Peter hat einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung über 140 Tagessätze á 100 Euro erhalten. Peter soll nun 14.286 Euro bezahlen, nämlich 140 Tagessätze x 100 Euro pro Tagessatz = 14.000 Euro zuzüglich der Kosten des Verfahrens in Höhe von 286 €, zusammen also 14.286 €. Peter war sofort bei einem Fachanwalt für Strafrecht. Dieser hat für ihn fristgemäß (binnen 2 Wochen ab Zugang/Zustellung des Strafbefehls) Einspruch gegen den Strafbefehl beim Amtsgericht eingelegt. Das war vor ungefähr 4 Monaten. Nun kommt es in ein paar Tagen zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht. Peter hat Angst. Er war noch nie vor Gericht. Erst Recht nicht in einer Strafsache. Und nun in seiner eigenen! Sein Anwalt hat ihm erklärt, dass kaum Rechtsfragen in seinem Verfahren zu klären wären. Er hat Einkommensteuer hinterzogen, indem er Kapitaleinkünfte aus dem Ausland nicht erklärte.
Dass er nicht gewusst habe, dass ausländische Kapitaleinkünfte in Deutschland zu versteuern wären, glaubt ihm sowieso niemand, hat ihm sein Anwalt erklärt. Rechenfehler sind in der Steuerberechnung nicht erkennbar. Sein Anwalt hat ihm erklärt, dass er möglicherweise die Strafe auf 90 Tagessätze reduzieren könne. Vielleicht würden Staatsanwaltschaft und Gericht im Rahmen der Gesamtstrafenbildung hier mit sich reden lassen. Er hat im Vorfeld mit beiden telefoniert. Es wäre vielleicht auch möglich, die 14.000 Euro anders aufzuteilen, dass insgesamt nur 90 Tagessätze herauskämen, wenn die Tagessatzhöhe auf ca. 150 bis 155 Euro erhöht werden würde. Rechnerisch wären es genau (14.000 geteilt durch 90 Tagessätze=) 155,56 Euro pro Tagessatz. Dann würden bei 90 Tagessätzen auch wieder 14.000 Euro herauskommen.
Peter rechnete nach und meinte, dass ihm auch 150 oder auch 160 Euro als Tagessatz Recht wären, wenn er nur nicht vorbestraft wäre. Sein Anwalt hat ihm erklärt, dass er bei erstmaliger Verurteilung bis maximal einschließlich 90 Tagessätze Geldstrafe oder bis 3 Monate Freiheitsstrafe er sich als Verurteilter noch als unbestraft bezeichnen dürfe, § 53 BZRG. Eine solche Vorstrafe wird auch nicht ins polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen. Auch wenn Peter damit genau genommen einmal verurteilt ist, also bei einer neuen Verurteilung eigentlich schon vorbestraft ist, darf er sich dennoch –etwa bei Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen usw.-, wenn die Strafe sich in diesem Rahmen bewegt, als nicht vorbestraft bezeichnen.
Dies wäre für Peter wichtig, der seinen Arbeitgeber wechseln möchte und natürlich bei seinem neuen Arbeitgeber, wenn er denn hierzu befragt wird, nicht offenbaren möchte, dass er bereits vorbestraft ist. Von daher wäre ihm die Reduktion auf höchstens 90 Tagessätze schon einiges Wert, selbst dann, wenn er im Ergebnis mehr als die bisherigen 14.000 Euro bezahlen muss.
