
Besonders, wenn Sie als Angeklagter vor dem Termin krank werden …
Dies gilt verschärft, wenn sie der Angeklagte sind. Denn keiner der Angeklagten möchte gerne zur Gericht und die meisten möchten sich natürlich gerne davor drücken. Also geht man zum Arzt und lässt sich einfach mal krankschreiben. Da die Ärzte jedenfalls bei den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wohl krankschreiben müssen, wenn sie die genaue Diagnose nicht vornehmen können und der Patient glaubhaft seine Erkrankung berichtet oder zur Schau stellt, genügt dies für die Frage der Zumutbarkeit an einer Teilnahme an einer gütlichen Verhandlung bei Gericht bei weitem nicht.
Überprüfung durch Amtsarzt oder Anruf beim krankschreibenden Arzt
Notfalls kann der Richter auch die amtsärztliche Untersuchung anordnen oder bei dem krankschreibenden Arzt anrufen und sich die Sachlage erklären lassen. So wird häufig bei der Vorlage des Attestes durch den behandelnden Arzt stillschweigend davon ausgegangen, dass sie den Arzt insoweit von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung entbinden. Gleiches gilt, wenn sie ihn als Zeugen für die Erkrankung benennen. Im Zweifelsfall sollten Sie ausdrücklich (auch schon für den Arzt) ausdrücklich in dem Verlegungsantrag formulieren, ob Sie den Arzt entbinden oder nicht. Wird dies für das Gericht überraschend sein und das Gericht dies interpretieren.
Transportunfähigkeit nur selten
Die Transportunfähigkeit wird man nur selten verneinen können. Denn mit gebrochenen Armen und Beinen wird man immer noch zumindest passiv transportfähig sein. Für die Transportfähigkeit ist es nicht Voraussetzung, dass man selbst mit dem Pkw oder Zug anreisen kann. Dritte könnten einen auch zum Gericht bringen. Notfalls auch ein Krankenwagen. Insoweit kommt es bei der Transportunfähigkeit nicht darauf an, dass die betreffende Person selbst zu Fuß oder mit eigenem Pkw zum Gericht fahren kann, sondern ob die betreffende Person irgendwie dorthin transportiert werden könnte. Es wird man bei fast allen Patienten/Prozessbeteiligten meist bejahen können.
Tranksportunfähigkeit bei Krankenhaus, nicht nur bei intensivmedizinischer Betreuung
Eine Transportunfähigkeit ist wohl dann auszuschließen, wenn derjenige intensiv medizinisch betreut wird und eine Verlegung aus medizinischen Gründen nicht in Betracht kommt. Ansonsten ist doch hier zu bedenken, dass sogar Patienten von Intensivstationen zu Spezialkliniken geflogen werden können. Diese dann also natürlich auch insoweit, sofern sie halbwegs stabil sind, transportiert werden können. So hoch liegt aber die Latte nicht: So hoch sind indes die Anforderungen bei Gericht nicht. Wenn Sie tatsächlich stationär aufgenommen sind, wird das Gericht Sie für transportunfähig halten. Also genügt durchaus das Attest einer Klinik und Sie müssen nicht unbedingt in einer Not OP oder auf der Intensivstation liegen, um hier als transportunfähig gehalten zu werden.
Allenfalls in größeren Strafprozessen könnte das Gericht prüfen, ob sie sich der Verhandlung durch eine Flucht ins Krankenhaus entziehen wollen und ob die Aufnahme notwendig ist.
Verhandlungsunfähigkeit
Weiter ist wohl die Verhandlungsunfähigkeit. Hier sind alle Einschränkungen bei den Augen, bei der Artikulation oder auch beim Bedenken und sich konzentrieren zu können, relativ schnell Argumente, um hier Verhandlungsunfähigkeit zu sein. Denn derjenige der vorübergehend in seinen Artikulation- und Wahrnehmung Möglichkeiten eingeschränkt ist, kann sich nicht sachgerechte Verteidigung nicht sachgerecht zu dem Prozessgeschehen Stellung nehmen.
Mögliche Inhalte eines solchen Attestes
Zu berücksichtigen ist somit stets, dass nicht der Arzt, sondern das Gericht anhand des Attestes entscheidet, ob die betreffende Person in der Lage ist, den Gerichtstermin wahrzunehmen. Demzufolge muss aus dem Attest hervorgehen,
- dass es zur Vorlage bei Gericht bestimmt ist,
- aus welchem Grund der Patient ggf. verhandlungsunfähig oder transortunfähig ist (Art der Erkrankung und deren Auswirkungen). Möglicherweise gibt es auch zeitliche Einschränkungen … kann nicht mehr als 2 Stunden sitzen, etc.
