pflichtwidriges Unterlassen bei einer Schenkung
Wann beginnt eigentlich das pflichtwidrige Unterlassen bei einer Schenkung? Wann schlägt ein trödeliges Verhalten in ein strafbewehrtes pflichtwidriges Unterlassen bei einer Schenkung um? Anders gefragt: wie lange dürfen Schenker und Beschenkte mit der Abgabe der Anzeige einer Schenkung warten und ab wann ist das Unterlassen steuerstrafrechtlich relevant?
Anzeigepflicht nach § 30 Abs. 1 ErbStG – zunächst keine Erklärungspflicht
Nach § 30 Abs. 1 ErbStG muss die Anzeige einer Schenkung (oder Erbschaft) binnen drei Monaten beim Finanzamt schriftlich abgegeben werden. Das stimmt natürlich. Dies bedeutet, dass dort noch keine Erklärungen eingereicht werden muss, aber der schenkungssteuerrechtlich relevante Sachverhalt muss lediglich angezeigt werden. Und danach kann das Finanzamt dann eine Schenkungsteuererklärung anfordern, wenn es meint, dass eine Schenkungsteuerpflicht sich ergeben könnte.
Beginn des strafrechtlich relevanten Unterlassens
Damit ist aber noch lange nicht geklärt, wann eigentlich die Straftat durch pflichtwidriges Unterlassen beginnt. Denn natürlich kann auch diese 3-Monats-Frist aus unterschiedlichsten Gründen überschritten werden und es liegt natürlich längst nicht gleich am nächsten Tag nach Ablauf der drei Monate eine vorsätzliche Steuerhinterziehung durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Anzeige.
trödeliges, nachlässiges Verhalten
Vielleicht weiß der Beschenkten nicht, dass eine Dreimonatsfrist besteht, fährt erst mal in Urlaub, freut sich über die Schenkung und will nach dem Urlaub dann sich um seine Verpflichtung kümmern, ob und wie und wo bei welchem Finanzamt er dies anmelden muss. Aus dem Urlaub zurück vergisst er das dann noch oder wird krank oder was auch immer … ist das dann gleich ein vorsätzliches Unterlassen? Wohl kaum!
Fehlvorstellungen über Anzeigepflichten als unerhebliche, vermeidbare Verbotirrtümer
Fehlvorstellungen über Anzeigepflichten dürften vermeidbare Verbotsirrtümer sein. Denn jeder kann sich erkundigen und informieren. Beim Steuerberater, im INternet, bei Fachanwälten für Steuerrecht.
Wenn man die Freibeträge nicht kennt, nur darauf hofft, dass diese nicht überschritten sind und dies aber nicht weiter prüft, nimmt das pflichtwidrige Unterlassen wohl billigend in Kauf und handelt damit bedingt vorsätzlich. So schnell ist man also im vorsätzlichen pflichtwidrigen Unterlassen bei einer Schenkung,
Viele Beschenkte bzw. Schenker wissen vielleicht auch gar nicht, dass es hier nur um eine Anzeige erst einmal geht und überlegen dann, was sie alles erklären müssen. Klicken sich durchs Internet und suchen nach Erklärungspflichten bei Schenkungen oder ähnlichem mehr.
Manche prüfen, ob es Freibeträge gibt und ob diese überschritten sind. Andere wollen erst einmal zum Steuerberater gehen und diesen fragen, bekommen keinen Termin oder vergessen das vielleicht oder schieben das hinaus und so vergeht die Zeit. Längst nicht jede Fristüberschreitung über diese drei Monate hinaus ist daher gleich eine Steuerhinterziehung. Denn ein pflichtwidriges Unterlassen bei einer Schenkung setzt ein Unterlassen mit Wissen und Wollen voraus.
wann schlägt das nachlässige Trödeln in strafbares Unterlassen um?
Doch die Frage ist doch: wann ist diese Steuerhinterziehung im Sinn des § 370 AO eigentlich begangen? Dann, wenn das Finanzamt keine Steuer mangels Wissen von dem Vorgang, also mangels Anzeige des Steuerpflichtigen keine Steuer festsetzen kann? Wann schlägt also das nicht strafrechtlich relevante trödelige Verhalten in ein rechtswidriges strafbares Unterlassen im Sinn des § 370 I Nr. 2 AO um?