Sein Anwalt hat jedoch Bedenken geäußert, dass dies möglicherweise nicht zulässig ist, aber hin und wieder in der Praxis gemacht wird. Ob dies eine Strafvereitlung des Anwalts ist, sei unklar. Denn wenn die Strafe so ermäßigt wird und dann nicht bezahlt wird, wird die Geldstrafe in Haft umgewandelt, wobei stets ein Tagessatz einem Tag Haft entspricht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die von den Gerichten verhängten Geldstrafen in Tagessätzen mal Tagessatzhöhe bemessen werden, also in obigen Fall 140 Tagessätze mal 100 Euro Tagessatzhöhe, wobei die Anzahl der Tagessätze nach der Schwere der Schuld bemessen und die Höhe des einzelnen Tagessatzes als 30.sten Teil des monatlichen Nettoeinkommens eines Angeklagten festgesetzt wird. Tagessatzhöhe ist also ein Dreißigstel des Nettomonatseinkommens oder ein 360.stel des Jahresnettoeinkommens, wobei wohl die Steuerschuld und langfristige Verbindlichkeiten sowie Unterhaltsverpflichtungen abgezogen werden, andererseits Unterhaltsansprüche und sonstige Vermögenswerte erhöhend dazugerechnet werden können. Ein Tagessatz der Geldstrafe entspricht einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe. Der Wortlaut von § 42 StGB, Ersatzfreiheitsstrafe, lautet: „An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag.“
Damit wären dann aber nur 90 Tage Haft, statt der ursprünglichen 140 Tage Haft dann Ersatzweise abzusitzen … immerhin 50 Tage, also fast 2 Monate weniger, wenn nicht gezahlt würde. Wenn der Betrag aber sofort bezahlt wird, ginge dies aber möglicherweise in Ordnung. Dann kommt das mit der Ersatzhaft nicht in Betracht Aber in den Fällen, in denen dann nach so einer Umwandlung etwa von 140 auf 90 Tagessätze dann nicht bezahlt wird und dann eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wird, sei das schon nicht unproblematisch, so der Anwalt. Er erklärte insoweit, dass die Staatsanwaltschaft als Strafvollstreckungsbehörde die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe anordnen kann, wenn die Beitreibung der Geldstrafe erfolglos war, oder keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet –etwa weil der Verurteilte mittlerweile zahlungsunfähig ist- oder der rechtskräftig Verurteilte einfach zahlungsunwillig ist.
Der Anwalt erklärte Peter weiter, dass die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe kann immer durch Zahlung abgewendet werden – auch nach Haftantritt kann eine Person jederzeit den haftbefreienden Betrag (volle oder restliche Geldstrafe) bezahlen. Also kann die Ehefrau oder andere Bekannte, Freunde, Verwandte die Strafe für den rechtskräftig Verurteilten bezahlen. Aber keiner außer dem Verurteilten muss das natürlich. Wenn er bzw. sonst keiner bezahlt, wird die Strafe eben vollstreckt in Form einer Ersatzhaft und zwar für jeden Tag Geldstrafe ein Tag Haft. Zudem ist eine Abwendung durch das Ableisten freier Arbeit nach Genehmigung der Strafvollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft) möglich, so der Anwalt weiter. Peter hat irgendwie den Eindruck, der Anwalt glaubt, er wolle die Strafe nicht zahlen und sich nur auf eine billige Ersatzhaft herunterhandeln. Das ist aber so nicht. Natürlich wird er zahlen. Er will doch nicht ins Gefängnis. Er will nur nicht vorbestraft sein. Zuständigkeit für die Bestimmung der Einzelheiten der freien Arbeit sind die einzelnen Bundesländer, die dies per Rechtsverordnung regeln, Art 293 EGStGB. In den meisten Bundesländern sind sechs Stunden freier Arbeit zur Tilgung eines Tagessatzes zu leisten, in Baden-Württemberg und Bremen sind es vier Stunden. In Ausnahmefällen (z. B. bei Krankheit) kann die Stundenzahl der freien Arbeit herabgesetzt werden, zumeist auf drei Stunden pro Tag für einen Tag Haft. So könnte man, überlegt Peter, statt 14.000 Euro zu zahlen, 90 Tage a 3 Stunden abreißen, also 270 Stunden Arbeit leisten …
Der Anwalt hat Peter aber erklärt, dass natürlich Strafrichter, Staatsanwaltschaften, Finanzbehörden (in Steuerstrafsachen), die Kriminalpolizei, Steuerberaterkammern usw. über alle Vorstrafen, d.h. über alle Einträge, mithin auch solche bis 90 Tagessätzen Auskunft erhalten, § 41 BZRG.
Insoweit ist zu unterscheiden zwischen einem polizeilichen Führungszeugnis, das nur Einträge oberhalb 90 Tagessätze bzw. oberhalb 3 Monate beinhaltet und dem sogenannten behördlichen Führungszeugnis, das sämtliche Bestrafungen, d.h. Vorstrafen in diesem Sinne beinhaltet.
