Steuergefährdung nach § 379 AO
Ab dem 1.1.2020 kann eine fehlerhafte Kassenführung nach § 379 Abs. 1 AO als Steuergefährdung mit einem Bußgeld bis zu 25.000 € sanktioniert. Geregelt ist die fehlerhafte Kassenführung als Ordnungswidrigkeit als Steuergefährdung nach § 379 AO.
Durch § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO (Steuergefährdung) werden relevante Verhaltensweisen erfasst, wenn diese noch nicht als Steuerhinterziehung strafbar sind. Die Straftat geht der Ordnungswidrigkeit vor. Die Ordnungswidrigkeit greift also nur ein, wenn eine Gefährdung vorliegt, die noch nicht in eine Steuerverkürzung umgeschlagen ist, also z.B. eine falsche Steuererklärung (Steuervoranmeldung) noch nicht abgegeben worden ist, etwa weil insoweit noch keine Abgabepflicht besteht.
Subsidiarität des Bußgeldverfahrens
Solche Sachverhalte können beispielsweise in einer Kassen-Nachschau Bedeutung erlangen: Der Kassennachschauer stellt eine fehlerhafte Kassenführung fest, während eine Abgabepflicht für die Voranmeldung oder die Jahreserklärung noch nicht besteht. Das Bußgeldverfahren tritt hinter einem Strafverfahren zurück – das Bußgeldverfahren ist also subsidiär (=nachrangig) gegenüber dem Strafverfahren und eine Bebußung ist nicht zusätzlich zum Strafverfahren möglich und
Bußgeldrahmen bis 25.000 €
Das Bußgeld für solche Ordnungswidrigkeiten wird durch Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 zum 1.1.2020 von 5.000 € auf 25.000 € angehoben. Die Steuergefährdung nach § 379 AO kann daher mit bis zu 25.000 € bebußt werden.
Häufig: verdeckte Ermittungen, Vorfeldermittlungen
Die Kassennachschau findet nicht immer förmlich statt, indem der Prüfer sich vorstellt und seinen Dienstausweis zeigt. Hier sind Vorfeld- Ermittlungen etwa durch einen Testkauf, ein Testessen, bei Beobachtung oder aus einer Prüfung des Kassenbons möglich. Das reicht, um ein Bußgeld zu verhängen. Der Prüfer ist auch im Dienst, wenn er scheinbar als normalere Gast im Lokal sitzt und sich nicht zu erkennen gibt.
Beispiel 1: Der Prüfer setzt sich in das Lokal, sodass er die Kasse gut im Blick hat und bestellt Speisen oder Getränke und beobachtet, ob die Servicekraft auf dem Mobilgerät oder der Kasse oder etwa nur einem Bierblock boniert.
Beispiel 2: Der Kassennachschauer kauft waren und obwohl die Kasse seit dem 1.4.2021 die TSE haben muss, fehlen die entsprechenden Kodierungen auf dem Kassenbon woraus der Kassen nachschauen erkennt, dass die TSE Einrichtung fehlt.
Die Frage an den unerkannten Prüfer: brauchen Sie einen Beleg? Ist daher schon mehr als problematisch, da eine Belegausgabeverpflichtung besteht. Auch unter ökologischen Papier-Ersparnisgründen ist es problematisch diese Frage zu stellen. Die Belegausgabeverpflichtung besteht losgelöst von der Papierverschwendung, die dadurch entsteht, dass der Kunden keinen Beleg wünscht/benötigt. Selbst wenn der Kunde den Beleg gleich danach wegwirft oder dies auch beim Bezahlvorgang ankündigt, etwa sagt: „ach lassen Sie, ich brauche/möchte keinen Beleg“, muss der Unternehmer den Beleg gleichwohl ungefragt anbieten und herausgeben. Bleibt der Beleg danach auf dem Zahltisch liegen, kann der Unternehmer den Beleg dann für den Kunden wegwerfen oder demonstrativ für die Papierverschwendung in Folge der gesetzlich angeordneten Belegausgabeverpflichtung in einem Körbchen quasi als „stumme Anklage gegen die Belegausgabeverpflichtung“ sammeln. Aber er muss ungefragt und unaufgefordert seiner Belegausgabeverpflichtungen nachkommen.
Falle: liegengelassener Beleg
Beispiel 3: Der unerkannt gebliebene Kassennachschauer bestellt ein Getränk und ein Essen, lässt aber den Beleg hinterher einfach scheinbar achtlos auf dem Tisch liegen. Es wäre ein Irrglaube anzunehmen, man könnte diesen Umsatz nun problemlos stornieren, da er den Beleg nicht mitgenommen hat und offensichtlich nicht den Betrag absetzen will, man also annehmen könnte, das sei eine Privatperson, die den Beleg steuerlich nicht verwendet. Der Prüfer hat diesen Beleg fotografiert und wenn er morgen zur Kassennachschau kommt, muss natürlich dieser Umsatz in der Kasse unverändert vorhanden sein.