- und wie lange die etwaige Verhandlungsunfähigkeit voraussichtlich bestehen wird.
- Seit wann die Erkrankung besteht.
- Wann dies festgestellt wurde
- Bei ansteckenden Erkrankungen wird die Unzumutbarkeit für andere Verfahrensbeteiligte, das Einlasspersonal bei Gericht und andere Personen (Bus/Taxi etc.) eine Rolle spielen. Hier spielt es eine Rolle, ob das Tragen von Masken oder anderen Hilfsmitteln die Ansteckungsgefahr reduziert.
- Sofern Medikamente verordnet sind, wird zu bedenken sein, ob diese die Konzentrationsfähigkeit durch Müdigkeit oder Beruhigungsmittel oder Schmerzmitteln oder die Wahrnehmungsfähigkeit oder die Sprachsteuerung einschränken oder außer Kraft setzen.
Psychische Erkrankungen sind schwer von außen erkennbar und schwer einschätzbar.
- Das fachärztliche Attest mit der Darstellung der Diagnose und die Bescheinigung einer vorübergehenden Verhandlungsunfähigkeit dürften hier zumindest bei der erstmaligen Terminsverlegung nicht hinterfragt werden. Behauptete schwerwiegende psychische Erkrankungen, die lediglich von einem Allgemeinmediziner oder Hausarzt testiert werden, sondern er für Überraschung, als sich natürlich die Frage stellt, warum man bei einer schwerwiegenden Diagnose nur beim Hausarzt ist.
- Wenn der Hausarzt aber erläutert, dass er neben einem oder mehreren Fachärzten nur mitbehandelt, diese aber derzeit nicht zu erreichen sind in einer Test nicht aufstellen können, er aber den Krankenverlauf bzw. die Erkrankung kennt und hier aus eigenem Wissen und eigener mit Behandlung daraus richten kann, dürfte dies ausreichen. Ansonsten gilt der Grundsatz, dass natürlich je höher und fachspezifische der Arzt ausgebildet ist, um so gewichtiger wird sein Befund. Seine Darstellung und die Diagnose als auch die daraus abgeleitete Konsequenz einer möglichen Verhandlung- oder Transportunfähigkeit sein. Deswegen braucht man nicht immer gleich Attest vom Professor. Dennoch ist es nicht schädlich.
Was, wenn der behandelnde Arzt bei der Erkrankung nicht erreichbar ist?
Praktische Probleme entstehen immer, wenn man sehr kurzfristig vor dem Termin kaum einen anderen Arzt und erst recht nicht den behandelnden Facharzt kommt. Hier aber ein solches Attest zur Glaubhaftmachung der Notwendigkeit des Terminsverlegungsantrages benötigt.
Auffälligkeiten
Auffällig sind Atteste, die eine langwierige schwerwiegender Erkrankung behaupten, der Patient aber erst unmittelbar kurz vor dem Termin krankgeschrieben wird bzw. der Arzt eine längere Krankengeschichte gar nicht berichten kann, weil es sich um eine Neuaufnahme handelt. Dies wirft die Frage auf, warum der Patient nicht zu seinen bisherigen lange in behandelnden Arzt gegangen ist bzw. ob denn tatsächlich diese behauptete Erkrankung schon länger besteht und völlig ohne Behandlung eines Arztes ausgehalten wurde. Dann könnte man auf die Idee kommen, dass es jedoch offenbar nicht so schlimm ist mit der Erkrankung und folglich keiner Verhandlung- oder Transportunfähigkeit vorliegt.
Versetzen Sie sich in die Lage des zuständigen Richters
Man wird also hier nicht abstrakt beschreiben können, was alles eine Krankmeldung bei Gericht erfordert. Keine so formulieren: Setzen Sie sich in die Lage des Richters, der den Patienten nicht kennt und nun quasi über Zuruf des Arztes, nämlich durch seine Beschreibung im Attest in die Lage versetzt werden können sollte beurteilen, ob die betreffende Person vor Gericht erscheinen kann und verhandeln kann oder befragt werden kann oder nicht. Bei dem Angeklagten wird man zudem prüfen müssen, ob er sich sachgerecht verteidigen kann, trotz der Einschränkungen durch seine Erkrankung.
Hier könne natürlich insbesondere auch leichte Erkrankungen – Schnupfen, Kopfschmerzen, Halsschmerzen – bei der sachgerechten Verteidigung/Interessenwahrnehmung behindern. Wenn er wegen seiner Halsschmerzen nicht oder möglichst wenig nur redet oder wenn es sich wegen der Kopfschmerzen und der dauernd laufenden Hasen nicht hinreichend auf den Fortgang des Prozesses konzentrieren kann. Dies muss aber in dem Attest entsprechend dargestellt werden. Man muss also nicht immer todkrank sein und intensiv medizinisch betreut werden, um verhandlungs- oder transportunfähig zu sein.