Peter hat sein Anwalt weiter dahin befragt, wenn die Reduktion auf 90 Tagessätze nicht klappen würde, es also schlimmstenfalls bei den 140 Tagessätzen es bleiben würde, wann diese gelöscht werden würden. Da hat sein Anwalt nur die Stirn gerunzelt und gemeint, dass aufgrund eines Einspruchs der Strafbefehl nicht in Rechtskraft erwachse, er also keinem Urteil gleich stehe, dann aber auch die dort ausgeworfene Strafe nicht rechtskräftig werden würde, d.h. also dass auch eine Verschlechterung eintreten könne.
Peter war daraufhin bestürzt und fragte noch einmal nach, ob dann 160, 180, oder noch mehr Tagessätze herauskommen können. Sein Anwalt hatte genickt und ihm mitgeteilt, dass natürlich auch höhere Strafen möglich seien, wobei er damit nicht rechne. Das Gericht sei frei und könne natürlich die Strafe neu festsetzen, mithin auch höher gehen, als im Strafbefehlswege ausgeworfen.
Auf die Frage der Löschung erklärte der Anwalt, dass die Löschung von der Höhe der Strafe abhängt:
-Bei Geldstrafen bis 90 Tagessätzen erfolgt die Löschung nach 5 Jahren.
-Bei Geldstrafen über 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr mit Bewährung erfolgt
die Löschung nach 10 Jahren.
-Bei Freiheitsstrafe ohne Bewährung oder mehr als 1 Jahr erfolgt die Löschung nach 15
Jahren gerechnet ab Rechtskraft der Verurteilung.
-Wenn keine neuen Einträge hinzukommen, § 46 BZRG.
Peter ist frustriert. Für ihn bedeutet das, dass er nun in der mündlichen Verhandlung das Risiko hat, dass er nicht nur die Kosten tragen muss, sondern auch die Reduktion etwa auf 90 Tagessätze, sondern vielleicht nur auf 100-110 Tagessätzen erfolgt. Dann hat er das, was er eigentlich erreichen wollte, nicht erreicht.
Wenn später noch einmal aus anderen Gründen eine weitere Eintragung hinzukommt, ist die Löschung in weite Ferne gerückt. So kann etwa durch ein Straßenverkehrsdelikt, etwa eine fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr oder ähnliches hier natürlich immer noch eine weitere Strafe hinzukommen. Peter hofft zwar, dass dies nicht passiert. Hat jedoch Bedenken, dass seine weitere Karriereplanung nun erheblich in Frage gestellt ist. Peter wollte Familie gründen und heiraten. Er hat gehofft, in seinem Job weiter aufsteigen zu können. Und nun? Wie wird seine Verlobte reagieren, wenn er ihr in den nächsten Tagen erzählen muss, dass er nun einen Gerichtstermin hat – in einer Strafsache – in eigener Sache…?
Peter hat Angst und ist verzweifelt. Hätte sein Anwalt vielleicht etwas in der Strafverteidigung besser machen können? Er hatte sich bislang gegenüber der Bußgeld- und Strafsachenstelle nicht geäußert. Wäre vielleicht eine Einigung mit der Bußgeld- und Strafsachenstelle möglich gewesen? Warum hat er keine Besprechungen versucht? Peter überlegt, ob es nicht Alternativen in der Steuerstrafverteidigung gegeben hätte und was man jetzt noch eventuell machen kann – im Vorfeld des anstehenden Termins…Lassen sich nicht doch Argumente gegen die Höhe der Steuerhinterziehung finden? Was ist mit Verjährung? Warum soll er gewusst haben, dass er etwas hinterzieht? Da gab es doch genügend Indizien, die gegen eine Entstehung einer Steuerschuld sprachen? Was ist mit den gezahlten Quellensteuerabzügen? Woher wusste er, welche Erträge er hatte, da er doch nie Kontoauszüge geschickt bekam …? Wenn er aber nicht wusste, dass bzw. welche Erträge er hatte, wie kann er da etwas vorsätzlich hinterzogen haben ….?
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