Einleitung eines Steuerstrafverfahrens – der Personalienbogen
Mandant fragt:
Ich habe Sie, sehr geehrter Herr Dr. Burkhard, doch mandatiert – muss ich dennoch den Personalienbogen, der der Strafverfahrenseinleitung anhängt, ausfüllen und ans Finanzamt zurücksenden?

Antwort: Den Personalienbogen müssen Sie dennoch ausfüllen. Die Nichtausfüllung soll eine Ordnungswidrigkeit sein, § 111 OwiG.
Aber stimmt das eigentlich?
Die Nichtangabe oder falsche (Namens-)Angabe(n) oder das Unterlassen der (Namens-)Angabe kann, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann, mit einer Geldbuße bis zu 1000 € im Falle des Abs. 1 also bei vorsätzlichem Handeln und bei fahrlässiger Falschangabe nach Abs. 2 mit einer Geldbuße bis zu 500 € geahndet werden. Die Verjährungsfrist beträgt 6 Monate, § 31 Abs. 2 Nummer 4 OWiG.
Und binnen welcher Frist müssen Sie den Bogen ausfüllen und zurücksenden?
Was ist, wenn Sie den erst nach einem Jahr oder nach 2 Jahren zurücksenden?
Ich habe noch nie Erinnerungen oder Mahnungen bei Nichtausfüllung oder Nichtzurücksendung erlebt. In der Einleitungsverfügung steht nie eine Frist, bis wann der Bogen zurückgesendet werden muss. Die Frage wäre also, wann das zulässige übliche Überdenken endet und ab wann es in ein nachlässiges zögerliches Verhalten übergeht und ab wann schließlich das Unterlassen beginnen könnte. Und langt ein einfaches Vergessen für die Annahme eines fahrlässigen Unterlassens?
Und ist eine Identitätsverstellung eigentlich seitens der Finanzbehörde erforderlich, die doch sowieso alles über den Steuerpflichtigen weiß? Ist also der Personalienbogen eigentlich unsinnig, da alle Daten des Steuerpflichtigen hier sowieso der Finanzverwaltung bekannt sind, aber wie des Gesslers Hut (1) einfach zu grüßen – also einfach auszufüllen und zurückzusenden oder ist der Tatbestand nicht sowieso ausgeschlossen, weil der Steuerpflichtige dem Finanzamt sowieso bekannt ist?
Es geht schließlich darum, Sie zu identifizieren. Aber wieso der ausgeübte eher zur Identifizierung beiträgt, insbesondere wenn es für diesen keine (abgeschlossene) Berufsausbildung gibt oder was bei Auszubildenden oder bei Arbeitslosen oder Rentnern einzutragen ist, schreiben die beiden Autoren auch nicht. Beides – erlernter oder ausgeübter Beruf – trägt schließlich zur Identifizierung bei. Natürlich können Sie auch den gelernten Beruf eintragen, auch wenn Sie den heute nicht mehr ausüben. Und wenn Sie Rentner sind: Rentner ist eigentlich kein Beruf – aber auch das trägt Ihrer Identifizierung bei. In diesem Zusammenhang ist es sowieso „witzig“, dass das Finanzamt ein Ermittlungsverfahren gegen Sie einleitet und Ihnen bekannt gibt, dann aber fragt, wer Sie eigentlich sind. Wenn das Finanzamt das nicht weiß, wer sonst? Und wie kann das Finanzamt Ihnen gegenüber ein Strafverfahren bekannt geben und darin Sachverhalt mitteilen, wenn es nicht sicher wäre, dass Sie der richtige sind? Gälte dann nicht das Steuergeheimnis? Das Finanzamt darf doch nicht Sachverhalte einfach mal so an Dritte rausschicken, wenn es sich über den Bekanntgabe- und Inhaltsadressaten nicht sicher wäre …, oder? Die Sinnhaftigkeit solcher Personalienbögen habe ich auch schon in Aufsätzen attackiert und noch nie wirklich verstanden. Man kann das vielleicht nur so verstehen, dass dies offenbar ein weiterer Nachweis dafür ist, dass Sie die Strafverfahrenseinleitung zugestellt bekommen haben, wenn der dort anhängende Bogen ans Finanzamt zurückkommt.
Vielleicht traut das FA nicht der Postzustellungsurkunde?