Sollte aber im Beispiel 3 der Umsatz tatsächlich gelöscht sein, geht es nicht mehr um eine Ordnungswidrigkeit, sondern hier ist offenbar ein Manipulationstool im Einsatz, sodass er dann entweder die Steuerfahndung rufen wird oder mindestens gleich zu Betriebsprüfung übergehen wird. Der Verdacht, dass es hier nur um eine Gefährdung geht, wird er nicht haben, da er vermuten wird, dass auch schon in den Monaten und Jahren davor das Manipulationsprogramm eingesetzt wurde. Die Vermutung genügt aber nicht. Das muss natürlich letztendlich dann auch beweisen.
Ob man aus einer Löschung auch auf Löschungen davor oder gar auf dasselbe Verkürzungsverhalten auf Monate davor und Jahre davor schließen wird können, erscheint mehr als fraglich. Der Prüfer wird aber versuchen nachzuweisen, seit wann das Manipulationsprogramm im Einsatz ist. Vieles spricht dafür, dass er die Kasse durch die Steuerfahndung wird beschlagnahmen lassen wollen, um dann die Kasse ich hier auf Löschungsauffälligkeiten untersuchen lassen zu können.
Die Abläufe der Kassenführung können den Prüfern durch die privaten Einkäufe, durch die Beobachtungen und aus einem Blick in die Verfahrensdokumentation bekannt. In die Verfahrensdokumentation können sie allerdings nur Einblick nehmen, wenn sie sich als Prüfer ausgewiesen haben.
Übrigens: das Liegenlassen des Belegs durch den Prüfer ist eine erlaubte kriminalistische List. Das führt natürlich nicht zu einem Verwertungsverbot. Der zunächst unerkannt gebliebene Prüfer hat die Tat mit dem Liegenlassen des Belegs auch nicht provoziert. Er hat (wie alle anderen Kunden auch) keine Mitnahmepflicht – aber der Unternehmer eine ungefragte Belegausgabepflicht.
Nachweispflicht für Bußgeldtatbestand liegt bei der Behörde
Wenn der Tatbestand des § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO bestritten wird, muss er vom Prüfer nachgewiesen werden. Das ist bei jeder Ordnungswidrigkeit so und das ist bei jeder Straftat so.
Der Prüfer ist zunächst auch (sachverständiger) Zeuge. Daneben kommen als Beweismittel Fotos, der Kassenbon, Vernehmung des Personals, die auch unverzüglich vor Ort vorgenommen werden können, in Betracht.
Belehrung der Mitarbeiter
Sinnvollerweise sollten die Mitarbeiter hier vorher über ihre Rechte durch den Inhaber bzw. einen Fachanwalt informiert wurden und erst einmal keine Aussage ohne vorherige Konsultation eines Strafverteidigers machen, da sie möglicherweise selbst Mitbeschuldigte sein könnten. Grundsätzlich kann aber der Betriebsprüfer auch natürlich versuchen, die Mitarbeiter sofort zu vernehmen. Ob er diese belehrt und vor allem richtig belehrt und ob er sie auch belehrt, ob sie als Zeugen oder Beschuldigte vernommen werden sollen, sollte natürlich festgehalten werden. Gleichwohl haben die Mitarbeiter natürlich das Recht, einen Rechtsanwalt ihre eigenen Wahlen ihres eigenen Vertrauens zu befragen, bevor sie Antworten. Auf ad hoc Befragungen sollten Sie die Antwort verweigern. Selbst auf die Gefahr hin, dass sie ein schlechteres Prüfungstermin befürchten.
Kassennachschau nur durch Inhaber oder lokalen Geschäftsführer
Die Kassennachschau selbst sollte nur der Inhaber selbst (nicht die Mitarbeiter) durchführen und hier seinen Steuerberater oder Anwalt hinzuziehen.
Achtung: die Steuerfahndung kann natürlich hinzugezogen werden (wenn etwa der Verdacht besteht, dass Zapper oder Manipulationsdateien verwendet werden). Als Nachweis könnten auch verdeckte Videoaufnahmen zulässig sein. Auch die eigenen Videoaufnahmen des Unternehmens (etwa aus einer Überwachungskamera) könnten die Verstöße gegen die Einzelaufzeichnungspflicht bzw. Nichtbuchung belegen. Zeigen diverse Überwachungsvideos in den Betriebsräumen eines bargeldintensiven Betriebes (z. B. Döner-Imbiss) für den Zeitraum von einem Monat, dass Mitarbeiter zahlreiche Bezahlvorgänge nicht im Kassensystem erfasst haben, ist die sachliche Richtigkeit der Buchführung des Steuerpflichtigen – auch über den Monatszeitraum hinaus – widerlegt (FG Hamburg, Beschluss v. 13.8.2018, 2 V 216/17, Haufe Index 12098753). Das reicht aus, um das Bußgeld gem. § 379 Abs. 1 Satz 3 AO zu verhängen.
Wiederholte Bebußung nach § 379 AO möglich
Wiederholte Sanktion gem. § 379 AO durch erneute Fehler sind möglich.
Das Bußgeld kann bei Fehlerwiederholung oder anderen neuen Fehlern erneut verhängt werden. Das verstößt nicht gegen das Doppelbestrafungsverbot. Das Bußgeld wird im Wiederholungsfall betragsmäßig erhöht.
Der Prüfer wird zudem bei Fehlerfeststellungen im Rahmen der Kassennachschau garantiert wiederkommen. Oder gleich zu einer BP übergehen und länger bleiben ….
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