Anwalt in eigener Sache vor dem FG
Ein Finanzgericht bzw. in der Nichtzulassungsbeschwerde der BFH hatte sich genau mit diesem Fall zu beschäftigen. Hier war offensichtlich kurz vor der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht ein gelber Zettel, also einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt worden mit einer Krankmeldung. Diese war wie üblich nicht spezifiziert, der auf den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nie die Erkrankungen durch Schwere der Erkrankung mitgeteilt wird.
Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs, weil Finanzgericht trotz gelbem Zettel und Verlegungsantrag in letzter Minute dennoch verhandelte
Hier der BFH zu dieser Revisionsrüge, die natürlich die Verletzung rechtlichen Gehörs beinhaltete, Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Gericht den Kläger als nicht entschuldigt ansah und dann aufgrund der Ladung ohnehin Verhandlung und die Krankmeldung als nicht ausreichend ansah:
Art 103 I GG
„Einem Verfahrensbeteiligten wird das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt, obwohl der Beteiligte einen Antrag auf Terminverlegung gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung ‑‑ZPO‑‑), da sich in diesem Fall die nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit des Gerichts, den Termin zu verlegen, zu einer Rechtspflicht verdichtet (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 08.09.2015 – XI B 33/15, BFH/NV 2015, 1690, Rz 11).
Anspruch auf Terminsverlegung nach § 227 II ZPO iVm § 155 FGO bei Verhinderung. Dazu zählt grds. auch eine Erkrankung. Sie muss aber erheblich sein und glaubhaft gemacht werden
- bb) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gehört zu diesen erheblichen Gründen auch die krankheitsbedingte Verhinderung des Beteiligten oder seines Prozessbevollmächtigten. Grundsätzlich sind die erheblichen Gründe für eine Terminverlegung nur „auf Verlangen“ des Vorsitzenden glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO).“
Quelle: BFH, Beschluss vom 07. Juni 2022, VIII B 51/21, Rn. 14 f.
Krankmeldungen bei Gericht: Finanzgericht fordert bei unzureichend begründeten Verlegungsanträgen oder mangelhaften Attesten idR zur Glaubhaftmachung auf
Ist also ausreichend Zeit zwischen dem Eingang der Krankmeldung und dem eigentlichen Termin, muss also das Gericht, wenn es der Krankmeldung keinen Glauben schenken möchte, den erkrankten Prozessbeteiligten auffordern, die Gründe für den Terminsverlegungsantrag glaubhaft zu machen. Liegen hier also mehrere Tage zwischen Eingang der Krankmeldung und dem Termin, kann das Gericht entweder den Termin aufheben oder den Prozessbeteiligten zur Glaubhaftmachung auffordern. Glaubhaftmachung ist zwar auch die eidesstattliche Versicherung. Ob die sich hier aber genügt, wenn nun in der antragstellende Prozessbeteiligten eidesstattlich versichert, er könne wegen seiner Erkrankung, etwa wegen der starken Kopfschmerzen der Verhandlung nicht folgen und sei daher verhandlungsunfähig und dies eidesstattlich versichert erscheint eher fraglich. Insoweit wird der Antragsteller auf Terminsverlegung gut beraten sein, hier ein qualifiziertes Attest vorzulegen.
Möglicherweise muss der Antragsteller auch beides machen. Ein qualifiziertes Attest vorlegen und gleichzeitig seine Verhandlungsunfähigkeit wegen der starken Kopfschmerzen eidesstattlich versichern. Fraglich ist, wenn er solche anwaltliche Versicherung fertigen kann, aber dann tatsächlich auch der mündlichen Verhandlung nicht folgen kann. Auch daraus können sich also Probleme ergeben.
Krankmeldungen bei Gericht: Keine Aufforderung zur Nachbesserung möglich, wenn der Verlegungsantrag zu knapp vor Termin gestellt wird
Kommt die Krankmeldung und der damit verbundene Verlegungsantrag aber erst 5 Minuten vor dem Termin oder am Abend vorher erst, kann der Vorsitzende im Regelfall nicht mehr reagieren und den Antragsteller auch nicht mehr zu einer Glaubhaftmachung der Umstände, die den Verlegungsantrag begründen sollen, auffordern. In diesem Fall muss also der Antragsteller quasi diese Aufforderung des Gerichts antizipieren und selbst von sich aus mehr vortragen, also quasi selbst unterstellen, dass das Gericht ihn zur genauen Darlegung und zur exakten Glaubhaftmachung der Umstände, die den Terminsverlegungsantrag rechtfertigen, aufgefordert hätte. Vor diesem Hintergrund fährt der BFH in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt weiter fort:
Strengere Anforderungen an die Krankmeldungen bei Gericht, wenn Antrag auf Verlegung in letzter Minute gestellt wird
„Strengere Anforderungen gelten allerdings, wenn ein Terminverlegungsantrag „in letzter Minute“ gestellt wird und dem Gericht keine Zeit bleibt, den Antragsteller oder dessen Prozessbevollmächtigten zur Glaubhaftmachung aufzufordern. In diesem Fall müssen die Beteiligten von sich aus alles unternehmen, damit ihrem Vortrag auch in tatsächlicher Hinsicht gefolgt werden kann.