Beginn des pflichtwidrigen Unterlassens bei einer Schenkung
In den normalen Veranlagungsfällen (z.B. Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung) stellt man darauf ab, dass auch nicht gleich nach Ablauf einer Frist sofort die Nichtabgabe in eine Straftat umschlägt. Man stellt hier üblicherweise auf den Ablauf der normalen Veranlagungsarbeiten ab. Wenn also 90-95 % der Veranlagungsarbeiten in dem Bezirk abgeschlossen sind, unterstellt man, dass der auch nachlässige Steuerpflichtige spätestens bis zu diesem Zeitpunkt seine Erklärung eingereicht hätte, wenn er denn wirklich erklären will.
Wenn also dieser Abarbeitungsstand in dem konkreten Veranlagungsbezirk erreicht ist, unterstellt man, dass auch der trödeligste, verschlafenste, schlampigste und langsamste Steuerpflichtige dann in Wahrheit keine Erklärungen abgeben will. Das ist dann schematisierte Beginn des pflichtwidrigen Unterlassens. Da der innere Vorsatz zum pflichtwidrigen Unterlassen nach außen in Abgrenzung vom zögerlichen aber noch pflichtgemäßen Abgabeverhalten nicht erkennbar ist, greift der BGH auf diese schematisiert hergeleitete Frist ab. Also hat er sich für ein Unterlassen ab 4 Monaten entschieden.
Dass der schematisierte pflichtwidrige Unterlassensbeginn mit dem tatsächlichen inneren Vorsatz und Tatentschluss übereinstimmt, wäre nur zufällig. Das Vorliegen des pflichtwidrigen Unterlassens bei einer Schenkung muss das Finanzamt beweisen.
Das Problem ist allerdings in diesen Fällen, dass der Steuerpflichtige natürlich nicht weiß, wann in dem für ihn zuständigen Bezirk 90 bis Firma 90 % der Veranlagungsarbeiten abgeschlossen sind. In ruft natürlich auch keine an und teilte ihm des mit und sagte ihm, dass dann ab dem nächsten Tag sein pflichtwidriges Unterlassen beginnt. Damit ist in diesen Fällen das durchaus problematisch, da das Unterlassen ja mit Vorsatz begangen werden muss, zu behaupten, der Steuerpflichtige habe ab diesem Zeitpunkt einen Vorsatz. Losgelöst von diesem Problem will man aber diese Fälle ab irgendeinem Zeitraum dann als strafrechtlich relevant behandeln. Überzeugen kann dies nicht, da jemand, der keinen Vorsatz hat, natürlich auch nicht vorsätzlich pflichtwidrig unterlassen kann.
Beginn des pflichtwidrigen Unterlassens beim Erbfall bzw. bei einer Schenkung
Also erklärt sich, dass jedenfalls auch bei einem Erbfall oder einer Schenkung nicht gleich nach Ablauf von drei Monaten die Strafbarkeit beginnen kann. Auch wenn das Gesetz in § 30 Abs. 1 ErbStG ganz klar von den Erben bzw. Beschenkten und Schenkern verlangt, die entsprechende Anzeige binnen drei Monaten einzureichen. Aber wer eben das Gesetz nicht kennt, verpasst schon mal diese Frist. Gerade bei Erbfällen, bei denen die Trauer und die Regelung der Nachlassangelegenheiten relativ groß sein kann, denkt nicht jeder gleich an die Erbschaftsteuererklärung.
Der BGH meint jedenfalls, dass nach 4 Monaten das pflichtwidrige Unterlassen beginnen würde. Warum das so sein soll, weiß eigentlich außerdem BGH niemand. Irgendwann muss halt der Vorsatz aus Sicht des BGH beginnen. Warum hier allerdings eine so knappe Frist gewählt ist und woraus sich vor allen Dingen die 4 Monate ergeben sollen, lässt sich nicht sachlich nachvollziehen und verfestigen. Aber merken Sie sich dennoch: eine rasche, zeitnahe Anzeige der Schenkung vermeidet das Risiko einer Strafbarkeit, selbst wenn die Anzeige überflüssig war und hinterher keine Steuerfestsetzung erfolgt. Insoweit kann man auch im Zweifel eine Schenkung anzeigen und dann sehen, ob man tatsächlich eine Schenkungsteuererklärung einreichen muss. So vermeidet man mit einer quasi prophylaktischen Anzeige eine Strafbarkeit. Damit kommt es jedenfalls nicht zu dem Vorwurf eines pflichtwidrigen Unterlassens bei einer Schenkung.