Die Angabe des Familienstandes ist nicht notwendig, wenn es um ein Bußgeldverfahren wegen einer geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeit geht (Bay. VRS 58, 214), ebenso wenn der Beruf nicht angegeben ist, wenn die Identität festgestellt ist (OLG Celle VRS 53, 458; BAY. VRS 57, 53; Göhler, a.a.O., § 111 RN 4). Wenn diese Gedanken aber richtig sind, dann sind die ganzen Fragen in einem Steuerstrafverfahren unsinnig, da die Identität der Steuerpflichtigen sowieso feststeht und damit ist die Beantwortung des Personalienbogens sowieso überflüssig und läuft leer, weil der eigentliche gesetzliche Hintergrund, die Identitätsfeststellung, sowieso nicht erfüllt werden kann bzw. braucht, weil die Identität bereits feststeht.
Der Nachweis des Zugangs der Einleitungsverfügung beim Beschuldigten ist immerhin ein Sperrwirkungstatbestand nach § 371 II Nr. 1 b AO und sperrt (weitere) Selbstanzeigen betreffend der in der Einleitungsverfügung genannten Steuerarten und Veranlagungszeiträume. Darüber hinaus unterbricht dieser Nachweis die Verfolgungsverjährung, § 78 c I Nr. 1 StGB.
Telefonnummer und Verdienst brauchen Sie sowieso nicht anzugeben. Dies sind keine Pflichtangaben.
Eine interessante Frage ist es, ob mit der freiwilligen Angabe der Telefonnummer der beschuldigte Steuerpflichtige stillschweigend (konkludent) seine Einwilligung damit erklärt, dass der zuständige Mitarbeiter der Bußgeld- und Strafsachenstelle hier mit ihm Kontakt aufnimmt. Denn wenn der Steuerpflichtige hier schon seine Telefonnummer freiwillig angibt, ist das nicht eine Einladung zu der Aufnahme der Kommunikation?
Und die freiwillige Angabe des eigenen monatlichen Bruttoeinkommens ist unter mehreren Gesichtspunkten merkwürdig: Dies dient doch nur der Festsetzung einer Geldstrafe. Dabei stehen wir doch am Anfang eines Ermittlungsverfahrens und die Tat bzw. Rechtswirklichkeit und Schuld müssen doch erst noch festgestellt werden. Warum eigentlich Bruttoeinkommen? Bemessungsgrundlage ist doch allenfalls das Nettoeinkommen für die Tageseinsätze abzüglich der bestehenden Unterhaltsverpflichtungen und Dauerschulden und anderer vorzunehmender Abzüge und der Strafzumessungskriterien, nach denen aber gar nicht gefragt wird.
Der Beschuldigte darf angeblich die zur Feststellung seiner Identität notwendigen Angaben nicht im Hinblick auf seine verfahrensrechtliche Stellung verweigern, wonach er sich nicht zu belasten braucht (Göhler, a.a.O., § 111 RN 17 m.w.N.; BGHSt 21, 334; BGHSt 25, 13). Fraglich ist allerdings, ob der Beschuldigte dann etwa Teile verweigern darf, also den Beruf verschweigen darf, wenn ihn dies belasten könnte oder jedenfalls näher in den Kreis der potenziellen, tauglichen Täter bringen könnte.
Angaben zu Gewicht, Körpergröße, sonstigen Maßeinheiten und Ähnliches braucht der Beschuldigte nicht zu erklären, genauso wenig wie Ausbildungsgang und abgeschlossene oder nicht abgeschlossene Ausbildungswege.
Die Personalienbögen sind auch etwas unterschiedlich – je nach Finanzamt oder Bundesland. Manchmal ist auch nach einer Kurzeinlassung zum Sachverhalt gefragt. Das muss natürlich ebenfalls nicht beantwortet werden.
Richtigerweise kommen Sie nach Erhalt einer solchen Einleitung eines Strafverfahrens zu mir oder einem anderen Fachmann. Die Sache selbst regeln zu wollen, ist der falsche Weg.
Fragen dazu? Dann rufen Sie den Top-Spezialisten an: Rechtsanwalt Dr. jur. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht
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Der Spezialist bei Betriebsprüfungen, Zollfahndungsprüfungen, steuerlichen Verprobungen, Kassennachschau und Finanzrechtsstreitigkeiten
(1) Nach der Legende ließ Hermann Gessler in Altdorf einen Hut aufstellen, den jeder Vorbeikommende zu grüßen hatte. Wilhelm Tell habe es versäumt, diesen Gruß auszuführen, und sei deshalb zu jenem Apfelschuss gezwungen worden, der im Mittelpunkt von Friedrich Schillers Darstellung der Gründungssage der Schweiz steht.