In derartig eiligen Fällen ist daher entweder die Vorlage eines ärztlichen Attests erforderlich, aus dem sich eindeutig die Verhandlungsunfähigkeit der erkrankten Person ergeben muss; ersatzweise muss der Beteiligte die Erkrankung so genau schildern und glaubhaft machen, dass das Gericht selbst beurteilen kann, ob sie so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann (s. zum Ganzen BFH-Beschlüsse vom 04.11.2019 – X B 70/19, BFH/NV 2020, 226, Rz 10; vom 21.04.2020 – X B 13/20, BFH/NV 2020, 900, Rz 13, 14, 17, 18; vom 28.05.2021 – VIII B 103/20, BFH/NV 2021, 1361, Rz 4 bis 6; vom 22.03.2022 – VIII B 49/21, juris, Rz 5).“
Quelle: BFH, Beschluss vom 07. Juni 2022, VIII B 51/21, Rn. 14-16
BGH, Beschluss vom 07.06.22
Da hier der Antragsteller auch noch ein Volljurist war, hatte der BFH darauf hingewiesen, dass dann, wenn es sich hier um Profis handelt, diese eigentlich wissen müssen, dass die Gerichte bei kurzfristigen Terminsverlegungsanträge argwöhnisch sind. Eine Glaubhaftmachung der Verhinderungsgründen quasi unumgänglich ist. Ob der BFH dann in dem Fall, in dem ein juristischer Laie sich vor dem Finanzgericht selbst vertreten hätte, großzügiger gewesen wäre, lässt sich schwierig prognostizieren. Jedenfalls ging es hier um einen Rechtsanwalt, der in eigener Sache tätig wurde und bei dem hat der BFH dieses Fachwissen unterstellt, gleichgültig, ob dieser Kollege und tatsächlich häufiger vor dem Finanzgericht schon aufgetreten ist oder nis nicht: BFH hat hier unterstellt, dass die Problematik bei Terminsverlegungsanträgen in letzter Minute generell in der Anwaltschaft bekannt sind, dass wir die Gerichte stets argwöhnisch reagieren und eine Glaubhaftmachung und ausführliche Darlegung der Verlegung Gründe fordern.
So führt der BFH in der vorgenannten Entscheidung wie folgt weiter aus:
Krankmeldungen bei Gericht: Der Fachmann muss doch selbst wissen, dass er ein qualifiziertes Attest braucht, wenn er kurzfristig vor dem Termin erkrankt
„Jedenfalls gegenüber sachkundigen Prozessbevollmächtigten oder Beteiligten ‑‑wie dem Kläger als Rechtsanwalt, der vorliegend sich selbst und die Klägerin vertritt‑‑ besteht keine richterliche Hinweispflicht in Bezug auf die Verpflichtung, einen kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Terminverlegungsantrag von sich aus substantiiert zu begründen und die darin aufgestellten tatsächlichen Behauptungen glaubhaft machen zu müssen (BFH-Beschlüsse vom 05.05.2020 – III B 158/19, BFH/NV 2020, 905, Rz 8; in BFH/NV 2021, 1361, Rz 5; vom 22.03.2022 – VIII B 49/21, juris, Rz 5).
- cc) Nicht ausreichend als Beweismittel ist bei einer geltend gemachten Krankheit nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH die Vorlage eines ärztlichen Attests, mit dem lediglich pauschal die „Arbeitsunfähigkeit“ bescheinigt wird (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2015, 1690, Rz 13, m.w.N.; in BFH/NV 2020, 900, Rz 15).“
Quelle: BFH, Beschluss vom 07. Juni 2022, VIII B 51/21, Rn. 14-16
Fragen zu Krankmeldungen bei Gericht?
Dann rufen Sie an: Rechtsanwalt Dr. jur. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht, 069-87005100 oder 0611-890910 oder 06128-60502000.
Der Spezialist im streitigen Steuerrecht, steuerstrafrecht, bei Betriebsprüfung, Steuerfahndung, bei Kassen, Schätzungen, digitaler Betriebsprüfung, Selbstanzeige, Tax Compliance.