Berechnung des BFH
Steuerlich hat sich der BFH dazu geäußert und zwar im Rahmen der Frage, ab wann Hinterziehungszinsen nach § 235 AO festzusetzen sind, wann das pflichtwidrige Unterlassen beginnt. Der BFH geht einen sehr praxisnahen Weg. Der BFH stellt wie auch in den sonstigen normalen Veranlagungsfällen auf die üblichen Veranlagungszeiten ab. Sodann rechnet er die übliche durchschnittliche Bearbeitungszeit in dem Erbschaftsteuerfinanzamt hinzu. Und auch hier geht er davon aus, dass der Steuerpflichtige zu den spätestmöglichen gerade noch pünktlich Anzeigenden gehört.
Berechnungsschema nach BFH: die durchschnittliche Dreimonatsfrist plus eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer von acht Monaten, dann beginnt das steuerstrafrechtliche Unterlassen. Steuerstrafrechtlicher Beginn des pflichtwidrigen Unterlassen bei der Nichtanzeige der Schenkung bzw. Erbschaft: 3 + 8 = 11 Monate. Also beginnt nach BFH schematisiert das pflichtwidrige vorsätzliche Nicht- Anzeigen im Sinn des §§ 30 Abs. 1 ErbStG nach 11 Monaten nach der Schenkung bzw. dem Erbfall (BFH vom 28. August 2019, II R 7/17).
Also merken Sie sich: Die Hinterziehung bei der Nichtabgabe der Anzeige eines Erbfalls oder einer Schenkung beginnt, wenn das Finanzamt bei einer ordnungsgemäßen Anzeige (und Abgabe der Steuererklärung) die Steuer festgesetzt hätte. Nach Ansicht des BFH ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer acht Monate, so dass nach Ablauf von (3+8=) 11 Monaten von einer vollendeten Steuerhinterziehung durch Unterlassen auszugehen ist (BFH vom 28. August 2019, Aktenzeichen II R 7/17).
Bedenken gegen diese schematisierte Berechnung bestehen natürlich in erheblichem Umfang: wenn jemand nichts von seiner Anzeigepflicht weiß oder ahnt, dann fragt er auch nicht und hat kein schlechtes Gewichten bei seiner Nicht-Anzeige. Da können schmatisierte Fristberechnungen noch so sehr angestellt werden. Deswegen hat dieser Unwissende keinen Vorsatz. Denn muss die Strafverfolgungsbehörde beweisen. Da bleibt dann nur, wenn man das dem Beschuldigten nicht glauben will, zu behaupten, das sei eine unglaubwürdige Schutzbehauptung.
Wer ist anzeigeverpflichtet bei der Erbschaft bzw. Schenkung?
Wer ist eigentlich zur Anzeige verpflichtet? Nur der oder die Erbe/n – und unter Lebenden: Beschenkter und Schenker zusammen als Gesamtschuldner! D.h. gibt einer die Anzeige ab, dass das FA weiß, dass ein Erbfall oder eine Schenkung vorliegt, dann kann es aktiv werden und alle zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung oder Erbschaftsteuererklärung auffordern. Dann wirkt die Anzeige für alle. Aber um Ärger und Stress und den Vorwurf einer Steuerhinterziehung zu vermeiden: geben Sie unbedingt fristgemäß selbst und nachweisbar die Anmeldung ab. Wo: beim Erbschaftsteuerfinanzamt. Da gibt es in jedem Bundesland eins. Das ist also zentralisiert. Onkel google findet das für Sie.
Und wenn nicht: bei jedem Finanzamt, also z.B. bei Ihrem Wohnsitzfinanzamt. Das wird das dann schon weiterleiten. Aber Sie müssen die Anzeige dort NAchweisbar abgeben bzw. nachweisbar dorthin senden. Denn Sie sind beweisbelastet für die rechtzeitige Abgabe der Anzeige beim Finanzamt. Wenn Sie die Einreichung der Anzeige nicht nachweisen können, droht Ihnen der Vorwurf pflichtwidrigens Unterlassens bei einer Schenkung.
Fragen zum pflichtwidrigen Unterlassen bei einer Schenkung?
Rechtsanwalt Dr. Jörg Burkhard hilft.
Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Steuerrecht. Dr. Jörg Burkhard, der Spezialist für Steuerstrafrecht. Anwalt für Betriebsprüfung, Profi für streitiges Steuerrecht. Der Steueranwalt bei Problemen mit dem pflichtwidrigen Unterlassen bei einer Schenkung. Bei Steuerfahndung, Zollfahndung, FKS, Schwarzarbeit, Scheinrechnungen. Nicht nur in Frankfurt, Wiesbaden, Rhein-Main, sondern bundesweit: 0611-890910.